COVID-19

Die politische Reaktion auf einen Serienkiller

»Ey, da rennt ein Serienkiller mit einem Pistole herum und bringt alte Leute um.«
»Ach?«
»Doch. Meinst du, wir sollten da mal was tun?«
»Weiß nicht. Sind doch nur alte Leute.«
»Na ja, aber die wollen ja vielleicht auch leben.«
»Meinst du?«
»Schon.«
»Aber ich habe doch gerade andere Dinge zu tun.«
»Echt? Was denn so zum Beispiel?«
»Ich will nächstes Jahr wiedergewählt werden. Da muss ich doch mal intensiv drüber nachdenken, was ich den Leuten versprechen könnte und wie ich das genau beschreibe, damit man mich hinterher nicht mehr so genau darauf festnageln kann, wenn ich es dann doch nicht mache.«
»Und meinst du nicht, dass es da ein gutes Zeichen wäre, wenn du da irgendwas gegen den Serienkiller mit der Pistole machen würdest? Ich meine, die Leute fänden das doch sicher super, wenn du dafür sorgst, dass der Typ nicht weiter Leute umbringt. Vielleicht finden die das sogar so gut, dass sie dich noch einmal wählen.«
»Jaaaaaa, schon, aber dann müsste ich doch was machen.«
»Man sollte meinen, dass du dafür ja auch bezahlt wirst.«
»Ach?«
»Doch.«
»Du meinst also, dass der Killer einfach immer weiterrennt und nicht aufhört, Leute zu töten?«
»Na ja, wenn ihn keiner stoppt, warum sollte er aufhören?«
»Weil ihm das Ganze langweilig wird?«
»Unwahrscheinlich.«
»Können die Leute nicht einfach schusssichere Wesen tragen?«
»Wo sollen die denn so schnell herbekommen?«
»Was fragst du mich das?«
»Na, du hast doch gerade den Vorschlag gemacht.«
»Ja, aber hast du jetzt erwartet, dass ich mich darum kümmere, oder was?«
»Schon.«
»Ach? Na, das ist mir ja ein dicker Hund.«
»Ich meine, man sollte annehmen, dass du dich darum kümmerst, immerhin sagst du ja den Leuten, dass die sich solche Westen zulegen sollen.«
»Na ja, das klingt doch vernünftig, oder?«
»Schon, aber dann muss man halt auch dafür sorgen, dass die Leute sich auch tatsächlich schützen können.«
»Kann das nicht der freie Markt regeln.«
»Weiß nicht, ob der das immer so gut regelt.«
»Nun stell doch nicht gleich das ganze System in Frage!«
»Mache ich doch gar nicht! Ich will doch nur wissen, was du unternimmst, damit der Typ nicht mehr andere Leute erschießt.«
»Weiß nicht … der bringt doch nur alte um, oder?. Das betrifft mich ja jetzt noch nicht.«
»Aber du bist jetzt auch nicht mehr der Jüngste.«
»Ja, aber SO alt bin ich halt noch nicht.«
»Stimmt.«
»Und bestimmt sterben ja auch nicht alle an den Schussverletzungen.«
»Das ist durchaus korrekt, aber …«
»Nur weil man eine Schussverletzung hat, heißt das ja nicht, dass man das nicht überlebt und hinterher normal weiterleben kann.«
»Na ja, man überlebt vielleicht, hat aber vielleicht so starke Verletzungen, die hinterher das Leben arg beeinträchtigen.«
»Man muss ja nicht immer alles gleich so schwarz sehen!«
»Aber es ist doch unschön.«
»Nur weil manche hinterher kein normales Leben mehr führen können, muss man doch nicht gleich alles so aufbauschen.«
»Okay, aber …«
»Viel wichtiger ist doch, dass da jemand Leute erschießt. Das sollte ja eigentlich nicht sein.«
»Ach, hast du das jetzt auch endlich verstanden?«
»Nee, das habe ich doch schon die ganze Zeit gesagt.«
»Das war mir jetzt so nicht klar.«
»Ach?«
»Doch. Also meinst du, dass man jetzt mal irgendwelche Maßnahmen ergreifen kann, damit der Typ nicht weiter mit der Pistole durch die Gegend rennt und Leute erschießt?«
»Weiß nicht. Ich will ja keine Panik verbreiten.«
»Also ich hab hier ein paar Experten, die sagen, dass man Leute wirklich davon abhalten sollte, andere Leute zu erschießen.«
»Soso, Experten. Aber die Politik bestimme immer noch ich! Ich lasse mir doch nicht von sogenannten Experten vorschreiben, wie ich Politik zu machen habe.«
»Aber vielleicht wissen die das in dem Fall besser als du.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Ach?«
»Doch.«
»Ich hab übrigens gerade erfahren, dass der Typ mittlerweile keine Pistole mehr benutzt, sondern ein Maschinengewehr.«
»Ach?«
»Doch.«
»Ist ja ungeheuerlich.«
»Nicht wahr? Da sollte man mal was machen, oder?«
»Hmm… na ja.«
»Das sind jetzt auch zunehmend mehr Leute, die sterben. Und auch nicht mehr nur alte Leute.«
»Was fällt dem eigentlich ein?!«
»Also, was soll dann jetzt gemacht werden?«
»Hatten wir nicht gesagt, dass die Leute schusssichere Westen tragen sollen?«
»Ja, aber die helfen ja auch nur bedingt. Ich meine, was ist, wenn ihnen stattdessen ins Bein geschossen wird.«
»Wenn sie Angst vor ein paar Kugeln haben, dann sollen sie halt in Deckung bleiben.«
»Und die ganzen schusssicheren Westen sollen sie auch noch selber bezahlen?«
»Selbstverständlich! Wäre ja schlimm, wenn der Staat das zahlen müsste. Der kann sich ja nicht um alles kümmern.«
»Wie zum Beispiel darum, den Typen davon abzuhalten, Leute zu erschießen.«
»Genau.«
»Sollten wir vielleicht den Leuten sagen, dass sie lieber daheim bleiben sollen, damit sie nicht dem Typen über den Weg laufen, der wahllos Leute erschießt?«
»So weit kommt es noch. Dann geht ja keiner mehr einkaufen. Oder arbeiten!«
»Aber wenn der Typ alle erschießt, dann können die ja auch nicht mehr einkaufen oder arbeiten.«
»Na ja, es sterben ja nicht alle, die angeschossen werden. Darüber haben wir doch längst diskutiert!«
»Aber wenn wir den einfach weiter Leute erschießen lassen, dann sind halt irgendwann lauter Leute tot, die sonst konsumiert und gearbeitet hätten.«
»Wir könnten ja vielleicht für fünf Minuten Geschäfte zumachen. Hauptsache die Kinder gehen in die Schulen und Kitas.«
»Übrigens schießt der Typ jetzt ganz oft auf Schul- und Kitakinder.«
»Die Sau.«
»In der Tat.«
»Tja, da kann man nichts machen. Die Kinder brauchen ja Bildung.«
»Auch wenn sie dann tot sind?«
»Sei doch nicht immer so dramatisch!«
»Experten sagen, dass man vielleicht die Schulen und Kitas schließen könnte, dann könnte man den Typen, der Leute erschießt, vielleicht auch leichter fassen.«
»Was?«
»Was was?«
»Hast du was gesagt?«
»Experten sagen, dass man …«
»Nee, ich meinte, hast du was gesagt?«
»Ja, ich hatte gesagt, dass Experten …«
»Du und deine Experten schon wieder.«
»Ja, natürlich. Es sind halt Experten.«
»Mein Gott, es ist doch nicht das erste Mal, dass ich erlebe, wie es ist, wenn geschossen wird.«
»Nicht?«
»Nein. Ich hab schon mal im Film gesehen, wie es im Krieg war.«
»Ach?«
»Doch. Und deswegen habe ich da auch ziemlich Ahnung von.«
»Die Experten sagen aber, dass das im Film gar nicht so …«
»Davon will ich jetzt nichts hören. Außerdem sind da einige Leute, die behaupten, dass es den Typen, der Leute erschießt, gar nicht gibt.«
»Aber die erschossenen Toten sind doch ganz klar …«
»Leute sterben nun mal. Nur weil irgendeiner mit einer Maschinenpistole Leute erschießt, kann man doch nicht die ganze Wirtschaft runterfahren.«
»Nicht?«
»Wer sollte uns denn sonst bezahlen?«
»Werden wir nicht von den Steuern bezahlt? Und ist es nicht so, dass der Staat seine Bürger schützen sollte?«
»Aber wovor, mein Lieber, wovor? DAS ist doch die entscheidende Frage.«
»Vor dem Typen, der rumläuft und Leute erschießt?«
»Das kann man so jetzt nicht verallgemeinern.«
»Muss man ja gar nicht. Das ist ja doch ein recht konkreter Fall.«
»Ich finde nicht, dass das jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um das zu diskutieren.«
»Wann denn sonst?«
»Wir könnten uns ja vielleicht in zwei Wochen noch einmal zusammen hinsetzen.«
»Und solange erschießt der Typ weiter Leute und man kümmert sich nicht weiter drum.«
»Wir könnten doch sagen, dass wir uns darum kümmern. Und zwar sehr gut.«
»Ach?«
»Doch.«
»Aber die Leute sehen doch, dass wir uns eben nicht kümmern.«
»Das sehen die halt falsch.«
»Aber du machst doch nichts.«
»Doch, ich denke darüber nach.«
»Hast du vor irgendwann überhaupt was deswegen zu machen?«
»Hm …«
»Was?«
»Ich habe eine Idee.«
»Wie du den Killer stoppen könntest?«
»Nee, wie ich damit noch Geld verdienen kann.«
»Ach?«
»Ja, ich investiere einfach in Firmen, die schusssichere Westen herstellen.«
»Clever.«
»Danke!«
»Aber meinst du nicht, dass man vielleicht den Typen mit der Pistole trotzdem aufhalten sollte?«
»Dann würde ich doch daran nichts verdienen.«
»Stimmt auch wieder.«

Nützliche Hinweise zum Erkennen von Verschwörungsgeschwurbel

In diesen merkwürdigen Zeiten, in denen munter irgendwelche »Theorien« verbreitet werden, die gerne mal als »alternative Meinung« deklariert werden, wollte ich doch allen mal etwas unter die Arme greifen und eine nützliche Checkliste machen, anhand der man erkennen kann, ob es sich bei etwas um Verschwörungsgeschwurbel handelt oder nicht.

  1. »Der gesunde Menschenverstand«
    Dieser schwer zu fassende und zu findende Begriff bezeichnet das, was Menschen normalerweise haben, um abzuwägen, was für eine Entscheidung sie treffen. Schon in Nicht-Virus-Zeiten stark rückgehend, wird er momentan selten eingesetzt. Dabei ist es so ein hilfreiches Werkzeug!
    Der gesunde Menschenverstand ist z.B. das, was uns sagt, dass wir uns in der vollen Badewanne nicht föhnen sollten, weil wir schon mal gehört haben, dass Elektrizität und Wasser keine großen Freunde sind. Wenn wir also irgendeine Information von jemandem bekommen, dann kann man schon mal zwei Sekunden investieren und kurz darüber nachgrübeln, ob da Gesagte/Geschriebene/Gestreamte sinnvoll ist.
    »Rohrreiniger töten Viren ab und sorgen dafür, dass es ordentlich flutscht, also sollte man sich davon mal ein Gläschen hinter die Binde kippen. Und hinterher ne Limette lutschen!«
    Klingt erstmal okay, aber wenn man mal zwei Sekunden oder weniger drüber nachdenkt, dann merkt man vielleicht: »Mensch, wenn ich mir so Zeug hinterkippe, wo auf den Flaschen alle möglichen Warnhinweise draufstehen, geht’s mir vielleicht hinterher nicht mehr gut!«
    Also: Erstmal kurz nachdenken.
  2. »Was ist die Quelle?«
    Beispiel: »Der Onkel der Freundin meines Schwippschwagers hat ne Tante, die mal im Krankenhaus gearbeitet hat, die sagt, dass man Masken nur ganz kurz tragen darf, sonst atmet man zuviel CO2 ein und fällt um.«
    Das Obige ist ein Beispiel für eine schlechte Quelle. Sie ist diffus. Gute Quellen sind Personen oder Institutionen, die direkt mit einem bestimmten Thema zu tun haben oder die klassischen Nachrichtenquellen, bei denen man davon ausgehen, dass sie ihre Fakten vorher überprüft haben. Beispiele: Der Spiegel, die Zeit, die Süddeutsche Zeitung, Tagesschau, heute und viele weitere, die ihre Meldungen auf Basis von journalistischen Recherchen publizieren und dafür z.T. schon internationale Preise bekommen haben.
    Schlechte Quellen sind z.B. irgendwelche ehemaligen Journalisten auf YouTube, die mal aus dem Job geflogen sind, weil sie antisemitischen Kram in die Welt gestreut haben. Oder Finanzexperten, die versuchen eine Statistik zu interpretieren und dabei gleich mehrere Fakten außer acht lassen, um z.B. fallende Ansteckungszahlen in den korrekten Zusammenhang zu setzen. Oder Webseiten, die auch in der Vergangenheit schon fragwürdige oder rechtsextremistische Dinge geteilt haben, wobei das beides oft Hand in Hand geht.
    Das erste Beispiel unter diesem Punkt ist übrigens auch gut für Punkt 1 anwendbar. Der gesunde Menschenverstand sagt uns: »Moment mal, wenn Masken dafür sorgen würden, dass wir zuviel CO2 einatmen und dann umfallen, warum tun das dann die ganzen Ärzte und Helfer bei einer OP nicht?«
  3. »Wie wird mir die Information präsentiert?«
    Wir wissen es schon seit Jahr und Tag: Besonders gut recherchierte und durchdachte Beiträge, die einem Faktencheck standhalten, werden von denen, die sie verbreiten, möglichst brüllend und sich echauffierend vorgetragen. Bei schriftlichen Meldungen ist der ausgiebige Gebrauch von Ausrufezeichen oftmals ein Qualitätsmerkmal. Also quasi genau so, wie wir es z.B. von einem Nachrichtensprecher erwarten würden. (Falls das nicht klar war: Alles eben Geschriebene war ironisch gemeint.)
  4. »Wird in der Information ein Aufruf als Meinung versteckt präsentiert?«
    Beispiel: »Ein Typ, den ich mal bei einem Naziaufmarsch getroffen habe, ist Politiker und sagt, dass George Soros alles unter Kontrolle hat, deswegen müssen wir alle Juden einsperren!«
    Falschinformationen und Geschwurbel kommen oftmals im Gewand der »persönlichen Meinung« daher. Wer etwas dagegen sagt, wird gerne als Person bezeichnet, der anderen die Meinungsfreiheit nehmen will. Aufrufe zu illegalen Taten, Antisemitismus, Aufständen oder Tätigkeiten, die anderen Leuten schaden können, sind aber keine Meinung.
    Eine Meinung ist z.B., wenn man sagt: »Ich finde Merkel doof. Ich kann die aus diesen und jenen Gründen nicht leiden.« Darauf kann man »Okay, wenn du meinst« antworten. Oder »Ja, die Gründe kommen mir stichhaltig vor.« Oder »Wat? Nee, ich finde die voll tuffig und super.«
    Ein Aufruf ist z.B. »Merkel muss weg! Die sollte mal jemand erschießen!« Damit vertritt man keine Meinung, sondern ruft zu einer illegalen Tat auf.
    Und wenn jemand zum Putsch an der Regierung mit Waffengewalt aufruft, weil man eine Gesetzesrichtlinie nicht richtig gelesen hat und man fürchtet, man wird zwangsgeimpft, dann ist das halt eben das: Ein Aufruf und keine Meinung.
  5. »Behauptungen und keine Fakten«
    Beispiel: »Angela Merkel ist der Sohn vom Hitler« oder »COVID-19 ist nur eine Grippe«.
    Man kann solche Sätze sagen, aber wenn man die nicht durch nachvollziehbare Fakten untermauert, bleiben sie halt wilde Behauptungen, die – wenn man mal vorurteilsfrei schaut – falsch zu sein scheinen. Angela Merkel ist neun Jahre nach Hitlers Tod geboren und ganz offensichtlich eine Frau. COVID-19 ist ganz offensichtlich wesentlich ansteckender und tödlicher als eine normale Grippe. Man weiß zwar noch nicht alles darüber, aber die buchstäblichen Leichenberge in manchen Ländern sagen eben etwas anderes als diese Behauptung.
  6. »Die Rede ist von Verschwörung«
    Ganz ehrlich: Wenn irgendwer von einer Verschwörung oder »von denen gesteuert« oder »im Hintergrund die Fäden ziehen« spricht, sollten in der Regel bei einem die Warnglocken angehen. Gerade wenn man sich in letzter Zeit die Menschheit anschaut, sollte man eigentlich mitbekommen haben, dass der Großteil zu doof dazu ist, überhaupt an einer Verschwörung mitzuwirken. Ausnahme: Wenn die US-Regierung irgendwie daran beteiligt ist. Die Vergangenheit zeigt leider zu deutlich, dass da viel zu oft Verschwörungen im Gange waren. Aber selbst dort gibt es dann Whistleblower oder irgendwen, der sich verquatscht.
    Verschwörungen funktionieren in der Regel im kleinen Kreis, denn je mehr Leute daran beteiligt sind, umso wahrscheinlicher dringt etwas nach draußen. Die Vorstellung, dass es eine weltweite Verschwörung gibt – egal um was es dabei geht – ist also mehr als fragwürdig.

Deswegen:
Nein, Chemtrails sind Quatsch.
Nein, QAnon ist Quatsch.
Nein, COVID-19 ist keine Erfindung von Bill Gates, um uns alle zu chippen und dann … ja was eigentlich?
Und, nein, Merkel ist nicht Hitlers Sohn.