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Themenfindung für die offene Bühne

Meine Schriftstellerkarriere ist mittlerweile schon ein paar Bücher alt aber irgendwie habe ich noch relativ wenig Lesungen gehalten. Meine Verlage kümmern sich da irgendwie gar nicht drum und mir selbst ist es zu blöd rumzutelefonieren und Leuten auf den Sack zu gehen.

So nach der Art „Laden Sie mich doch mal zu sich ein!“ und die fragen mich „Wer zum Teufel sind Sie überhaupt?“

Aus diesem Grund habe ich eine Agentur, die sich um so etwas kümmern soll. Aber weil ich eben relativ wenig Lesungserfahrung habe, sind die natürlich nervös, dass ich keine 1,5 Stunden auf der Bühne aushalte, um aus meinen Büchern zu lesen. Ich schätze in deren Vorstellung bin ich vielleicht so wie ein Reh im Scheinwerferlicht, bewege mich nicht und starr nur so vor mich hin. Vielleicht haben sie auch Angst, dass ich mich in einen primitiven Vorfahren der Menschen verwandle und dann Fäkalien von der Bühne werfe. Irgendwie sowas.

Die Idee von meiner Leseagentur war nun , dass ich zunächst bei kleineren Open Stage/Open Mic Veranstaltungen mitmache, damit ich Routine bekomme. Ich hab gedacht, okay, kein Problem, kann ich mir ja mal ansehen. Aber die Sache ist die: Irgendwo da aus einem meiner Bücher vorzulesen, macht vermutlich nicht viel Sinn, zumal man da nur so 5-10 Minuten Zeit hat. Das reicht nicht mal für eine der Kurzgeschichten, die ich bisher veröffentlicht habe. Und ansonsten sind das ja gleich ganze Romane. Da jetzt so einen fünf Minuten Abschnitt zu finden…

Also habe ich gedacht, dass ich kleinere Texte schreibe, die ich auf der Bühne vortragen könnte. Aber irgendwie braucht man ja auch ein Thema. Da musste ich erst mal grübeln.

„Hast du eine Idee, was ich da schreiben könnte?“, fragte ich meine Freundin.

„Bist du hier der Schriftsteller oder ich?“, fragte sie und ich war mir nicht ganz sicher, ob sie meinte, mir damit irgendwie geholfen zu haben.

Also fragte ich meine Mutter, die mich noch einmal darauf hinwies, dass ich immer noch nicht so viele Bücher wie Thomas Mann verkauft hatte. Meine Argumentation, dass ich mich in keinster Form mit Thomas Mann vergleichen würde und vielleicht mehr Bücher verkaufen würde, wenn ich ein Thema hätte, über das ich bei einer Lesebühnenveranstaltung sprechen könne, damit die Leute dort dann vielleicht meine Bücher kaufen, wollte sie nicht gelten lassen.

„Du bist doch wieder nur zu faul, dir selbst was auszudenken.“

Also gut, dachte ich. Hilft ja nix. Muss ich wohl wirklich selber nachdenken.

Natürlich könnte ich über ganz alltägliche Dinge sprechen. Dinge, die mir eben so passieren. Das Problem ist lediglich, dass ich als selbstständiger Schriftsteller daheim arbeite. Das Spannendste an manchen Tagen ist das Klingeln des Postboten und die bange Frage „Kriege ich mal wieder selbst ein Päckchen oder soll ich nur was für die Nachbarn annehmen?“. Mein Postbote guckt schon ganz komisch, wenn ich die Tür aufreiße und brülle „ICH WETTE, DAS IST FÜR MICH!“.

Neulich hat mich übrigens ein Nachbar angesprochen, warum er in letzter Zeit immer zur Post gehen muss, um seine Pakete zu holen.

Aber ich schweife ab.

Eigentlich kann man zu bestimmten Themen immer was sagen. Zum Beispiel Politik und Wirtschaft. Das Problem ist nur, dass das Andere viel besser können als ich. Ich kriege eine ganz gute Parodie von Helmut Kohl hin, aber irgendwie bin ich da dreißig Jahre zu spät. Und irgendwie habe ich da auch nicht genug Ahnung von. Ich verwechsele immer die CSU mit der AfD.

Nein, alltägliche Dinge sind wohl etwas, das eher nichts mit den großen Tagesnachrichten zu tun hat, obwohl die auch ein gutes Thema wären, wenn ich es recht überlege. Aber wenn ich mich auf Tagesnachrichten, Politik oder dergleichen verlagern würde, gäbe es auch nur einen kleinen Zeitraum, in dem man damit punkten könnte.

Es muss also was wirklich allgemeines sein, über das ich sprechen könnte. Irgendwas, was immer da ist und immer wieder die gleichen Merkwürdigkeiten hervorbringt. „Das Panoptikum merkwürdiger Gestalten im öffentlichen Nahverkehr“ wäre zum Beispiel ein gutes Thema. Und ein guter Titel. Ich bin 15 Jahre lang täglich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in Berlin zur Arbeit gefahren. Wen ich da alles getroffen habe … das würde Telefonbücher füllen.

Apropos Arbeit… Arbeitsplatz ist auch immer gut. Gerade, wenn es ums Büro oder so geht. Das können die meisten Leute nachvollziehen, denn so unterschiedlich die ganzen Bürojobs sind, also ob man Journalist, Rechtsanwaltsgehilfin oder Programmierer ist: Irgendwie passieren in Büros immer ähnlich nachvollziehbare merkwürdige Dinge. Irgendwer beschwert sich immer, dass die Spülmaschine nicht ausgeräumt oder der Kaffee mal wieder alle ist. Oder kommt aus dem Klo und fragt, ob da eine eingemauerte Leiche in der Wand verfault oder das einfach so riechen muss. Irgendwie kriegt man doch da eine lustige Geschichte zusammen, denke ich.

Geschichten über die bessere Hälfte gehen eigentlich auch immer, schätze ich. Gut, je nachdem was ich erzähle, müsste ich gegebenfalls auf der Couch schlafen oder die Wunde vom Nudelholz behandeln lassen, aber so grundsätzlich…

Natürlich wären auch ganz andere Themen denkbar. Irgendwas, wo jetzt nicht jeder drauf kommen würde. So ganz persönliche Sachen. Zum Beispiel welche Kosenamen ich meinen ganzen Organen gegeben habe. Aber ob das die Zuschauer interessiert? „Die Geschichte von Milzi“. Na ja.

Wenn ich es mir recht überlege, wären auch geisteswissenschaftliche Themen denkbar. „Der menschliche Verstand und andere schwarze Löcher“ zum Beispiel. Da könnte man ganz philosophisch werden und mal ganz tief in die Psychosen von Otto Normalschriftsteller eintauchen. Vielleicht das Ganze auch mit etwas Physik aufpeppen, weil ich mal in einem Artikel in einer Zeitschrift darüber gelesen habe und jetzt denke, dass ich im Grunde ein verkappter Nobelpreisträger bin. Also für Physik, nicht Literatur.

Geschichte ist auch ein gutes Thema. Interessiert mich auch. Wobei ich da eher so für ganz alte Geschichte bin. Also Ägypter, Griechen, Römer. Die neuere Geschichte ist da auch irgendwie ausgelutscht. Hitler und Konsorten. Mag ja keiner mehr hören. Geht dann auch schon wieder zu sehr in Richtung der Politik. Nein, mehr so nette Anekdoten aus dem Bereich der Geschichte. Wie zum Beispiel die Eroberung der niederländischen Flotte bei Den Helder durch die Kavallerie. Kavallerie, also Pferde, haben Schiffe erobert.

Ver-rückt.

Dschingis Khan wäre auch ein Thema. Der hat zu seiner Zeit fast 10% der Weltbevölkerung ausgerottet.

Nicht unbedingt das lustigste Thema, wenn ich jetzt so darüber nachdenke.

Andererseits stammen heute noch gut 0.5% der Weltbevölkerung direkt von ihm ab. Das finde ich schon wieder irgendwie lustig.

Vielleicht denke ich auch in die ganz falsche Richtung. Vielleicht wäre ja was ganz Abstruses viel besser. So etwas wie „Igel taugen nicht als Baseball“. Oder „Böse Küchenmaschinen“. Oder „Sportarten mit Waffen sind interessanter“.

Ich hab da neulich mal mit einem Freund drüber gesprochen. Also darüber, welche Sportarten mit Waffen interessanter wären. Er war ja der Meinung, dass man den Biathlon nur erfunden habe, weil Skilanglauf so langweilig ist. Danach haben wir eine Liste mit Sportarten erstellt, die man sich vielleicht eher ansehen würde, wenn die zusätzlich eine Komponente hätten, wo auf irgendwas geschossen werden muss. Die Liste enthielt zum Beispiel:
Rhythmische Sportgymnastik
Dressurreiten
Curling
Diskuswurf
Weitsprung
Synchronschwimmen
Golf
Yoga
Sumoringen oder Ringen im allgemeinen
Rhönradfahren

Aber wie sollte ich daraus jetzt noch einen Text machen? Ich glaube, ich muss darüber noch mal genau nachdenken.