Telefon

Geschichten zum Tag: 01.09. – Emma-Nutt-Day

Der 01. September ist inoffiziell der »Emma-Nutt-Day«. Aber wer war Emma Nutt?
Dazu muss ich etwas ausholen.

1876 wurde das Telefon erfunden, offiziell von Alexander Graham Bell. Inoffiziell war es vielleicht eher Elisha Gray, der am gleichen Tag das Patent einreichte, aber etwas später dran war. Grays Erfindung funktionierte immerhin, im Gegensatz zu der von Bell, aber aus irgendwelchen Gründen bekam Bell das Patent zugesprochen. Bell entwickelte das Ganze dann weiter, was 1877 zur Gründung der ersten Telefongesellschaft und dann zum Siegeszug des Telefons um die Welt führte.

Natürlich war in der Anfangszeit die Anzahl der Nutzer noch recht dürftig und die Technik steckte noch in den Kinderschuhen. Zu der Zeit konnte man noch nicht einfach eine Nummer wählen, es klingelte und dann nahm irgendwo das Gegenüber einfach das Gespräch an. Nein, man musste mit einem Telefonisten bei der Vermittlung sprechen, dem sagen, mit wem man reden wollte, und der steckte dann das entsprechende Kabel an die entsprechende Stelle an irgendeiner riesigen Schalttafel bzw. irgendeinem Vermittlungsschrank und erst dann konnte Omma mit ihrer Schwester drei Orte weiter die neuesten Kuchenrezepte und Kirchenklatsch austauschen.

Aber leider gab es da ein Problem: Zunächst hatte man Männer die Telefonisten sein lassen. Aber die wollten ja ordentlich bezahlt werden, immerhin waren es ja damals die Männer, die die Familien unterhalten sollen, während die Frauen brav daheim die Kinder hüten und gefälligst das Essen auf den Tisch stellen sollten, wenn der Mann nach Hause kam. Und wie es sich für ein ordentliches kapitalistisches Unternehmen gehört, sagte man sich, dass man da doch bestimmt irgendwie Geld sparen konnte. Zumal die Männer mitunter recht ruppig reagierten.
Was machte also das Telefonunternehmen? Es stellte Kinder ein. Genauer gesagt junge Burschen. Denn Teenagern muss man ja deutlich weniger zahlen, als erwachsenen Männern mit Familien. Aber leider gab es da auch wieder ein Problem: Die Teenagerjungen hatten es nicht so mit Manieren. Da wurden schon mal Leute am Telefon angebrüllt oder verarscht. Stichwort: »Ist da jemand der Reinsch heißt?«
Abgesehen von den verbalen Ausfällen, kam es in dem Vermittlungsräumen auch des öfteren zu Rangeleien, denn … junge Burschen. Irgendeiner mault immer rum.
Für die Telefongesellschaft bedeutete das nun, dass man da doch eine andere Lösung brauchte. Man setze sich also zusammen und überlegte.
»Wir können keine Jungen mehr für die Vermittlung benutzen.«
»Aber die sind doch so schön billig! Wo sollen wir denn Arbeitskräfte hernehmen, die billig sind und sich noch gut benehmen? Gibt es sowas?«
»Wie wär’s denn mit Frauen?«
»Tolle Idee! Und was wollen wir denen zahlen?«
»Wie wäre es mit 10 Dollar im Monat bei einer 54-Stunden-Woche?«
»Das wären ja ungefähr 1,29 Euro pro Stunde in 2025.«
»Wovon sprichst du da eigentlich?«

Und so wurde am 01. September 1878 als erste Telefonistin der Welt Emma Nutt angestellt, weil sie so eine angenehme, beruhigende Stimme hatte. Offenbar überzeugte sie so schnell ihre Chefs am Tag der Einstellung, dass man nur wenige Stunden später auch ihre Schwester einstellte. Letztere hielt es allerdings nur ein paar Jahre bei der Vermittlung aus. Emma Nutt hingegen blieb dem Beruf 33 Jahre lang treu.

Man könnte jetzt noch etwas ausholen und über die Ausbeutung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt sprechen. Oder darüber, dass farbigen Frauen – zumindest in den USA – die Arbeit als Telefonistin zunächst verboten blieb. Oder darüber, dass Alexander Graham Bell Anhänger der Eugenik bzw. Rassenhygiene war. Aber wollen wir mal das Ganze auf einer etwas positiveren Note enden lassen.

Emma Nutt rief damals mit ihrer beruhigenden Stimme so überschwänglich positive Reaktionen hervor, dass bis heute die meisten Ansagen von Firmen und auf Anrufbeantwortern von weiblichen Stimmen sind. Zwar kennt kaum noch jemand ihren Namen, aber auf ihre Weise hat sie die Geschichte mitbestimmt.