Sebastian Niedlich

Geldwechsel

Meine Frau und ich waren vor kurzem auf dem Trödelmarkt und haben vor es demnächst noch einmal zu tun. Aus diesem Grund brauchen wir viel Kleingeld, um wechseln zu können. Deswegen bin ich also heute zur Bank.

Früher hat man das so gemacht:
Zur Bank gegangen, gesagt: »Leute, ich will diesen 20-Mark-Schein in Zwei-Mark-Stücken ausgezahlt haben und den 10er hier in Eine-Mark-Stücken.«
Die Bank: »Allet klar. Hier haste.«

Heute ist das etwas anders.
Ich: »Ich hätte gerne diesen 20-Euro-Schein in Zwei-Euro-Stücken ausbezahlt und diesen 10-Euro-Schein in Ein-Euro-Stücken.«
Bank: »Ja, sind sie denn Kunde bei uns.«
»Ja.«
»Kann ich die Karte mal sehen.«
»Hier bitte.«
»Also die Zwei-Euro-Stücke hätte ich, aber nicht die Ein-Euro-Stücke.«
»Wat?«
»Na ja, wir haben doch kein Geld mehr.«
»Ich dachte, sie wären eine Bank.«
»So einfach ist das auch wieder nicht.«
»Nicht?«
Die Frau schüttelt den Kopf.
»Hat denn vielleicht die andere Filiale Geld, damit ich da wechseln kann?«
»Kann schon sein.«
»Ach?«
Die Frau von der Bank zählt mir zehn Zwei-Euro-Stücke ab. Ich halte ihr schon ein Glas hin, in das die Stücke reingeschüttet werden können.
»Nee, die kann ich ihnen so nicht geben«, sagt sie.
»Wat?«, frage ich.
»Nehmen sie mal diese Karte und gehen sie an den Einzahlautomaten. Einfach die Karte reinstecken, dann das Geld in das Fach legen und dann kommen sie wieder her.«
Ich mache das, was sie sagt, greife mir die Quittung und gehe wieder an den Schalter, wo mittlerweile eine Frau steht, die schon zwanzig Minuten braucht, um sich die Schuhe zuzubinden.
Als ich wieder dran bin, reiche ich die Quittung rüber und die Frau zählt noch einmal die zehn Zwei-Euro-Stücke ab und schüttet sie dann ins Glas.
»Die andere Filiale hat übrigens noch genug Kleingeld.«
»Oh, schön. Danke.«

Ich gehe also hinaus und fahre zur anderen Filiale.
»Ich hätte gerne diesen Zehn-Euro-Schein in zehn Ein-Euro-Münzen gewechselt.«
»Ja, so einfach ist das nicht.«
»Ach, was?«
»Sind sie denn Kunde bei uns.«
»Ja. Hier ist meine Karte.«
»Dann gehen sie doch erstmal an den Einzahlautomaten und zahlen das auf ihr Konto ein. Dann kommen sie wieder her.«
»In der anderen Filiale hat man mir eine andere Karte gegeben und dann …«
»Nee, wir machen das mal so.«
»Okay.«
Ich tue, was sie gesagt hat. Dummerweise steht eine ältere Dame mit Hörgerät am Automaten, für die Technik offenbar ein Fremdwort ist und das, was sie dort tun will, dreimal neu anfängt. Auf meine Fragen, ob ich ihr irgendwie helfen könnte, geht sie nicht ein, weil sie sie vermutlich nicht hört. Dann zahle ich endlich das Geld ein und gehe zurück zum Schalter.
»Gut, dann geben sie mal die Karte her«, sagt die Bankdame und ich gebe sie ihr. Sie tippt irgendwas am Rechner. »Nee, das ist ja blöd.«
»Was denn?«
»So würden sie 2,50 Euro Gebühren zahlen.«
»Wat?«
»Ich nehme das mal raus.«
»Ja, bitte.«
»Wissen sie was?«
»Offensichtlich nicht mehr.«
»Wie bitte?«
»Schon gut.«
»Ich hab das jetzt hier eingegeben. Jetzt können sie noch einmal an den Einzahlautomaten gehen und die Karte reinstecken, dann kommt das als Münzen heraus.«
»Und nicht als Brotscheiben.«
»Wie bitte?«
»Nichts. Schon gut. Ist ja schön, dass das so unkompliziert ging.«
Die Frau schaut mich komisch an, vermutlich weil sie meinen sarkastischen Unterton wahrgenommen hat. Jedenfalls kriege ich die Münzen schließlich am Automaten und habe schon nach zwei Bankfilialen, fünf Kilometer Fahrt auf dem Roller und einer Stunde Zeit dreißig Euro in Kleingeld gewechselt bekommen.

Napoléons Körpergröße

Eines der gebräuchlichsten geschichtlichen Missverständnisse ist die Körpergröße von Napoléon Bonaparte.

Die Briten machten sich damals über ihn lustig, weil sie bei französischen Angaben seiner Höhe fälschlicherweise von ihren eigenen Längeneinheiten ausgingen, welche sich von denen der Franzosen deutlich unterschieden. So war Napoléon nicht nur etwas über 1,50m groß, wie die Briten damals glaubten, sondern maß knapp 30 Meter. Ohne Schuhe. Die wurden ihm ja auch explizit aus Elefantenleder hergestellt, weil sonst kein Tier so viel Material hergab.

Seine außergewöhnliche Körpergröße trug dazu bei, dass die französische Armee praktisch ganz Europa einnahm. Im Grunde lief er immer vorneweg und alle anderen Armeen flohen in panischer Angst, weil sie dachten: »Verdammt, das ist ja wie bei King Kong oder Godzilla!«
Wahrscheinlich spuckte Napoléon auch Feuer. Könnte sein.

Allein der Körpergröße wegen hatte auch nie jemand seinen Thronanspruch angefochten. Was hätten die auch sagen sollen? »Du, du, du!«, mitsamt erhobener Faust? Napoléon hätte seine Gegner einfach zertreten. Buchstäblich.

Eigentlich wollte Napoléon auch durch den Kanal waten und England einnehmen, aber das Wasser ging ihm bis zum Hals und weil er nicht schwimmen konnte, ließ er es dann sein.

Was? Warum Napoléon dann auf Bildern aussieht, als hätte er eine normale Körpergröße? Propaganda. Er wollte ja nicht, dass alle Angst vor ihm haben. Also daheim. In anderen Ländern natürlich schon. Aber darauf gehen die Geschichtslehrer nicht gern ein. »Schwachsinn!«, hat meiner damals gesagt und mir eine schlechte Note gegeben, dabei habe ich die Körpergröße selber ausgerechnet! Mein Mathelehrer hat damals auch gesagt: »So funktioniert das nicht. Hast du denn gar nichts gelernt?«, und mir ebenfalls eine schlechte Note gegeben. Die wollten einfach nur die Wahrheit verschleiern. Ganz bestimmt.

Beeren

»Was wollen wir denn am Wochenende zum Musikabend mitbringen?«
Ich zucke mit den Schultern, weil ich, was mitgebrachtes Essen angeht, so kreativ wie eine Straßenlaterne bin.
»Vielleicht machen wir einfach einen schönen, frischen Salat. Mit Tomate und Paprika«, sagt meine Frau.
»Und Auberginen?«
»Weiß nicht. Ja, vielleicht.«
»Und Avocados?«
»Die mag ich nicht. Weißt du doch.«
»Aber so hätte man einen schönen Beerensalat haben können.«
»Wat?«
»Beerensalat.«
»Ich hab dich akustisch schon verstanden, ich weiß nur nicht wovon du redest.«
»Tomaten, Paprika, Auberginen und Avocados sind alles Beeren.«
Meine Frau rollt mit den Augen.
»Echt jetzt«, sage ich.
»Das mag ja sein, aber deswegen ist es kein Beerensalat. Ein Beerensalat wäre so etwas wie rote Grütze, mit Himbeeren, Brombeeren … und Kirschen oder Erdbeeren.«
»Erdbeeren sind keine Beeren.«
»Hast du wieder irgendeinen Wikipedia-Artikel gelesen und willst jetzt damit angeben, was du gelernt hast?«
»Vielleicht …«
Meine Frau seufzt. »Ich bin ganz Ohr.«
»Erdbeeren, Brombeeren, Himbeeren und Holunderbeeren sind keine Beeren im botanischen Sinn.«
»Stattdessen gehören sie zu den Nestflüchtern?«
»Erdbeeren sind eine Sammelnussfrucht.«
»Was auch immer das heißen mag.«
»Weißt du was stattdessen eine Beere ist?«
»Toastbrot?«
»Fast. Bananen, Zitronen, Orangen und Melonen. Und halt Nachtschattengewächse wie Tomaten, Paprika, Auberginen und Avocados.«
»Schmeckt trotzdem nicht, wenn man es zusammenmischt.«
»Ja, schon, aber …«
»Was bringen wir denn nun am Wochenende mit?«
»Einen Salat. Mit ein paar Beeren drin?«
»Aber ohne Sammelnussfrüchte.«

Das Märchen von der EU und dem Brexit

Es war einmal vor langer Zeit, da gab es in einem Haus mehrere Mietparteien. Hin und wieder stritten die sich etwas untereinander und dann sprachen sie eine ganze Weile nicht mehr, weil einer die Wohnung des anderen verwüstet hatte und umgekehrt. Gerade Familie Deutsch, die irgendwie in der Mitte all der Wohnungen lag, hatte da immer schlimm mitgemischt und die anderen fanden, dass die sich mal am Riemen reißen sollten. Aus diesem Grund hatte man auch die Wohnung der Familie Deutsch in zwei Wohnungen aufgeteilt, weil man dachte: »Also wenn die zusammen sind, dann haben die nur Flausen im Kopf.«
Familie Deutsch hatte das auch eingesehen und gelobte Besserung, weil sie beim letzten Mal echt deutlich über die Stränge geschlagen hatte.

Draußen, etwas abseits auf dem Hof, gab es noch zwei kleine Wohnungen. Die beiden Familien Irish und Brits hatten öfter Probleme, weil nicht ganz klar war, wem ein bestimmtes Zimmer gehörte. Die Familie Irish meinte, dass es bei ihnen in der Wohnung lag, die Brits sagten aber, dass es schon immer Teil ihrer Wohnung war. Aber dazu später mehr.

Der eine Teil der Familie Deutsch und die Familie France, die früher wirklich oft miteinander gestritten hatten, sagten irgendwann: »Mensch, eigentlich wollen wir uns ja nicht mehr streiten und sind irgendwie Besties. Lass uns doch alles zusammen machen und entscheiden, dann liegen wir uns auch nie wieder in den Haaren.«
Ein paar andere Familien aus dem Haus dachten: »Mensch, was für eine schöne Idee. Wenn wir alles zusammenmachen, gibt es weniger Streit. Außerdem können wir gegenüber den anderen Häusern in der Straße geschlossener auftreten und werden nicht mehr so hin und her geschubst, denn die Familien States und Sowjetskich versuchen uns ja andauernd in ihren Streit hineinzuziehen. Mit den riesigen Kanonen in ihren Vorgärten, passiert uns nämlich bestimmt auch was, wenn die sich mal richtig in die Wolle kriegen.«
Die Familie Sowjetskich hatte außerdem den östlichen Teil der Familie Deutsch unter Kontrolle, die über den Rest der Familie, der in der westlichen Hälfte der Wohnung lebte, dachte: »Mann, bei denen läuft es irgendwie besser.«
Egal.

Im Endeffekt trafen sich die Familien France, Deutsch, Belgie, Italia und Nederland in der Wohnung der Italias und unterschrieben einen Vertrag, in dem sie sagten, dass sie gemeinsam einkaufen gehen und sich einen gemeinsamen Stromanbieter suchen wollen. »Wir nennen uns jetzt EWG!«, sagten alle, hoben ihre Daumen und fanden es tuffig und super.
Die Familie Brits hätte eigentlich auch mitmachen können, aber die rümpften zunächst die Nase über die Pläne, immerhin hatte ihnen mal fast die ganze Straße gehört und jetzt wollte man sich nicht einfach irgendwie einordnen. Aber nachdem die Familie sah, wie gut es den anderen in der EWG ging, überlegten sie es sich noch einmal anders.
»Ey, wir wollen auch mitmachen!«, sagten die Brits, aber Familie France rümpfte die Nase: »Ick weiß nich, die machen vermutlich mehr Ärger, als dass sie helfen.« Familie France sollte irgendwie recht behalten, aber hinterher weiß man ja immer mehr.

Die Familien in der EWG unterstützen sich gegenseitig. Man schmiss Geld in einen Topf, ging ordentlich einkaufen und so hatte jeder immer was davon. Die Kühlschränke bei allen Mitgliedern waren voll und wenn es irgendwem mal an irgendwas mangelte, weil irgendwas kaputt ging oder er sich gerade kein Brot leisten konnte, dann teilte man miteinander. Strom gab es auch und alle waren nett zueinander. Einige Nachbarn wurden deswegen neidisch auf den Zusammenschluss.
»Ey, können wir vielleicht auch mitmachen?«, fragten die Familien Irish, Norge, Danmark und erneut die Familie Brits.
»Hm, na gut«, sagten die Familien in der EWG, aber das Familienoberhaupt der Norges fragte vorher noch mal in der eigenen Mischpoke, ob das so okay war. Überraschenderweise sagte die aber: »Nee. Wir haben doch viel mehr Wohlstand als die. Nachher kriegen wir nicht mehr unseren guten Lachs oder so oder zahlen mehr als die anderen. Doofe Idee.«
Auch der Familienvorstand der Brits fragte noch einmal nach. Dort sagte die Sippe ausdrücklich: »Au ja!«
Selbst Familie France hatte diesmal nichts dagegen einzuwenden, obwohl die Brits verlangten, dass sie nicht ganz so viel in den gemeinsamen Topf einzahlen, wie sie eigentlich hätten sollen. Man rollte kurz mit den Augen und sagte dann: »Ja, jut, wenn ihr meint.«
Die Familie Irish hatte nicht viel zu bieten, insofern waren alle etwas skeptisch, aber im Endeffekt sagten alle in der EWG: »Ach, komm, hier haste ne Kartoffel.«
Danmark war zwar eigentlich eine kleine Familie, hatte aber ein paar Straßen weiter noch ein paar angeheiratete Angehörige, die zwar nicht zahlreich waren, aber ein riesiges Haus hatten, welches sie nicht richtig heizen konnten. Die besagte Familie, die den Namen Nunaat hatte, hielt von der großen Gemeinschaft nicht viel. Sie kamen gut alleine klar und brauchten auch nicht viel, vor allem keine Leute, die sich noch an ihrem Fisch bedienen wollten. Also verabschiedeten sie sich bald wieder und machten ihr eigenes Ding. Danmark selbst hatte aber auch genug Geld, dass der Rest der EWG sagte: »Nee, du bist cool.«

Ein paar der Familien der Hausgemeinschaft, die noch nicht beigetreten waren und vor allem im unteren Teil des Hauses wohnten, fragten nach einer Weile: »Wat is denn mit uns? Können wir auch mitmachen?«
Familie Hellas, die irgendwie mehr damit beschäftigt war Metaxa zu saufen, als irgendwas mal anständig durchzuziehen, nahm man auf, auch wenn einige der bisherigen Mitglieder dachten: »Weiß nicht, ob dein Streit mit den Türkiyes aus dem Nachbarhaus da wirklich hilft.«
Familie Espana wollte auch gerne beitreten, aber da das Familienoberhaupt seine Familie andauernd schlug, sagten die anderen Mietparteien. »Nee, du, lass ma.«
Kurz darauf, nachdem der Vater bei den Espanas den Löffel abgegeben hatte, fing die Familie an, sich zusammenzureißen, und dann ließ man sie ebenfalls mitmachen.
Familie Portuguesa holte man ebenfalls ins Boot, denn warum auch nicht. Die waren ja nett und hatten zumindest ihre eigene Familie nicht gehauen.
Kurz darauf fragten auch die Sippe der Marokkos aus dem Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite an, ob sie nicht mitmachen könnte, aber alle in der EWG schauten sich an und sagten: »Wat? Wat willst du denn? Du wohnst ja nicht mal bei uns im Haus!«
Familie Türkiye, deren Keller irgendwie mit ins Haus reichte, wurde zwar auch abgewiesen, aber man sagte ihr, dass man ja später noch mal schauen konnte.

In dieser Zeit begann es bei der Familie Sowjetskich zu krieseln. Was vorher eine große Familie war, zerbrach nun in mehrere kleinere Familien. Die alle hatten unter sich so viel miteinander zu tun, dass der Einfluss, den sie auf einige der Familien im Haus, in dem die EWG war, hatten, zerfiel. Die Familie Deutsch riss endlich die Trennwand nieder, welche die Wohnung gespalten hatte, und war nun wieder eine große Familie. Und auch ein paar andere Familien, wie z.B. Familie Polska, Eesti und Latvija mussten nun nicht mehr darauf hören, was Familie Sowjetskich zu sagen hatte.
Sicher, die Sippen der Brits und Frances wussten nicht so recht, ob Familie Deutsch jetzt wieder anfangen würde, sich bescheuert aufzuführen, aber glücklichweise blieb das aus. Familie Deutsch wollte weiter mit der EWG machen. Und noch viel mehr.
Mittlerweile dachten auch Familie Austria, Sverige und Suomi: »Mensch, Leute, wir sind dabei.«
Der Familienvorstand der Norges meinte: »Ich glaube, wir machen jetzt auch mal mit«, aber seine Familie sagte: »Nee, immer noch nicht.«

Und dann hatte man in der EWG eine tolle Idee: »Sagt mal, wat is denn, wenn wir in Zukunft alle unter uns die Türen auflassen. Dann kann jeder jeden besuchen und wir müssen nicht erst klingeln oder zur Tür gehen, wenn da jemand steht. Also quasi nur wenn jemand an der Haustür steht, muss man mal schauen, wer dit is, aber ansonsten nich.«
Und alle so: »Mensch, die Idee ist echt dufte.«
Selbst Familie Helvetia, die ansonsten alles verschlafen hatte und an nichts teilnahm, sagte: »Yo, find ick jut.« Und auch die Norges sagten: »Ja, jut, wenn wir sonst nicht mitmachen müssen …«
Nur die Irishs und die Brits sagten: »Nee, also wissen wa nich so recht.«
Der Rest im Haus sagte: »Schade, aber streiten wir uns nicht drüber. Ihr seid ja eh da draußen irgendwo unter euch.«

Schließlich sagte man sich in der EWG auch: »Also diese ganze Umrechnerei zwischen unseren Wohnungen, wer was wie bezahlt, ist auch zu kompliziert. Vielleicht sollten wir alle zusammen in einer Währung rechnen, dann macht sich das alles einfacher. Außerdem fühlen wir uns dann alle noch mehr zusammengehörig, wenn wir alle die gleiche Währung haben.«
Und alle sagten energisch: »Yo!«
Außer Familie Danmark und die Brits. Die waren der Meinung, dass ihr Geld irgendwie besser als das andere Geld wäre.
»Unsere Familie ist schon so alt und das hat Tradition bei uns«, sagten die Brits. »Also machen wir da nicht mit.«
Alle im Haus rollten etwas mit den Augen, weil die Brits schon wieder eine Extrawurst haben wollten, aber dann dachten sie: »Ja, was soll’s, die sind ein wenig merkwürdig. Wahrscheinlich liegt das an dem komischen Essen.«
Das galt wohl für beide Familien, denn die Danmarks hatten auch immer diese komische rote Wurst. Aber egal.

Nach einiger Zeit kamen noch einmal etliche Familien aus dem Haus dazu und einige andere fragten, ob sie nicht auch mitmachen könnten.
Dummerweise hatte Familie Hellas aber ein Problem. Die hatten ordentlich Geld ausgegeben, obwohl nur ein Teil der Familie wirklich etwas verdiente.
»Aber wieso? Das geht doch alles auf Kreditkarte?«, sagte Familie Hellas und die anderen Familien patschten sich an den Kopf und sagten: »Leute, aber auch das müsst ihr irgendwann bezahlen?«
»Ach so?«
»Ja, schon.«
»Manno.«
Da haben sich dann alle Familien im Haus zusammengesetzt und gesagt: »Na jut, wir werden euch etwas mit Geld aushelfen, aber dafür müsst ihr natürlich auch etwas für uns tun und dafür sorgen, dass ihr alle wieder nen Job habt, ja?«
»Sicher«, sagte Familie Hellas und trank zunächst mal einen Metaxa.
»Ernsthaft«, sagte der Rest. »Wir geben euch nix, wenn ihr nur rumsitzt und sauft.«
»Ja, okay«, sagte Familie Hellas und hörte mit dem Saufen auf.

Aber nicht alle Personen in den jeweiligen Familien im Haus fanden es toll, dass man der Familie Hellas Geld geben wollte. Manche meinten: »Ey, das Geld könnten wir auch für uns selbst ausgeben!«
»Ja«, sagten die, denen etwas an der Gemeinschaft gelegen war, »aber wir haben ja damals gesagt, dass wir uns alle gegenseitig unterstützen. Wenn wir das gleich bei der ersten Krise über Bord werfen, dann hat das Ganze ja keinen Sinn, oder?«
»Na ja, vielleicht macht das Ganze ja keinen Sinn«, sagten ein paar Personen in den jeweiligen Familien. »Unsere eigenen Familien haben ja auch Sorgen.«
»Ja, aber schaut doch mal«, sagten die, die die Gemeinschaft nicht gleich aufgeben wollten, »wir machen alles gemeinsam, sparen total viel, weil wir gemeinsam einkaufen, wenn mal was ist, greifen wir uns gegenseitig unter die Arme und gestritten haben wir uns auch ganz lange nicht mehr. Jeder kann jeden besuchen und irgendwie ist es doch so, als wären wir alle eine große Familie. Außerdem, wenn wir es mit den anderen Familien aus der Straße zu tun haben, reden die gleich ganz anders mit uns, weil sie wissen, dass wir alle zusammenstehen.«

Eigentlich waren das Argumente, die alle überzeugten, aber gerade bei den Brits gab es ein paar, die dachten: »Weiß nich, früher war alles besser.«
»Wat meinst du?«, fragten andere. »Zu der Zeit, als uns noch die ganze Straße gehört hat und wir uns wie Arschlöcher aufgeführt haben?«
»Ja, genau.«
»Ach so. Ja, hm.«
»Ich glaube, wir sollten bei diesem ganzen Quatsch nicht mehr mitmachen.«
»Aber neulich hat uns die Gemeinschaft erst ne Mikrowelle bezahlt und ein paar von den Leuten helfen bei uns in der Wohnung aus. Also, ein paar von uns Brits wissen ja nicht mal, wie man ein Pflaster klebt.«
»Aber in letzter Zeit kommen so viele Leute von außerhalb des Hauses, weil sie hier unterkommen wollen. Ich meine, deren Haus auf der anderen Straßenseite brennt, es wohnen ein paar Mörder in dem Haus, ein paar der Familien können schon untereinander nicht miteinander und wir haben denen auch noch das Essen geklaut, aber eigentlich ist es doch total super da bei denen, oder? Hier haben die doch eigentlich nichts zu suchen, richtig?«
»Mensch, die würden sogar in der Badewanne wohnen. So schlimm ist das doch nicht. Außerdem helfen die anderen Familien ja auch. Familie Deutsch hat ja auch welche unterbringen können und es nicht mal gemerkt.«
»Und wenn ich nachts schlafen will, bringen die mich bestimmt um.«
»Wat?«
»Ja.«
»Nee.«
»Na, ich weiß nicht.«
»Warum sollten die das denn tun?«
»Na, da wohnen doch Mörder bei denen im Haus.«
»Vor denen rennen sie doch aber weg.«
»Dann sind die bestimmt auch Mörder.«
»Wat? Wo ist denn da die Logik?«
»Außerdem fressen die uns den ganzen Kühlschrank leer.«
»Hast du mal in den Kühlschrank geschaut? Der ist so voll, dass wir zum Teil Zeug wegschmeißen müssen, weil wir es nicht schnell genug weggegessen kriegen. Halb so wild.«
Ein paar Jungen aus der Familie Brits, Boris und Nigel, die schon in der Vergangenheit öfter mal Mist gebaut hatten, riefen nun andauernd dazwischen: »Wir wollen raus! Wir wollen raus!«
»Kämm dir erst mal die Haare«, sagten manche aus der Familie zu Boris, aber der wollte nicht hören.
Stattdessen erfanden er und Nigel lauter Lügen, die sie in der Familie herumerzählten: »Wir schicken wöchentlich 350 Pfund unseres Geldes an die anderen Familien, dabei könnten wir uns damit Pflaster kaufen.«
»Ist doch völliger Blödsinn«, argumentierten manche, aber etliche in der Verwandtschaft, die in der Schule nie so richtig aufgepasst hatten, sagten: »Ach?«
»Wir sollten darüber abstimmen, ob wir weiter in der Gemeinschaft sein wollen oder nicht.«
»Genau! Das ist nämlich doof!«, riefen viele und andere, also die, die mal kurz darüber nachdachten, was ihnen die Gemeinschaft eigentlich brachte, sagten: »Aber wir haben ja im Grunde mehr Vorteile als Nachteile dadurch.«
»Nee, stimmt ja gar nicht. Wir könnten wieder so ein Riesenarschloch wie früher sein!«, sagten Boris und Nigel und stolperten über ihre eigenen Schnürsenkel.

Also stimmte die Familie Brits ab und es stellte sich heraus, dass die meisten von ihnen raus wollten. Das Familienoberhaupt, Papa David, sagte daraufhin: »Äh, lasst mich damit in Ruhe. Ich bin weg. Mach du das mal, Mama Theresa.«
Und Theresa sagte: »Ey, ich wollte doch aber weitermachen!«
»Ja, das kannste ja jetzt der Gemeinschaft erklären.«
Also ging sie zur Gemeinschaft und sagte: »Leute, wir machen nicht mehr bei euch mit.«
Und die anderen Familien im Haus sagten: »Ja, schade. Doof für euch, aber wenn ihr meint …«
»Wir müssten dann noch verhandeln, wie das Ganze laufen soll«, sagte Theresa.
Und die Familien sagten: »Ja, mach doch einen Vorschlag.«
Und Theresa sagte: »Ja, also eigentlich soll alles so bleiben wie bisher, aber wir zahlen einfach nix mehr.«
Und alle anderen im Haus sagten: »Du hast sie ja wohl nicht alle.«
Da meinte Theresa: »Hm, das wird ja schwieriger als gedacht.«

So nach und nach stellten einige Brits fest, dass sie die Sache mit dem Austritt nicht so recht durchdacht hatten. Familie Irish beispielsweise fragte: »Ey, wat is denn eigentlich mit dem Zimmer, das wir uns teilen? Soll es da etwa wieder so einen Streit geben, wie wir ihn vor Jahren hatten?«
»Nee«, sagte Theresa. »Das, äh, regeln wir irgendwie.«
Onkel Scott, der im nördlichsten Teil der Wohnung wohnte, gerne mal einen über den Durst trank und immer so komisch sprach, sagte »Oi! Wat is dit für’n Quatsch? Ich glaube, ich lass mich scheiden!«
»Fängst du schon wieder davon an?«, sagte der Rest der Familie.
Allerdings nahm Scott dann noch einen Schluck und schlief wieder ein.

Theresa ging also wieder zu den anderen Familien und sagte: »Leute, wat is? Es bleibt alles beim Alten und wir zahlen einfach nicht mehr, okay?«
Und die Familien sagten wieder: »Keule, ham wa doch schon jesacht: Is nich. Wenn du nicht bald mit einer tollen Idee rüberkommst, dann kommt ein Zaun um eure Wohnung und dann müsst ihr halt sehen.«
»Aber wir würden halt auch gerne billig einkaufen.«
»Ja, aber ihr wolltet ja nicht mehr.«
»Und es können doch weiterhin Leute bei uns Pflaster kleben und sich um unsere Finanzen kümmern.«
»Na ja, da müssten wir aber klären, dass das relativ unkompliziert geregelt wird.«
»Das wollen meine Leute aber nicht.«
»Tja, dann … eben nicht.«
»Und was ist jetzt mit der Schokolade und den Keksen, die es immer für alle gab? Davon gebt ihr uns doch sicher noch ab, oder?«
»Noch einmal, ihr wollten das doch nicht mehr. Also könnt ihr auch keine Schokolade und Kekse haben.«
»Manno.«

Mittlerweile merkte die Familie Brits, dass Boris und Nigel gelogen hatten, aber die kicherten nur und erzählten sich weiter Witze in der Ecke auf dem Ledersofa. Manche aus der Familie wollten ihnen zwar eine Backpfeife geben, ließen es dann aber doch.
In einigen anderen Sippen des Hauses hatte auch so manches Familienmitglied geschrien, dass die Hausgemeinschaft blöd war, aber komischerweise sagte jetzt niemand mehr etwas dagegen. Stattdessen bemitleidete man die Familie Brits irgendwie.
»Also, ihr könntet vielleicht doch von unseren Einkäufen profitieren, aber dann müsst ihr euch weiter beteiligen. Ihr könnt dann aber nicht mehr sagen, was eingekauft werden soll.«
»Das ist ja dann noch viel blöder, als es vorher schon war, oder?«
»Ja, aber ihr wolltet ja nicht mehr, also …«
Also überbrachte Theresa diese Nachricht ihrer Familie, die das ebenfalls als bescheuerter empfand, als es vorher gewesen war.
»Ja, wat wollt ihr denn sonst?«, sagte Theresa. »Im schlimmsten Fall können wir zwar einkaufen gehen, müssen aber viel mehr zahlen. Dann haben wir kein Geld mehr für Schokolade und Kekse.«
»Die waren doch vorher immer umsonst!«
»Ja, jetzt aber nicht mehr!«
»Das ist doof!«
»Ach was?«, sagte Theresa und alle schauten sie verärgert an.
»Was ist denn mit uns?«, fragten ein paar Mitglieder der Familie, die sich vorher um die Finanzen der Hausgemeinschaft gekümmert hatten. »Wenn wir nicht mehr in der Hausgemeinschaft sind, haben wir ja gar keinen Job mehr.«
»Tja«, sagte Theresa.
»Das ist doof!«
»Ach was?«, sagte Theresa und alle schauten sie verärgert an.
Und das eine Familienmitgleid, das wusste, wie man Pflaster klebt, fragte: »Sagt mal, soll ich mich hier eigentlich alleine um die Gesundheit der Familie kümmern?«
»Zunächst. Vielleicht«, sagte Theresa. »Zumindest, bis wir mit dem Rest der Hausgemeinschaft etwas verabreden könnten.«
Familie Irish fragte mittlerweile auch noch mal nach: »Wat is denn jetzt mit dem Zimmer?«
»Also, wenn wir uns nicht einigen können, dann müssen wir da wieder richtige Wände einziehen.«
»Das ist aber eigentlich immer noch unser Zimmer!«, sagte Familie Irish und nannte die Brits bekloppt.

Theresa ging wieder zur Gemeinschaft und sagte: »Also, wenn ich mal einen ganz anderen Vorschlag machen dürfte.«
»Ja, wir sind ganz Ohr.«
»Wie wäre es, wenn wir alles so machen wie bisher, nur dass wir quasi einfach unseren Mund halten und die Füße still halten.«
»Damit könnten wir leben.«
Und die Familie Brits sagte: »Ey, nee! Wir sehen ja aus wie Trottel!«
Und der Rest der Straße sagte: »Ach was?«
Daraufhin erklärte die Hausgemeinschaft es noch einmal ganz genau: »Leute, erst wollt ihr nicht mitmachen. Dann doch. Dann wollt ihr nicht bei den offenen Türen mitmachen. Dann wollt ihr nicht bei der Währung mitmachen. Dann waren da noch ein paar andere Kleinigkeiten, bei denen ihr euch geweigert habt, dabeizusein. Ihr wollt nicht helfen, ein paar Leute aus dem brennenden Haus gegenüber aufzunehmen. Ihr seid die ganze Zeit nur am Rumnölen und wollt unter euch sein. Könnt ihr haben. Wir lassen euch in Ruhe, wenn ihr das wollt. Aber wenn ihr Kuchen, Kekse und billige Einkäufe haben wollt, dann müsst ihr dafür auch was tun.«

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann streitet Familie Brits sich bis heute darüber, was denn nun eigentlich gemacht werden soll …

Moses und die 10 Gebote

Das Volk Israel lagerte am Berg Sinai und Gott sprach: »Schön, dass ihr alle kommen konntet, aber bleibt mal alle vom Berg weg, denn ich komm runter. Außer du Moses, du komm mal rauf.«
»Ich bin hundertzwanzig Jahre alt und soll einen Berg raufklettern?«
»Ja, hm, also wenn du das so sagst … aber, ja. Denn ich will mit dir unter vier Augen reden. Oder so von Dornbusch zu Augen.«
Also stieg Moses auf den Berg und keuchte nicht schlecht, als er endlich oben angekommen war.
»Na, das hat ja ganz schön gedauert«, sagte Gott.
»Hundertzwanzig Jahre, ma sagn!«, entgegnete Moses.
»Nu heul ma nich, so alt werden ja die wenigsten.«
»Wat is denn nun? Weshalb wolltest du mich sprechen.«
»Ich hab da was für dich. Und deine Leute.«
Der flammende Dornbusch, der nicht mit den Fingern zeigen konnte, weil er keine hatte, ließ eine kleine Flamme zur Seite wandern, wo ein riesiger Haufen von Steinplatten lag.
Moses runzelte die Stirn.
»Dies«, sagte der Dornbusch, »sind meine zweihundertfünzig Gebote an euch.«
Und Moses sagte: »Wat?«
»Na, so Richtlinien, an die ihr euch halten solltet.«
»Wat?«
»Was genau hast du denn davon jetzt nicht verstanden?«
»Zweihundertfünfzig? In Worten: Zweihundertfünzig?«
»Gesprochen wirkt der Witz so nicht«, sagte Gott.
»Was für Gebote sollen das denn sein?«, sagte Moses und ging sich auf seinen Stock stützend zu den Steintafeln hinüber. Er legte den Stock beiseite und nahm dann eine Tafel hoch. Darauf war genau ein Satz geschrieben und Moses machte dicke Backen, als er den Stein anhob. Gepresst las er vor: »Du sollst den Tee nur drei bis fünf Minuten ziehen lassen.«
Und der Dornbusch sagte: »Genau.«
»Was zum Teufel soll das denn?«, sagte Moses, nachdem er die Platte wieder abgelegt hatte.
»Das sind Gebote, an die man sich halten …«
»Aber das ist doch völlig unwichtiger Kram!«
»Ey, ich bin der verdammte Gott, ich werde ja wohl noch wissen, was wichtig ist und was nicht.«
»Sollte da nicht lieber was zum Thema, was weiß ich, Mord und Totschlag drin stehen?«
»Da habe ich auch irgendwo eine Platte zu. Musst du vielleicht ein wenig wühlen.«
»Und was ist mit kein Sex mit Tieren, Minderjährigen und so weiter?«
»Das hältst du für wichtig?«
»Du nicht?!«
»Ja, hm …«
Moses ließ seinen Blick schweifen. Er sah eine andere Steinplatte, deren Schrift nach oben gedreht war. »Du sollst nicht im Schwimmbad ins Wasser pinkeln. Wat?«
»Vertrau mir da einfach mal«, sagte der Dornbusch.
Moses schaute sich um. »Und was genau soll ich jetzt mit den ganzen Steinplatten machen?«
»Na, es wäre wohl sinnvoll, wenn du die runter zu den Leuten bringen würdest, oder?«
»Ich soll 250 Steinplatten einen Berg runterschleppen? Ganz allein? Hatte ich schon erwähnt, dass ich hundertzwanzig Jahre alt bin?«
»Mehrmals.«
»Also?«
»Was jetzt genau?«
»Ich kann mich kaum auf den Beinen halten und soll 250 Steinplatten schleppen?«
»Nun, von alleine werden sie wohl kaum vom Berg kommen.«
»Bist du nicht allmächtig? Kannst du nicht mit dem Finger schnippen oder mit der Zunge schnalzen oder dich dreimal um dich selbst drehen und dann sind die Platten alle unten?«
»Das klingt mir jetzt zu sehr nach Effekthascherei.«
»Ich kriege die Dinger jedenfalls nicht vom Berg runter. Vielleicht können ein paar Leute die heruntertragen.«
»Nee, hier soll keiner rauf.«
»Warum nicht?«
»Ich will nicht, dass man mich so sieht.«
»Du bist buchstäblich ein Dornbusch«, sagte Moses.
»Ja, und ungekämmt.«
Moses runzelte die Stirn, sagte aber nichts weiter. Der Dornbusch sah irgendwie nachdenklich aus. So nachdenklich ein brennender Dornbusch eben wirken kann.
»Na, da sind wir ja jetzt in einer Zwickmühle«, sagte Gott als Dornbusch.
»Kannst du vielleicht ein paar weniger Platten daraus machen? Vielleicht sind ja ein paar von den Geboten jetzt nicht ganz so wichtig wie andere. Ich meine ja nur, dass man beim Pinkeln im Schwimmbad eventuell auch mal ein Auge zudrücken könnte.«
Der Dornbusch flackerte kurz. »Was wäre denn deiner Meinung nach eine angemessene Anzahl von Geboten?«
Moses wackelte mit dem Kopf. »Also, das kommt ein wenig darauf an.«
»Auf was genau?«
»Lass es mich so ausdrücken: Muss jedes Gebot allein auf einer Steintafel stehen?«
»Ich hielt das für eine gute Idee, kann man ab und an mal ein wenig mischen.«
Moses runzelte erneut die Stirn. »Also vielleicht bekäme man ja auch, sagen wir mal, so zwölf Gebote auf eine Tafel.«
Der Dornbusch machte »Pffft.«
»Was ist denn daran das Problem?«
»Ich hab halt eine große Handschrift«, sagte Gott.
Moses kratzte sich am Kopf und legte dann seine grauen Haare wieder zurecht. »Also, ganz ehrlich: Du brauchst da einen Lektor, der das ganze Zeug zusammenstreicht.«
»Das ist doch wohl ein Witz!«, sagte Gott.
»Wie soll ich die denn schleppen? Ich hab nur zwei Hände! Und auf einen Stock stützen muss ich mich auch. Vielleicht hättest du lieber Memnon, den Ochsen von Tanis, heraufschicken sollen.«
»Hätte, hätte, Sojabulette!«
»Wat?«, sagte Moses.
»Also«, sagte Gott ruhig, »ich verstehe das Problem und sehe ein, dass es vielleicht auch mit ein paar weniger Geboten geht.«
Moses seufzte erleichtert.
»Wir gucken uns die Platten an und entscheiden dann gemeinsam, welche Gebote wir behalten.«
»Kannst du nicht einfach sagen, was das für Gebote sind? Ich kann ja schlecht die zweihundertfünzig Steinplatten anheben, um die durchzugehen?«
»Warum nicht?«
»Ich bin hundertzwanzig Jahre alt, verdammt noch mal!«
»Sehr viel älter wirst du allerdings nicht, wenn du dich immer so aufregst.«
Moses rollte mit den Augen.
»Also, ich sage mal, dass ich es vielleicht auf hundert Gebote runterbrechen kann«, sagte der Dornbusch.
»Zwanzig. Höchstens!«
»Das ist ja weniger als ein Zehntel! Das geht nun wirklich nicht.«
Moses schaute auf die Tafel, die unter dem letzten Stein lag, den er hochgehoben hatte. »Du sollst nicht schmatzen. Also … warum denn eigentlich nicht?«
»Weil das total ekelhaft klingt.«
»Aber es gibt ja wohl wichtigeres als das! Du sollst keine Sklaven halten, zum Beispiel.«
»Och …«
»Alter, du hast uns gerade aus Ägypten rausgeführt, damit wir aus der Sklaverei kommen. Also das liegt doch jetzt wirklich nahe, oder nicht?«
Und der Dornbusch sagte: »Weiß nich.«
Moses rollte mit den Augen.
Schließlich sprach Gott: »Mann, zwanzig Gebote, wie soll ich das nur anstellen?«
Und Moses sprach: »Wie wäre es, wenn du etwas kleiner schreibst. Und auf beiden Seiten. Und vielleicht nur einfachen Zeilenabstand nimmst.«
»Das sieht doch hinterher auch wieder aus, als wären da Hühner drübergelaufen. Was ist denn mit zehn Steintafeln?«
Moses verschränkte die Arme vor der Brust. »Vier. Maximal. Ich weiß ja noch nicht mal, ob ich die tragen kann.«
So saßen Gott und Moses vierzig Tage und vierzig Nächte zusammen und diskutierten, wie das jetzt mit den Geboten und Steintafeln zu machen sei.
»Also so langsam kriege ich Hunger«, sagte Moses. »Vierzig Tage ohne Essen ist schon heftig. Wann sind wir denn endlich mal fertig?«
Der Dornbusch flackerte. »Na, so eine Tafel haut sich ja nicht von selbst. Aber da drüber sind die vier Tafeln.«
Moses nahm eine hoch und machte dicken Backen. Er nahm die Zweite und stöhnte schon ein wenig mehr. Vorsichtig balancierte er beide Tafeln unter einem Arm und versuchte die dritte Tafel anzuheben, aber ohne seinen Stock hatte er Probleme.
»Ich … ich kriege nicht mal drei Tafeln auf die Arme.«
»Nun stell dich nicht so an.«
»Hundertzwanzig!«
»Ja, doch!«
»Es geht einfach nicht. Vielleicht sollten wir doch nur die ersten zehn Gebote nehmen.«
»Nee, nee, nee, nee. Ich bin dir schon erheblich entgegengekommen.«
»Ich weiß nicht, ob ich das Entgegenkommen nennen würde, wenn ich statt handlicher Tafeln aus Ton oder Holz als alter Mann mit Steintafeln einen Berg herunterklettern muss.«
»Stein ist für die Ewigkeit«, sagte Gott.
»Solange niemand mit einem Hammer ausrutscht«, erwiderte Moses.
Dann schwiegen sie.
»Also wat jetzt?«, fragte Moses.
»Du hast gesagt zwanzig Gebote!«
»Wenn du das auf zwei Steintafeln kriegst, super.«
»Nee, nee, natürlich nicht.«
»Wie ich schon sagte: Mehr als zwei kriege ich nicht vom Berg.«
»Dann gehst du halt öfter.«
»Wenn ich den ganzen Tag Steintafeln von einem Ort zum anderen hätte schleppen wollen, dann hätte ich auch gleich in Ägypten bleiben können! Zwei! Ende der Diskussion.«
»Mann ey … dann bleiben wir halt bei den ersten zehn.«
»Die behandeln überwiegend den Kram, wo es um dich geht. Meinst du nicht, dass die anderen Gebote wichtiger sind?«
»ICH BIN DER HERR, DEIN GOTT, NIMM JETZT DIE ZWEI TAFELN UND GUT IST!«
»Ja, ja. Schon gut.«

 

Und wer jetzt Lust bekommen hat, mir dabei zuzuschauen und zuzuhören, wie ich die Geschichte vortrage, kann das hier tun:

Ein handlicher Ratgeber zum Erkennen von Nazis in Politik und Umwelt

In der heutigen Zeit, in der Nazis in schönem Anzug daherkommen – oder in Badehose, nachdem ihnen ihre anderen Sachen gestohlen worden – ist es manchmal etwas schwierig, zu erkennen, ob ein Politiker oder Mitmensch ein Nazi ist oder nicht. Die Wenigsten stellen sich ja in SS-Uniform hin und heben den rechten Arm. Manche geben auch irgendetwas von sich und halten es für normale Konversation, dabei ist es eigentlich braune Soße, die sich aus ihren Mündern ergießt. Insofern braucht man vielleicht etwas Unterstützung, um zwischen einer normalen Person, normalen Politikern und Nazis zu unterscheiden! Da möchte ich doch ein wenig helfen, vor allem wenn man sich selbst nicht ganz sicher ist, ob es nun schon einen braunen Rand hat oder nicht. Oder wem man bei Wahlen besser sein Kreuz gibt oder nicht. Bedienen sich Menschen bestimmter Phrasen und Wörter, liegt der Verdacht nahe, dass es sich um einen Nazi handeln könnte. Je mehr davon genutzt werden, umso mehr Nazi steckt drin!

  1. Nazis sind nicht gut auf Ausländer zu sprechen. Ja, ich weiß, überraschend! Wobei das im Grunde nur die Ausländer betrifft, die irgendwie anders aus sehen als »wir«. Das »Wir« in diesem Falle ist Otto-Normalarier, wie es der gute Deutsche sein sollte. Also möglichst helle Hautfarbe und hellere Haare als schwarz. Also so mittel- bis nordeuropäisch. Je weiter südlich es geht – da gibt’s ja schon wieder dunklere Haare und einen dunkleren Teint – umso problematischer wird es! Spanier, Italiener und Griechen? Da ist ja schon wieder Faulheit-Gefahr! Und vermeintliche Faulheit, auch wenn sie eingebildet ist, mag der Nazi gar nicht.
    Manche Nazis haben schon dazugelernt und nutzen nicht mehr Wörter wie »Untermensch« oder »Rasse«, aber manchmal rutscht ihnen so etwas noch etwas wie »Kümmelhändler« oder »Kameltreiber« raus. Die anderen üblichen Wörter, wie z.B. das N-Wort, möchte ich nicht zitieren.
    Auch sehr beliebt: Das Zusammenfassen von Gruppen und Rückschlüsse von Einzelnen auf alle anderen machen. Wenn also irgendwo eine ausländische Person straffällig geworden ist, dann sind es gleich »die Syrer« oder »die Iraker«, die besagte Straftat begangen haben, nicht etwa das Individuum. (An dieser Stelle sei gesagt, dass man Leute einer politischen Gesinnung durchaus zusammenfassen kann. Also »die Nazis« oder »die rechten Idioten« wäre eine durchaus adäquate Bezeichnung, »die irakischen Kamelficker« aber nicht! Ja, ich weiß, da muss man sich erst einmal dran gewöhnen!)
    Beliebte Phrasen: »Ich habe nichts gegen Ausländer, aber …«, »die« (wobei »die« für alle »Andersartigen« steht), »Asylantenpack«, »kriminelle Ausländer«, »Multikulti« (oder – in manchen Bundesländern »Mutlikulti«), »Masseneinwanderung«, »Ethnopluralismus«, »Asyltourismus«, »Migrantenmob«
  2. Nazis sprechen gerne vom »Volk«. So wie: »Wir sind das Volk!«. Aber dabei muss man genau aufpassen! Meistens sprechen sie nämlich dabei nicht von der Bevölkerung, sondern von dem, was sie sonst als »Rasse« bezeichnen würden, wobei Otto-Normalarier natürlich die beste »Rasse« wäre. Wenn viele Leute aus anderen Ländern irgendwohin kommen, wird manchmal von »Umvolkung« gesprochen, weil die Nazis so eine Art Verschwörungstheorie im Kopf haben, nach der irgendwer die Bevölkerung durch Leute aus anderen Ländern ersetzt. Vermutlich die Juden. Siehe Punkt 3!
    Wichtige weitere Wörter und Phrasen in dem Zusammenhang: »Volksverdummung«, »Volksgemeinschaft«, »Heimat«, »Armes Deutschland«, »Volksverderber«, »Volksverräter«, »multikulturalisiert«, »Unsere Lebensart«, »Das Land unserer Väter«, »Volkskörper«, »Das ist unsere Stadt!«
  3. Nazis mögen andere Religionen nicht so. Wogegen im Grunde nichts einzuwenden wäre, da alle Religionen eher problematisch sind. Aber Nazis greifen die Personen einer Religionsgruppe an und unterstellen ihnen in der Regel mangelnde Hygiene, böse Absichten, Dummheit und was auch immer man sich noch an negativen Dingen ausdenken kann. Früher waren sie noch hauptsächlich gegen Juden, aber da sie ja dafür gesorgt haben, dass es heute nicht mehr so viele davon gibt, haben sie sich nun andere Leute ausgesucht. Meistens Muslime. Da gibt es auch so schöne Überschneidungen mit den Ausländern, da passt das schon.
    Ein weiterer Hinweis auf einen potentiellen Nazi besteht, wenn die Religion quasi als Schimpfwort benutzt wird. Nazis sind außerdem Heuchler. Sie tun so, als wären sie unglaublich christlich, weigern sich dann aber, nach christlichen Werten zu leben, was sich zum Beispiel darin äußert, dass sie ihren Nächsten – also anderen Menschen – lieber nicht helfen und z.B. fordern, dass Leute lieber im Mittelmeer ersaufen statt gerettet werden sollen.
    Typische Phrasen: »Der Islam gehört nicht zu Deutschland«, »Minirock statt Minarett«, »Maria statt Scharia«, »Islamisierung«
  4. Nazis sind sehr in der Vergangenheit verankert. Sie benutzen Worte und Phrasen von damals. Wenn also irgendwer von der »tausendjährigen Vergangenheit« spricht oder sich auf »tausend Jahre Deutschland« bezieht, stellt er damit einen Zusammenhang zum »tausendjährigen Reich« her, mit dem das Nazi-Reich betitelt wurde.
    Andere Phrasen: »Früher hätte es sowas nicht gegeben«, »Früher war alles besser«, »erfolgreiche deutsche Geschichte«
  5. Nazis finden Frauen und Familien toll. Zumindest solange sie nicht aus dem Ausland und nicht gleichgeschlechtlich sind. Homo-Ehe? Um Himmels Willen! Adoptionsrecht für Homosexuelle? Mein Gott, nachher wird das Kind auch noch schwul! Mitunter mag es den verirrten Schwulen oder die verirrte Lesbe in den Parteien geben, aber die machen dann den Eindruck eher als Alibi zu existieren. Wirklich toll sind nur die »echten« Frauen, die sie am liebsten daheim hinterm Herd sehen würden. Und mit möglichst vielen Kindern. Ohnehin sollte sich die Frau daheim – das klingt ja schon fast wie Heimat – ordentlich entfalten können. Aber selbstbestimmend sollte eine Frau nicht unbedingt sein. Abtreibung? Näh. Arbeiten gehen? Na ja, wenn es sein muss. Insofern möchte der Nazi gerne Frauen schützen. Auch vor deren eigenem Willen. Insofern wird auch schon mal mit Abbau von Sozialleistungen gedroht, wenn Frauen nicht ordentlich schwanger werden.
    Gerne wird auch der »Frauenschutz« vorgeschoben, um gegen Ausländer und andere Religionen zu wettern. Ach ja, und den Kindern muss man natürlich ordentliches Benimm beibringen. Nicht auszudenken, wenn da der Seitenscheitel nicht richtig sitzt.
    Stichworte: »aktivierende Familienpolitik«, »Gleichstellungstotalitarismus«, »Homosexualität ist gegen die Natur«, »In der Bibel steht …«, »Eine Gefahr für die traditionelle Ehe und Familie«, »Kuschelpädagogik«
  6. Nazis wollen Sicherheit. So viel Sicherheit wie es nur geht. Auch wenn dadurch die persönliche Freiheit eingeschränkt wird. Mehr Grenzkontrollen, denn die kriminellen, kranken, faulen, Arbeitsplätze klauenden Ausländer könnten ja kommen. Möglichst überall Kameras, damit auch ja jeder beobachtet werden kann. Man muss das Volk und die Heimat doch beschützen. Auch vor sich selbst. Deswegen sollten gerade Ausländer, Migranten und Asylsuchende auch in Lager. Zur Sicherheit des Volks. Außerdem kann man »die« da viel besser mit Molotow-Cocktails bewerfen, wenn die irgendwo eng zusammengepfercht sind. Da erwischt man dann auch viel mehr.
    Zur Sicherheit wird natürlich auch oft ein Ausbau des Militärs gefordert.
    Andererseits sind ja Polizisten Volksverräter, also kann man denen auch nicht wirklich trauen. Insofern wird auch gerne mal das Gesetz in die eigene Hand genommen. »Die Iraker« oder »die Syrer« haben was angestellt? Na, da wird gerne mal dem ein oder anderen mit bräunlicher Hautfarbe eine übergezogen. Könnte ja sein, dass der sowas auch macht. Und wenn nicht, na ja, dann weiß er jetzt, dass er über so etwas gar nicht nachdenken braucht! Auch wenn es ihm ansonsten nie in den Sinn gekommen wäre. Sicher ist sicher.
    Typische Phrasen: »Grenzen sichern«, »Asyl braucht Grenzen«, »Innere Sicherheit wieder herstellen«, »Wir schützen unser Land«, »Heimatschutz«
  7. Nazis stehen auf Kriegsfuß mit den Medien. Besonders mit Medien, die sich erdreisten, ihnen zu widersprechen. Denn Nazis finden nicht, dass objektiv berichtet werden sollte. Es sollte vielmehr so berichtet werden, dass möglichst ihr Standpunkt vertreten wird, auch wenn der von der Faktenlage her völlig falsch liegt. Das Objektivität der Grundstein des Journalismus ist … na ja, geschenkt. Denn hier wird gerne von den Nazis auf andere geschlossen: Nur weil Nazis sich die Welt so hinreden, wie sie sich sie ausdenken, nehmen sie an, dass es auch alle anderen tun.
    Phrasen und Wörter in dem Zusammenhang: »Fake News«, »Alternative Fakten«, »Lügenpresse«, »Realitätenerzeuger«, »Pressehuren«, »Propagandaministerium«
  8. Nazis finden Arbeitslose doof. Ihrer Meinung nach kann jeder Arbeit finden, egal ob er/sie dazu geeignet ist oder nicht. Insofern wollen sie auch gerne jegliche Hilfen für Arbeitslose kürzen oder abschaffen. Oder, noch besser, sie zur Zwangsarbeit zwingen.
    Beliebte Phrasen und Wörter: »Sozialschmarotzer«, »Bürgerarbeit«
  9. Nazis sehen sich oft als Opfer. Aus diesem Grund schieben sie gerne anderen die Schuld zu. Besonders gern natürlich Leute, die irgendwie den bereits erwähnten »Volksgruppen« angehören. Wenn also Politiker irgendwo stehen und großspurig einem Teil der Bevölkerung, Ausländern oder irgendeiner Verschwörung für irgendwas die Schuld geben, ist das ein guter Hinweis darauf, dass sie auf Nazi-Denke zurückgreifen. Es wird auch gern mal in Talkrunden aufgestanden und weggegangen, weil das so größeren Eindruck macht, als wenn man sitzen geblieben wäre. Natürlich geht das Hand in Hand mit dem Hass auf die Medien.
    Typische Phrasen: »die da oben«, »Weltverschwörung«, »Meinungsdiktatur«, »linksversifft«, »Homolobby«, »Man wird ja wohl noch sagen dürfen …«
  10. Nazis sprechen gerne von Gewalt. Kriminelle Ausländer müssen da schon mal mit Gewalt abgeschoben werden. Oder mit Gewalt daran gehindert werden, die Grenze zu übertreten. Mitunter wird davon gesprochen, dass es gut ist »Gewehre und eine Munitionskiste in der Garage« zu haben. Wenn man so will, kann man auch »entsorgen« dazuzählen, da damit sowohl die Abschiebung eines Asylsuchenden als auch anderweitige Lösungen bezeichnet werden könnten. Generell ist die Sprache mit Wörtern durchsetzt, die Gewalt nahelegen, wie z.B. »dann können wir endlich zuschlagen«, was sich in dem Zusammenhang nicht unbedingt auf eine gewaltsame Handlung beziehen muss, aber rhetorisch die Assoziation hervorruft.
    Beliebte Phrasen: »den Hals umdrehen«, »Schießbefehl«, »zur Rechenschaft ziehen«, »Grube ausheben und rein«, »bis zur letzten Patrone«

Abschließend bleibt zu sagen, dass jemand, der in der Form »Ich bin ja kein Nazi, aber …« argumentieren muss, vermutlich gleich etwas von sich gibt, was ein Nazi sagen würde. Muss nicht unbedingt etwas Nazihaftes sein. Es könnte auch sein, dass der Satz »Ich bin ja kein Nazi, aber grün ist eine schöne Farbe« lautet. Man sollte aber genau hinhören.

Ach ja, falls man ein besorgter Bürger ist, der aus irgendeinem Grund die Vermutung hat, dass die bösen, bösen Ausländer hier alles kaputt machen, weil einem das andere Leute sagen: Wenn die Typen dann den rechten Arm zum Nazi-Gruß erheben … ist das ein guter Hinweis darauf, dass die Typen vielleicht Nazis sind und Scheiße erzählen. Denn das ist so ihr Ding: Nazis erzählen Scheiße. Braune Scheiße. Und wer will die schon in seiner Nähe haben?

Zum Abschluß noch ein paar handliche Regeln, an die man sich vielleicht halten könnte:

  1. Gewalt gegen andere Menschen – egal welche Menschen – ist nicht Ordnung, es sei denn man wird gerade selber physisch angegriffen.
  2. Nachdenken bevor man handelt. Vielleicht gibt es ja Leute, die für bestimmte Dinge besser ausgebildet sind und sich darum kümmern sollten, wie z.B. die Polizei, die besser geeignet ist, einen Mord aufzuklären, als man selbst.
  3. Wenn man wegen irgendwas rumbrüllen muss, dann hoffentlich nur, um jemanden davon abzuhalten sich potentiell schwer zu verletzten. Oder weil man selbst schwer verletzt ist. Physikalisch. Ansonsten kann man sich das vermutlich sparen.
  4. Jemanden oder etwas zu hassen, ist kein natürlicher Zustand. Man muss nicht jeden lieben oder gar mögen, aber Hass kostet einfach nur Energie und macht einen selber fertig. Warum sich also mit so etwas abgeben?
  5. Einfach mal kein Arschloch sein. Kurz darüber nachdenken: »Ist das, was ich tun will, irgendwas, was anderen Leuten psychischen oder physischen Schaden beschert?« Ist die Antwort ja, ist die Chance groß, dass man ein Arschloch ist.

Wähle kein Arschloch. Unterstütze kein Arschloch. Sei kein Arschloch.

Das Schiff der Verdammten – Gedanken zum Holocaust und der Flüchtlingskrise 2018

Achtung: Akute Tiraden-Gefahr!

Denen, die hier öfter mitlesen, dürfte wohl klar sein, wie ich in der Frage der Flüchtlingskrise stehe. Um es noch mal ganz deutlich zu sagen: Ich habe grundsätzlich ein Problem damit, Leute irgendwo verrecken zu lassen. Ganz besonders im Meer, immerhin war ich – ganz wie Martin in meinem Buch »Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens« – früher mal Rettungsschwimmer und -taucher. Meine Idee dahinter war ja auch nicht zu Ertrinkenden zu schwimmen und dann zu sagen: »Tja, hättest du mal Schwimmen gelernt, was?«
Mir stößt es auch sauer auf, wenn damit argumentiert wird, dass die ja in den Ländern bleiben könnten, von denen sie aus flüchten oder ins Meer starten. Das ist in etwa so, als würde ich jemanden in einem brennenden Haus sagen: »Ja, weißte, geh doch ins Erdgeschoß, da brennt es noch nicht.«
Noch mehr ärgern tut mich aber, dass man – mal wieder – nichts aus der Geschichte lernt. Denn – Überraschung! – wir hatten das alles schon mal!

Setzt euch hin, nehmt euch einen Keks und hört Onkel Sebastian mal zu, wie er euch von St. Louis erzählt. Nein, nicht der Stadt … dem Schiff!

Im Mai 1939 war es in Deutschland irgendwie nicht mehr wirklich gemütlich. Hitler war schon sechs Jahre an der Macht und hatte praktisch von Anfang an die Juden verfolgen lassen. Nun durften sie nicht mehr so leben wie zuvor, Konzentrationslager gab es auch schon eine Weile und alles war daraufhin ausgerichtet, es ihnen so schwer wie möglich zu machen. Trotzdem blieben viele, denn Deutschland war ihre Heimat. Selbst als sie 1935 ihrer Bürgerrechte beraubt wurden, blieben viele. Manche vielleicht auch, weil sie es sich schlichtweg nicht leisten konnten, auszuwandern. Aber nach der Reichskristallnacht 1938 dachten dann doch etliche: »Also wenn wir hier um unser Leben fürchten müssen, gehen wir doch lieber ins Ausland.«
1933 wanderten um die 38.000 Juden aus. 1934-1937 waren es jährlich so ca. 20.000-25.000. 1938 sprang die Zahl auf 40.000.
1938 hatten dann auch ein paar Länder eine Konferenz in Évian, wo sie lang und breit diskutierten, wie man denn mit den jüdischen Flüchtlingen umgehen sollte. Das war nämlich mittlerweile zum Problem geworden. Die bösen, bösen jüdischen Flüchtlinge wollten nämlich bestimmt nur den Leuten die Arbeitsplätze wegnehmen. Oder – was weiß ich – die westliche Welt verjüdisieren. Terroranschläge wollten sie bestimmt auch machen. Und die teilnehmenden Länder, darunter die USA, Kanada, Mexiko, Frankreich, Großbritannien und Australien, sagten alle: »Nee, die wollen wir nicht. Wir haben ja eigene Probleme und so. Und überhaupt: Iiiiih, Juden.«
Einige Länder, vor allem in Osteuropa, gingen sogar so weit zu sagen: »Wisst ihr was: Wir hätten da auch noch Juden, die wir gerne loswerden würden.«
Die meisten Länder reagierten nach der Art: »Na ja, aufnehmen können wir die nicht. Durchreise … ja, vielleicht … aber ansonsten …«. Ein paar Länder jedoch sagten tatsächlich: »Aber wir würden einen ganzen Haufen nehmen.« So z.B. die Dominikanische Republik, dessen »Präsident« – eigentlich Diktator – im vorherigen Jahr 27.000 schwarze Haitianer ermorden ließ, damit das Land etwas weißer werden würde. Da hätten die Juden bestimmt viel Spaß mit dem gehabt, aber die konnten sich ja nicht wirklich äußern, denn man hatte vorsorglich keine zur Konferenz eingeladen. Warum auch … hätte man ja hören müssen, was die zu sagen haben.
Im Endeffekt einigte man sich darauf, dass man ein Komitee gründen sollte, dass sich darüber dann mal Gedanken macht.

Soweit zum damaligen Stand der Dinge.

1939 lässt Deutschland noch Juden ausreisen. Ein paar Juden hatten sich Touristenvisa für Kuba und manche sogar Einwanderungspapiere für die USA beschaffen können. Am 13. Mai 1939 stiegen sie alle auf das Kreuzfahrtschiff »St. Louis« der Hapag. An den Hamburger Landungsbrücken verabschieden sich Familien, wohl wissend, dass sie sich wohl nicht mehr sehen werden. Eine Kapelle spielt »Muss I denn zum Städtele hinaus«, weil das überhaupt keinen höhnischen Eindruck macht.
Der Staat hatte vorher den Ausreisenden praktisch alles genommen. Jeder Passagier durfte nur 10 Reichsmark und Waren im Wert von 1000 Reichsmark mitnehmen. Im Grunde wollte der Staat sicherstellen, dass die Flüchtlinge dem Land, in das sie zu migrieren versuchten, auch wirklich zur Last fallen würden.
War die Stimmung anfangs auf dem Boot noch hoffnungsvoll, wurde den Leuten doch nach einer Weile klar, dass sie mit einem Touristenvisum unter Umständen nicht lange hinkommen. Außerdem gab es Gerüchte an Bord, dass es in Kuba einen Regierungswechsel gegeben und die neue Regierung die Einreisebedingungen verschärft hätte. Einer der Passagiere starb an einem Herzinfarkt und vorsorglich nahm man eine Seebestattung vor, um die Einreise nicht zu gefährden. Ein anderer Passagier, offenbar schon völlig runter mit den Nerven, sprang gleich hinterher und konnte nicht mehr gerettet werden.
Am 27. Mai konnte die St. Louis dann in Havanna anlegen. Alle freuten sich schon, aber dann kamen Soldaten und drängen sie wieder zurück aufs Schiff. Die Regierung behauptete, dass die Einreisebewilligungen illegal waren. Bis heute weiß man nicht so richtig, was los war. War vielleicht wie heute in Deutschland, wo man erst sagte: »Yay, toll, dass ihr überlebt hat, Flüchtlinge!« Und danach »Boah, geht doch wo ihr wohnt.«
Die Stimmung an Bord war danach nicht gerade bombig zu nennen. Der Kapitän, der sich um Lösungen bemühte, wurde nun angefeindet. Ein Passagier schnitt sich die Pulsadern auf und sprang über Bord, weil er dachte: »Doppelt hält besser.« Man konnte ihn jedoch retten. Daraufhin ordnete der Kapitän allerdings »Selbstmordverhütungsrundgänge« an. Der Typ, der sich die Pulsadern aufgeschnitten hatte, wurde dann aus Mitleid an Land gelassen. Da dachten sich die anderen Passagiere bestimmt auch:« Hmmm, Pulsadern!« Auf jeden Fall war der Typ, der an Land gelassen wurde, damit noch einer der Glücklichen.
Kuba verscheuchte das Schiff. »Husche, husche!«
Selbst der Kapitän wusste nicht wirklich, was er machen sollte. Also fuhr er erst mal Richtung Florida. Die USA sagten aber: »Leute, wir haben eine Quote, die haben wir erfüllt. Tschüssikowski.«
Das wollte der Kapitän aber nicht so auf sich sitzen lassen. Er versuchte, illegal zu landen, allerdings wurde das bemerkt. Danach wurden sie noch von Flugzeugen bedroht.
Dem US-Präsident Roosevelt kamen Zweifel: »Ach, lassen wir die doch rein«, aber sein Außenminister Cordell Hull entgegnete »Nee, nachher kommen noch mehr oder so. Dann wird hier alles verjüdischt.«
Daraufhin sagte Roosevelt: »Ey, steht nicht auf der Freiheitsstatue sowas wie ›Gebt mir eure Müden, eure Armen/Eure geknechteten Massen, die sich danach sehnen, frei zu atmen‹? Heißt das nicht, dass wir uns um die kümmern sollten?«
»Äh, ach was, sind doch nur Schmarotzer«, sagte Hull und freute sich schon mal auf den Friedensnobelpreis, den er später bekommen sollte.
Die St. Louis schipperte dann noch ein wenig hin und her, aber war kurz davor keinen Sprit mehr zu haben, bis dann Großbritannien, Belgien, die Niederlande und Frankreich sagten: »Ja, Mann, dann kommt halt her.«
Also kamen die Juden zurück nach Europa, weil da die Lage so absolut super war.

Kein halbes Jahr später überfiel Deutschland die anderen Länder. Die Juden wurden zusammengetrieben, in Konzentrationslager geschafft und dort umgebracht. Von den 937 Juden an Bord der St. Louis starben 254 während des Holocaust. Nur die in Großbritannien gebliebenen Flüchtlinge waren sicher. Ach ja, und dann waren da noch die sechs Millionen anderen Juden, die nicht flüchten konnten …

Es gab noch andere Schiffe, wie die St. Louis. Diese hatten ein ähnliches Schicksal. Und heute wird es wieder ganz genau so gemacht, wie damals schon. Nur das die heutigen Flüchtlinge noch nicht mal ein ordentliches Schiff haben, auf dem sie unterkommen können. Und wieder wird die Unmenschlichkeit und das Unvermögen der westlichen Länder auf Kosten der Migranten zur Schau gestellt. Diesmal wird nur von deutscher Seite vorgeschlagen, ob man nicht Konzentrationslager aufbauen könnte. In den einzelnen Ländern. Das Know-How könnten wir den Ländern ja vielleicht noch verkaufen. Muss sich doch auch lohnen …

Es streitet niemand ab, dass in den Ländern, aus denen die Flüchtlinge kommen, eine Lösung erfolgen muss. Um noch einmal die Analogie des brennenden Hauses zu benutzen: Natürlich muss die Feuerwehr das brennende Haus löschen. Solange muss ich mich aber um die flüchtenden Einwohner kümmern, die ganz offensichtlich nicht zurück in ihre Wohnungen können. Sie einzusperren, nicht heraus zu lassen und ihnen jede Hilfe zu verweigern ist schlichtweg Mord.

Christopher Street Day

Am 28.06.1969 kam es zu einem gewaltsamen Konflikt zwischen Homosexuellen, Transsexuellen und Polizisten in New York. Es war eines der wichtigsten Ereignisse in der Lesben- und Schwulenbewegung und wird in der Regel jedes Jahr an einem Wochenende um dieses Datum herum gefeiert. Je nachdem wo man auf der Welt wohnt, wird an dieses Ereignis mit dem Namen der Straße, in welcher der Aufstand stattfand, gedacht, oder mit dem Namen der Kneipe, wo der Konflikt begann: Im englischsprachigen Raum ist es Stonewall oder Stonewall Day, im deutschen Sprachraum der Christopher Street Day.

Um zu erklären, was da eigentlich los war, hole ich mal ein wenig aus:
Während man in der Antike – keine Bange: Ich fasse mich kurz – der Sache mit der Homosexualität recht aufgeschlossen gegenüberstand, kam irgendwann die Kirche und sagte: »Iiiiiih, könnt ihr doch nicht machen.«
»Warum nicht?«, fragten die Homosexuellen. »Jesus hat dazu nie was gesagt und das, was im alten Testament steht, gilt ja eigentlich nicht mehr, insofern …«
»Könnt ihr nicht machen, basta!«
»Manno.«
Solange der christliche Glaube stark war, hielt man sich mit der ganzen Homosexualität also eher bedeckt. Aber wie das nun mal so ist: Man sucht sich das ja nicht aus. Schwule und Lesben gab und gibt es immer wieder. Und wie es so schön heißt: »Gleich und gleich gesellt sich gern«, insofern gab es natürlich auch immer Treffpunkte, an denen Homosexuelle zusammentrafen.

1969 war ein Jahr, welches das Ende eines Jahrzehnts markierte, in dem einschneidende Dinge in Amerika passierten. Kalter Krieg; Kubakrise; ein erschossener Präsident; Musik, die von etwas mehr handelte als »Schubidubidu«, was sicher auch an der besseren Verbreitung von Drogen lag … aber eben auch die Bürgerrechtsbewegung der Schwarzen und der Vietnamkrieg und die damit verbundenen Demonstrationen im Land. Die beide letzten Punkte hatten letztendlich zu einer starken Protestkultur in den USA geführt. Man stand der Polizei und ihren teilweise fragwürdigen Methoden nicht mehr hilflos gegenüber. Alle waren sich viel mehr ihrer Rechte bewusst. Und das ging auch an der Homosexuellenszene nicht vorbei. Es gab einige Politiker, die sich öffentlich dazu bekannten schwul zu sein und die ersten Bewegungen für Homosexuellenrechte waren entstanden. Aber noch gärte es unter der Oberfläche.

In den USA war es gang und gäbe, Razzien in Kneipen oder Etablissements durchzuführen, die als Schwulentreffs bekannt waren. Die Polizei nahm die Personalien der angetroffenen Personen auf, um sie dann zu veröffentlichen. Das war für die Homosexuellen wenig prickelnd, denn auch Chefs oder Mitarbeiter waren durchaus Kleingeister, die dachten, dass die sexuellen Vorlieben ihrer Kollegen sie irgendwas angingen. Man rennt ja ansonsten auch nicht herum, und erzählt seinen Kollegen: »Rat mal, was ich am Wochenende mit meiner Frau, drei Bananen, zwölf Kondomen und acht Liter Pflaumenmus gemacht habe?« Wissen will man es auch nicht. Na ja, vielleicht ein wenig, aber es geht einen halt nichts an. Als Homosexueller, der oder die sich das nicht aussuchen konnte, wurde man so schnell mal schief angesehen, geschnitten oder gar arbeitslos.
Irgendwann ging man in Amerika sogar so weit, dass man »Lockvögel« benutzte, um anderen Leuten Anstößigkeit oder unsittliches Benehmen anhängen zu können. Irgendwann schien man aber darauf zu kommen, dass das, was zwischen zwei den Dingen zustimmenden Erwachsenen zugeht, eigentlich nicht beachtenswert ist. Dann wollte man offenbar einfach den Leuten nur noch die Abende versauen: »Wat is’n, wenn wir den Ausschank von Alkohol an Homosexuelle verbieten?«
Wie oben bereits erwähnt: In den 60er Jahren gab es die ersten Schwulenrechtsbewegungen, und die brachten die Menschenrechtskommission dazu einzugreifen und zu sagen: »Dat lasst mal schön bleiben.«
In der Folge schossen Bars für Homosexuelle aus dem Boden. So auch das Stonewall Inn.

Das Stonewall Inn war eine Bar nicht nur für Schwule und Lesben. Auch Individuen, die sonst nicht gerne gesehen wurden, waren dort zu Gast. Mit anderen Worten: Schwarze und Latinos.
Dummerweise war die Kneipe in der Hand von Mafiosi, eine Schankerlaubnis hatte sie auch nicht und die Polizei fand, dass man da mal was machen müsste. Außerdem gab es in der Zeit Diebstähle bei Börsenhändlern der Wall Street, die man mit Homosexuellenkreisen in Verbindung brachte oder zumindest mit den Mafiosi, die den Laden betrieben. Und schwarze Schwule oder Lesben gingen in den Augen der Polizei schon gar nicht.

Am Tag vor der Razzia im Stonewall Inn fand die Beerdigung der Schwulenikone Judy Garland statt. Die Schauspielerin, welche die meisten wohl aus dem Film »Der Zauberer von Oz« kennen, hatte mal gesagt, dass ihr egal war, dass sie für viele Schwule eine Ikone war, weil sie einfach für alle Menschen singen wollte. Mit anderen Worten: Bei Schwulen und Lesben hatte die echt ein Stein im Brett und alle liebten sie. Insofern war man in diesen Kreisen schon etwas aufgewühlt, bevor es überhaupt zu Handgreiflichkeiten kam.
Nachts um halb Zwei kam die Polizei in die Kneipe und begann Leute festzunehmen. Dabei ging sie wenig zimperlich vor, denn – klar – man hatte bei den Protesten der Schwarzen und Vietnamgegner gelernt, wie man mit seinem Schlagstock umzugehen hatte. »Erst kloppen, dann fragen. Am besten kloppen, bis man nicht mehr fragen kann.« So oder ähnlich war das. Die Polizei war auch nicht gerade für ihre Subtilität bekannt. Oder für den Mangel an Leuten, die Freude dabei empfanden, wenn man Leute belästigen konnte. Insofern war es für die Homosexuellen wohl durchaus erniedrigend, als bei etlichen zunächst mal festgestellt werden musste, ob sie Männlein oder Weiblein waren. Männer in Frauenkleidern, die auf der Toilette als solche identifiziert wurden, führte man ab. Ein paar Lesben wurden von der Polizei besonders eingehend untersucht. Das war dann diese »Du brauchst nur mal einen richtigen Mann«-Nummer.
Die Leute, die man gehen ließ, sammelten sich entgegen der sonstigen Vorgehensweise, welche man am besten mit: »Ich mach mal, dass ich weg komme« umschreiben konnte, draußen vor der Tür und beobachteten das Geschehen. Die Menge wurde immer größer, da auch aus umliegenden Kneipen weitere Zuschauer kamen.

Und so langsam wurde der Polizei mulmig.

Als einer der Polizisten einen Transvestiten schubste, der ihm daraufhin seine Handtasche über den Kopf zog, begann die Menge unruhig zu werden. Gerüchte darüber, dass im Inneren der Kneipe Leute verdroschen wurden, machten in der Menge draußen die Runde. Kleingeld und Bierflaschen wurden gegen die Autos der Polizei geworfen. Die Menge begann zu buhen.
Dann wurde eine Lesbe herausgeführt, die sich beschwerte, dass ihre Handschellen zu eng waren. Sie wehrte sich gegen die Grobheit der Polizisten und wurde von einem Schlagstock am Kopf getroffen. Und das war dann praktisch das I-Tüpfelchen bzw. die Beule am Kopf, die den Mob zum Ausrasten brachte.
Während einige Polizisten den Herannahenden ordentlich eins auf die Rübe gaben, was die Zuschauer noch ärgerlicher machte, reagierten andere Polizisten mit »Ohshitohshitohshit«. Sie setzten sich ins Auto und hauten ab. Andere verschanzten sich in der Kneipe.
Irgendwann erschien dann eine Sondereinheit der Polizei, um die Beamten in der Kneipe zu befreien, und formierte eine Phalanx, um den Mob zurückzutreiben. Der reagierte darauf, in dem er eine Kick Line à là »A Chorus Line« formierte und dabei zotige Lieder sang. Aber vermutlich hatten die Polizisten irgendwann genug von der Demonstration solcher Schwulheit und schlugen drauflos – weil sie von ein paar Drag Queens verarscht wurden.
Ein paar Stunden später war im Stonewall Inn praktisch alles kaputt, dreizehn Leute waren verhaftet, einige im Krankenhaus und die Gemeinde der Schwulen und Lesben vereint wie noch nie. Am nächsten Abend machte das Stonewall Inn wieder auf und über 1000 Leute versammelten sich auf der Straße, laut »Gay Power!« rufend. Wieder erschien die Polizei und wieder passierte das, was am Tag zuvor passierte: Kick Lines wurden aufgestellt und die Polizei schlug sie nieder.
Aber der nun öffentlich zur Schau gestellte Stolz der Schwulen und Lesben griff auf immer mehr Leute über. Landesweit. Gruppen für Homosexuelle wurden gegründet, die sich nicht mehr hinter obskuren Namen verbargen, um den eigentlichen Zweck zu verschleiern. Erstmals benutzten Gruppen öffentlich das Wort »gay« in ihren Namen. Einige der Organisationen übernahmen die Taktiken der Schwarzenbewegung oder der Anti-Kriegsdemonstraten. Schwul oder lesbisch zu sein, wurde nicht mehr versteckt.

Sicher, die Razzien auf Schwulenbars hörten deswegen nicht auf. Zumindest zunächst nicht, aber das Zeichen war gesetzt. Und es ist kaum abzustreiten, dass sich seitdem eine Menge getan hat, auch wenn es immer noch Idioten gibt, die meinen sich in die Belange von Anderen einmischen und darüber urteilen zu müssen, was wer in seinem privaten Umfeld macht.

Ein Jahr nach dem Vorfall in der Christopher Street gab es die ersten »Gay Pride«- Märsche in mehreren Städten der USA. Zwei Jahre darauf fanden diese auch in mehreren internationalen Städten statt, darunter West-Berlin. Mittlerweile sind die Märsche für viele nicht mehr aus den Städten wegzudenken. Dieses Jahr finden in 241 Städten weltweit »Gay Pride«-Märsche statt.

In vielen deutschen Städten wird der Christopher Street Day dieses Jahr übrigens am 28.07. gefeiert, also genau einen Monat nach dem eigentlichen Tag. Geht da ruhig mal hin. Wenn man etwas über die CSD-Demonstrationen behaupten kann, dann ist es, dass sie wesentlich spaßiger, als alle anderen Demonstrationen sind.

 

Der Text stammt ursprünglich aus dem Jahr 2018, deswegen können manche Daten nicht mehr stimmen.

Siebenschläftertag

Heute ist Siebenschläfertag. Also im Grunde kein Feiertag, aber trotzdem irgendwie ein wichtiger Tag, weil das Wetter an diesem Tag laut alten Bauernregeln für die nächsten Wochen bestimmend ist. Tatsächlich hat man wissenschaftlich herausgefunden, dass da durchaus was dran ist, allerdings bezieht sich das eher auf den 7. Juli, wo der Siebenschläfertag nämlich aufgrund der gregorianischen Kalenderreform sein müsste.
Anders ausgedrückt: Heute ist gar nicht Siebenschläfertag. Eigentlich erst am 7. Juli. Aber im Kalender steht 27. Juni, weil irgendwelche Reformen immer alle möglichen Leute verwirren. Wurst…
Aber warum heißt der Siebenschläfertag eigentlich Siebenschläfertag?

Das hat – wer hätte das gedacht – etwas mit der Kirche zu tun. Allerdings gibt es diese Legende von den sieben Schläfern tatsächlich im Christentum als auch im Islam! Wir haben also heute den großen Integrationstag!

Der Legende nach kam im Jahr 251 der römische Kaiser Decius nach Ephesus, um an den Opferfesten für die heidnischen Götter teilzunehmen und nebenher ein paar Christen umzubringen. Jeder braucht halt ein Hobby. Tatsächlich bringt er so viele um, dass sich bald die Stadtmauern biegen, auf denen die Toten gestapelt werden. Sieben junge Christen, die im Palast ihren Dienst taten, wurden verraten und zu Decius gebracht, der sie sich ansah und sinngemäß sagte: »Meine Fresse, ihr seid ja noch ganz schön jung. Ich finde zwar Christen abmetzeln irgendwie witzig, aber wenn ihr abschwört und unseren Göttern Opfer bringt, ist alles knorke.«
»Nee, wollen wir nicht.«
»Leute, soll ich euch gleich umbringen?«
»Also, wenn Sie das so sagen…«
»Ich gebe euch noch ein wenig Bedenkzeit. Ich fahr ein paar Tage in die umliegenden Ortschaften und schau mal, wen ich da noch alles umbringen kann.«
»Klingt nach einer Super-Idee.«
Darauf zogen die sieben jungen Christen los, begannen Almosen zu sammeln und zu verteilen, weil man sowas halt macht, wenn man gerade mit dem Tod bedroht wurde. Irgendwann merkten sie aber, dass sie was Wichtiges vergessen hatten.
»Wartet mal«, sagte einer der Christen, »kommt Decius nicht wieder zurück?«
»Ach ja, verdammt. Wat machen wir denn jetzt?«
»Scheiß was auf die Armen, wir nehmen das Geld von den Almosen, kaufen noch etwas Nahrung und verstecken uns in einer Höhle.«
»Wir könnten auch einfach das Land verlassen und es uns irgendwo nett machen«, sagte einer der Christen, aber die anderen schüttelten die Köpfe.
»Nee, Höhle ist das geilste überhaupt.«
Also schickten sie den Jüngsten von ihnen als Bettler verkleidet los, um noch etwas Brot zu kaufen. Und der rannte prompt Decius über den Weg.
»Hey, bist du nicht einer von diesen jungen …«
»Ohshitohshitohshit«, sagte der Jüngste der Christen und rannte weg.
Als er in der Höhle ankam, starrten ihn die anderen an. »Alter, du solltest doch Brot kaufen! Wat hast du denn da? Zwei, drei Stück?«
»Na, kauf du doch mal ein, wenn der Typ, der dich umbringen will plötzlich vor dir steht.«
»Hm, ja.«
»Wat machen wir denn jetzt?«
»Wir könnten uns ein wenig hinlegen.«
»Wir haben nüscht zu essen und sollen uns einfach hinlegen? So als ob nichts wär?«
»Ja, hier, wie heißt er … Gott, genau … der wird uns schon helfen.«
»Das klingt … natürlich absolut einleuchtend.«
Also machten sie ein Nickerchen.
Decius fand das irgendwie doof und wies seine Leute an, nach den jungen Christen zu suchen. Die fanden die aber nicht und so ging Decius zu den Eltern der Christen und sagte: »Passt mal auf, Leute. Wenn ihr mir nicht sagt, wo eure Kinder sind, schauen wir mal wie lange ihr Schmerz vertragt.«
Die Eltern der Christen sahen sich an und sagten dann hastig: »Die sind in der Höhle, da hinten. Warten Sie mal kurz, wir zeichnen das auf einer Karte ein.«
»Mann, das war ja einfacher als gedacht«, sagte Decius. »Wartet mal, wenn eure Kinder alle Christen sind, dann seid ihr doch bestimmt auch …«
»Nee, nee, nee, nee, nee, nee. Wirklich nicht. Gar nicht. Yay, Jupiter und Athene!«, sagte einer der Väter.
»Athene ist aus Griechenland, du Depp«, murmelte eine der Mütter.
»Yay, Jupiter und wie auch immer die heißt!«, sagte der Vater.
Daraufhin sagte Decius: »Na, das will ich mal durchgehen lassen.«
Statt seine Leute anzuweisen, die Christen aus der Höhle zu holen, sagte er ihnen aber, dass sie die einmauern sollen.
»Die leben doch aber noch«, sagte einer der Zenturios.
»Muss ich alles zweimal sagen?«
»Nee, schon gut. Bißchen brutal vieleicht, aber okay.«
Zwei christliche Diener des Kaisers, die er aus irgendeinem Grund nicht umgebracht hatte, schrieben schnell auf Bleiplatten, die sie anscheinend immer bei sich trugen, was sich zugetragen hatte und versteckten die unter den Steinen am Höhleneingang. Nicht etwa davor oder so, damit man vielleicht die Leute in der Höhle noch hätte finden können. Nein, nein.
Dann machte sich Decius auf den Weg und verstarb auch relativ bald.
Aber keiner kam auf die gottverdammte Idee, vielleicht mal die Steine von der blöden Höhle zu räumen, um zu schauen, ob man den Jünglingen irgendwie helfen könnte.
Bis knapp 200 Jahre später einer einen Viehstall bauen wollte, weswegen Arbeiter die Steine vom Höhleneingang wegschleppten. Da wachten die jungen Christen in der Höhle wieder auf und dachten: »Na, schauen wir mal, was draußen los ist.«
Wieder schickten sie den Jüngsten, der ja nun auch schon satte 200 Lenze hatte, los, damit der endlich den Rest vom Brot kauft. Als der in die Stadt kam, erkannte er sie kaum wieder. Und der Bäcker, von dem er Brot kaufen wollte, sah seine Münzen und dachte: »Alter, wat soll’n dit?«
»Na, das ist das übliche Zahlungsmittel.«
»Entweder du hast jetzt richtiges Geld dabei oder ich hol dir Polizei.«
Und so wurde der Junge festgenommen und erzählte seine Geschichte und führte gleich eine ganze Baggage von Leuten zur Höhle, darunter den Bischof, der prompt die blöden Bleitafeln entdeckte, die erklärten was vorgefallen war.
Irgendwer erklärt den jungen Christen, dass sie fast 200 Jahre geschlafen hatten.
»Wat du nich sagst«, erwiderten die Christen. »Da hat Gott, der alte Schwerenöter, uns tatsächlich gerettet.«
Und dann starben sie.
Aber anstatt zu fragen »Warum lässt Gott die Typen erst 200 Jahre schlafen, nur um sie gleich wieder umzubringen?«, tanzten alle Bewohner von Ephesus herum, riefen »Gott ist groß« und so einen Kram und bauten dann eine Kirche auf der Höhle.

Ja. Dit war dit …

Pfingsten

Heute ist Pfingsten. Den meisten Leuten ist klar, dass das irgendwas mit der Kirche zu tun hat und dass man am Pfingstmontag frei hat, obwohl wir eigentlich in einem Staat leben, der nichts mit der Kirche am Hut haben sollte. Aber man will sich ja nicht über einen freien Tag beschweren, gell? Wenn man aber irgendwen fragt, was Pfingsten ist, dann kriegt man eben meistens nur gesagt: »Ja, da ist frei« oder »Wat weiß ich«.

Also: Was ist Pfingsten?

Das Ereignis, an dem der heilige Geist über die Jünger gekommen ist. Nein, nicht auf diese Art und Weise, aber es war trotzdem ziemlich abgedreht. Was sagt denn die Bibel dazu? In der Apostelgeschichte, Kapitel 2 steht folgendes:

Und als der Tag der Pfingsten erfüllt war – Man kannte also bereits den Namen, obwohl es erst dann stattfand … ein Wunder! – , waren sie alle einmütig beieinander. Und es geschah schnell ein Brausen vom Himmel wie eines gewaltigen Windes und erfüllte das ganze Haus, da sie saßen.
Und einer der Jünger sagte: »Lukas, hast du schon wieder Bohnen gegessen?«
Aber Lukas sagte: »Nein.«
Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeglichen unter ihnen; und sie wurden alle voll des Heiligen Geistes und fingen an, zu predigen mit anderen Zungen, nach dem der Geist ihnen gab auszusprechen.
Und Lukas sagte: »Alter, ich glaube, in den Pilzen war irgendwas drin.«
Es waren aber Juden zu Jerusalem wohnend, die waren gottesfürchtige Männer aus allerlei Volk, das unter dem Himmel ist. Da nun diese Stimme geschah, kam die Menge zusammen und wurden bestürzt; denn es hörte ein jeglicher, dass sie mit seiner Sprache redeten. Sie entsetzten sich aber alle, verwunderten sich und sprachen untereinander: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa? Wie hören wir denn ein jeglicher seine Sprache, darin wir geboren sind? Parther und Meder und Elamiter, und die wir wohnen in Mesopotamien und in Judäa und Kappadokien, Pontus und Asien, Phrygien und Pamphylien, Ägypten und an den Enden von Libyen bei Kyrene und Ausländer von Rom, Juden und Judengenossen, Kreter und Araber: wir hören sie mit unsern Zungen die großen Taten Gottes reden.«
Und die Frauen sahen sich an und sagten: »Das ist echt abgedrehter Scheiß. Außerdem hat da wer in Geographie aufgepasst und will jetzt angeben?«
Sie entsetzten sich aber alle und wurden irre – weil man damals nicht erst mal besonnen nachdachte – und sprachen einer zu dem andern: »Was will das werden?«
Die andern aber hatten’s ihren Spott und sprachen: »Sie sind voll süßen Weins.«
Da trat Petrus auf mit den Elfen, erhob seine Stimme und redete zu ihnen: »Legolas, was sehen deine Elfenaugen?«
Und Legolas sagte: »Ey, warte mal, was zum Teufel machen Elfen in der Bibel?«
Und Petrus sagte: »Alter, ich glaube, ich bin einfach immer noch auf dem Trip.« Dann sagte er: »Ihr Juden, liebe Männer – Frauen lasse ich jetzt mal bewusst weg – , und alle, die ihr zu Jerusalem wohnet, das sei euch kundgetan, und lasset meine Worte zu euren Ohren eingehen. Denn diese sind nicht trunken, wie ihr wähnet, sintemal es ist die dritte Stunde am Tage; sondern das ist’s, was durch den Propheten Joel – Oder war es Kevin? – zuvor gesagt ist:«
Und die Leute sagten: »So wie der redet hat er aber doch ganz schön einen im Tee.«
Aber Petrus sprach weiter: »Und es soll geschehen in den letzten Tagen«, spricht Gott, »ich will ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Ältesten sollen Träume haben; und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in denselben Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen. Und ich will Wunder tun oben im Himmel und Zeichen unten auf Erden: Blut und Feuer und Rauchdampf; die Sonne soll sich verkehren in Finsternis und der Mond in Blut, ehe denn der große und offenbare Tag des HERRN kommt. Und soll geschehen, wer den Namen des HERRN anrufen wird, der soll selig werden.«
Und alle so: »Wat?«
Doch Petrus fuhr fort: »Ihr Männer von Israel, höret diese Worte: Jesum von Nazareth, den Mann, von Gott unter euch mit Taten und Wundern und Zeichen erwiesen, welche Gott durch ihn tat unter euch (wie denn auch ihr selbst wisset), denselben (nachdem er aus bedachtem Rat und Vorsehung Gottes übergeben war) habt ihr genommen durch die Hände der Ungerechten und ihn angeheftet und erwürgt.«
»Ey«, sagte einer der Zuschauer, »ich dachte, die hatten den gekreuzigt? Und hieß der Typ nicht Jesus? Meine Fresse, der nuschelt aber auch.«
Aber das Volk machte: »Psssssssssst!«
Petrus fuhr fort: »Den hat Gott auferweckt, und aufgelöst die Schmerzen des Todes, wie es denn unmöglich war, dass er sollte von ihm gehalten werden. Denn David spricht von ihm: »Ich habe den HERRN allezeit vorgesetzt vor mein Angesicht; denn er ist an meiner Rechten, auf daß ich nicht bewegt werde. Darum ist mein Herz fröhlich, und meine Zunge freuet sich; denn auch mein Fleisch wird ruhen in der Hoffnung. Denn du wirst meine Seele nicht dem Tode lassen, auch nicht zugeben, dass dein Heiliger die Verwesung sehe. Du hast mir kundgetan die Wege des Lebens; du wirst mich erfüllen mit Freuden vor deinem Angesicht.«
Und die Zuschauer sagten: »Und der behauptet, er hätte nicht gesoffen. Schon klar.«
Petrus sprach weiter: »Ihr Männer, liebe Brüder, lasset mich frei reden zu euch von dem Erzvater David. Er ist gestorben und begraben, und sein Grab ist bei uns bis auf diesen Tag. Da er nun ein Prophet war und wußte, dass ihm Gott verheißen hatte mit einem Eide, dass die Frucht seiner Lenden sollte auf seinem Stuhl sitzen, hat er’s zuvor gesehen und geredet von der Auferstehung Christi, dass seine Seele nicht dem Tode gelassen ist und sein Fleisch die Verwesung nicht gesehen hat. Diesen Jesus hat Gott auferweckt; des sind wir alle Zeugen. Nun er durch die Rechte Gottes erhöht ist und empfangen hat die Verheißung des Heiligen Geistes vom Vater, hat er ausgegossen dies, das ihr sehet und höret. Denn David ist nicht gen Himmel gefahren. Er spricht aber: »Der HERR hat gesagt zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis dass ich deine Feinde lege zum Schemel deiner Füße.« So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zu einem HERRN und Christus gemacht hat.«
»Also doch gekreuzigt«, sagte einer der Zuschauer.
»Pssst!«, machte die Menge.

Und mit dieser ersten Predigt von Petrus könnte man sagen, dass die Kirche gegründet war. Pfingsten ist also so etwas wie die Geburtsstunde der christlichen Kirche.
Bin mir nicht ganz sicher, ob ein »Happy Birthday!« angebracht ist, in Anbetracht der Tatsache, was im Namen der Kirche so angestellt wurde…