Historie

Geschichten zum Tag: 15.08. – Mariä Himmelfahrt

Heute ist der 15. August und an diesem Tag feiern mehrere christliche Konfessionen »Mariä Aufnahme in den Himmel«, auch »Mariä Himmelfahrt« oder in den Ostkirchen auch »Hochfest des Entschlafens der allheiligen Gottesgebärerin« genannt, weil das besser über die Zunge geht. Mancherorts ist das sogar ein Feiertag, damit man genug Zeit hat, sich im Gedenken an sie ordentlich einen anzulöten.
Nun kann man sich fragen: Was genau soll denn Mariä Himmelfahrt sein und warum zum Teufel schreibt man die mit »ä«?
Beantworten wir mal den zweiten Teil zuerst: Im Lateinischen spricht man von der Jungfrau Maria als »Mariae virginis«. Irgendwer, der das übersetzen sollte, meinte dann wohl, dass man das »e« nicht unterschlagen sollte und weil »ae« im Deutschen eben »ä« ergibt, sagt man noch heute »Mariä«. Natürlich hätte damals jemand dem Übersetzer auch eine über die Rübe ziehen können, damit der seinen Job richtig macht, aber Gläubige sind ja friedfertig – zumindest wenn sie nicht gerade mit Andersgläubigen zu tun haben – weswegen das vielleicht keiner wollte.
Ansonsten ist der Name bei »Mariä Himmelfahrt« schon Programm: Sie soll an dem Tag in den Himmel aufgefahren sein. Mit Leib und Seele. Sagte zumindest mal Bischof Kyrill von Alexandrien im frühen fünften Jahrhundert, also vierhundert und ein paar zerquetschte Jahre nach dem Tod von Jesus und vermutlich seiner Mutter, weil man das da noch so gut im Gedächtnis hatte.
Kyrill war maßgeblich daran beteiligt, dass man Maria als »Gottesmutter« sah. Das hatte er durch Bestechung und Gewalt erreicht, denn … so macht man das halt als guter Christ. Und weil er das schon mal erreicht hatte, meinte er auch gleich noch: »Irgendwie müssen wir die doch auch feiern, meint ihr nicht?«
Und alle sagten: »Also wenn wir damit wieder eine Gelegenheit für Sauf- und Fressgelage kriegen… klar! Was genau wollen wir denn feiern? Ihren Geburtstag?«
»Weiß doch kein Schwein, wann das war.«
»Wann sie gestorben ist, weiß doch auch keiner.«
»Stimmt. Aber bei Gedenken hat man halt in erster Linie den Tod im Kopf, oder?«
Alle nickten.
»Aber wann wollen wir das denn machen? Ist ja nicht so, als ob da in der Bibel irgendwas konkretes steht. «
Daraufhin sagte Kyrill: »Am 15. August ist doch so ein römisches Fest, Feriae Augusti. Da die Römer ohnehin auf dem absteigenden Ast sind, können wir das doch übernehmen und die Leute wissen schon mal, das an dem Datum gefeiert wird.«
Und alle so: »Mensch, tolle Idee, du.«
Also im Grunde nahm man einen römischen Feiertag, an welchem dem Sieg von Augustus über Marcus Antonius und Kleopatra gedacht wurde, zu einem christlichen Feiertag, weil da die Mutter Gottes vielleicht-aber-eigentlich-nicht gestorben war. Oder zum Himmel auffuhr. Wichtiger Unterschied. Für manche.
Über die Jahrhunderte hinweg hat man das immer ordentlich gefeiert, dennoch war es für manche ein Problem, dass die Aufnahme von Maria in den Himmel in der Bibel bestenfalls als »schwammig bis nicht vorhanden« beschrieben werden konnte.
Glücklicherweise gibt es in der Kirchenlehre etwas, dass sich »Dogma« nennt. Ein Dogma ist eine feststehende Definition oder eine grundlegende Lehraussage, deren Wahrheitsanspruch als unumstößlich gilt. Und da 1870 der damalige Papst mal gesagt hatte, dass er und alle anderen Päpste in Kirchenfragen alles besser wissen und deswegen gefälligst alle anderen die Fresse zu halten haben, konnte Papst Pius XII. am 01. November 1950 sagen: »Leute, Maria wurde in den Himmel aufgenommen. Und weil ich das sage, is dat so!«
Papst Pius XII. war übrigens auch der Papst, der sich im Zweiten Weltkrieg eher beiläufig bis gar nicht zu den Verbrechen der Nazis äußerte. Also ein ganz patenter Typ.
Um das Ganze etwas zusammenzufassen:
Heute ist ein Feiertag, der auf einem umfunktionierten römischen Fest basiert, dessen Grundlage zumindest nicht an diesem Tag oder überhaupt stattfand, sanktioniert von einem Typen, der sich fragwürdig zur Nazizeit verhalten hat.
Da wünschen wir doch allen viel Spaß!

Geschichten zum Tag: 01.07. – Der Kongofreistaat

Heute, in Zeiten von »Black Lives Matter« und dem neuen internationalen Sport »Schmeiß die Statue vom Sockel«, gibt es hin und wieder etwas Aufmerksamkeit für den ehemaligen König von Belgien, Leopold II. Der gründete nämlich am 01. Juli 1885 den Kongo-Freistaat. Und was da passierte ist etwas, was man im Gegensatz zu vielen anderen Dingen tatsächlich mit dem Holocaust im Zweiten Weltkrieg vergleichen kann.

Setzt euch hin, nehmt euch einen Keks, trinkt einen Kaffee oder Tee … das dauert jetzt einen Moment. Und ist nicht lustig. Eine kleine Geschichtsstunde …

Im 19. Jahrhundert waren viele europäischen Staaten der Meinung, dass sie irgendwo auf der Welt, wo Leute wohnten, die eine dunklere Hautfarbe als sie selbst hatten, den Menschen mal ordentlich Kultur und Christentum nahebringen mussten, egal ob vor Ort schon eine andere Kultur oder andere Religionen existierten. Großbritannien gelang es so, sich praktisch auf der ganzen Welt als Arsch aufzuführen, und manche anderen Staaten dachten: »Toll, das wollen wir auch!«

Leopold II. von Belgien kam 1865 auf den Thron. Als König hoffte er, dass er sein Land mal richtig voranbringen könnte, aber da es sich um eine konstitutionelle Monarchie handelte, sagte das Parlament ganz gerne: »Leo, jetzt chill doch mal. Wir machen das schon.« Seine Politik setzte sich also nicht so richtig durch. Und sein größter Wunsch war es, dass Belgien ebenfalls eine Kolonialmacht werden würde, weswegen das Parlament meinte: »Bursche, wer soll den Scheiß denn bezahlen?«
»Na, ich!«, sagte Leopold, der zu dem Zeitpunkt einer der reichsten Menschen der Erde war, weil er u.a. mit Anteilen des Suezkanals spekuliert hatte.
Das Parlament war trotzdem nicht beeindruckt. »Wenn du die Knete hast, dann kannst du ja dein Privatvermögen dafür einsetzen, aber lass uns als Staat da raus.«
Und Leopold grübelte kurz und sagte dann: »Okili dokili!«

1866 sagte er dem belgischen Botschafter in Madrid: »Ey, fragt mal die Königin von Spanien, ob die mir nicht die Philippinen verkaufen will«, woraufhin der Botschafter sagte … eigentlich sagte er nichts. Er fand die Idee bescheuert und hielt lieber die Klappe, weswegen die Sache mit den Philippinen irgendwie im Sande verlief.

1876 finanzierte Leopold eine internationale Konferenz, in der er mehr oder weniger sagte: »Leute, um Afrika sollte man sich mal kümmern und da den Fortschritt hinbringen. Und ganz viel Philanthropie.«
»Wat?«
»Menschenliebe.«
»Ach so. Ja, das klingt eigentlich ziemlich dufte. Vielleicht solltest du da mal Expeditionen und so weiter organisieren.«
Und Leopold grübelte kurz und sagte dann: »Okili dokili!«

1878 gründete Leopold das« Komitee zur Erforschung des oberen Kongo«, deren offizielle Mission wissenschaftlicher und philanthropischer Natur war. Dem Leiter der Expedition, Henry Morgan Stanley, gab er aber insgeheim zu verstehen, dass er Land erwerben und Elfenbein mitbringen sollte. »Der ganze Quatsch finanziert sich ja nicht von alleine, da will ich wenigstens einen Gegenwert haben.«
Stanley fuhr daraufhin in den Kongo, gründete einige Siedlungen, darunter die heutige Hauptstadt Kinshasa, die damals aber noch unter dem Namen Leopoldville lief, und verarschte einige Häuptlinge mit einem Brennglas-Trick, weswegen die dachten: »Der Typ beherrscht sogar die Sonne, da sollten wir ihm lieber unser Land überschreiben.«
Genau dafür gründete Leopold dann 1879 die »Internationale Kongo-Gesellschaft«, der alle diese Landstriche überschrieben wurden und deren alleiniger Anteilseigner er selbst war.

1884 und 1885 fand dann die Berliner Konferenz statt, die auch als »Kongokonferenz« bezeichnet wird. Im Grunde wollten da alle Staaten klären, wer auf was in Afrika Anspruch hatte. Das war zwar in weiten Teilen schon vorher klar, aber zumindest gab das dem Ganzen einen offiziellen Anstrich. Natürlich wurden die Afrikaner dabei nicht gefragt, denn … die konnten ja froh sein, dass sie zumindest nicht mehr als Sklaven verschifft wurden. So blieb eigentlich nur Äthiopien als einziges afrikanisches Land übrig, welches vollkommen selbstständig war. Und auch das nur für kurze Zeit. Aber viel wichtiger: Die »Internationalen Kongo-Gesellschaft« wurde als Besitzer des Kongo-Gebietes bestätigt. Genaugenommen hatte man Leopold II. den Privatbesitz eines Staates zugesprochen, der ungefähr siebzig Mal so groß war, wie das Land, von dem er König war.
Und Leopold grübelte gar nicht erst, sondern sagte gleich: »Okili dokili!«

Am 01. Juli 1885 gründete er den Kongo-Freistaat und begann damit, im Land Infrastrukturen aufzubauen. Das kostete natürlich alles ein Höllengeld, weswegen er von der belgischen Regierung einige Kredite bekam, weil die vermutlich dachten: »Mist, wir können ja wohl kaum unserem König einen Kredit verwehren, oder?«. Außerdem brachte das irgendwie die Unabhängigkeit des Kongo-Freistaats doch ein wenig ins Wanken, aber wollen wir mal nicht kleinlich sein.
Problematisch war auch, dass die Wirtschaft im Land eigentlich auf Tauschhandel basierte, was ihm bei der Steuererhebung aber irgendwie nicht half. Also sollten die Kongolesen ihre Steuern in Naturalien bezahlen, was größtenteils in Elfenbein erfolgte und so ziemlich alle Handelsnetze, die man im Kongo mal aufgebaut hatte, kaputtmachte. Leopold gab allen möglichen Firmen die Erlaubnis, im Kongo-Freistaat tätig zu werden, allerdings mussten sie hohe Steuern zahlen, denn … das Geld muss ja irgendwo herkommen.
Irgendwo an dieser Stelle, sollte man wohl mal ein »Yay, Kapitalismus!« fallen lassen.

Glücklicherweise für Leopold, unglücklicherweise für die Bevölkerung, hatte Jahre zuvor Charles Goodyear ein Patent für die Vulkanisierung von Gummi erhalten. Gummireifen waren sehr gefragt und deswegen auch der Rohstoff Kautschuk, den es im Kongo in Massen gab. 1888 erfand John Dunlop noch dazu den Luftreifen, der die Nachfrage nach Kautschuk noch einmal steigerte. Was machte also Leopold? Er schickte seine Truppen, also praktisch eine Privatarmee, in die Dörfer und ließ den Leuten befehlen, Kautschuk zu sammeln, sonst würden ihre Hütten abgebrannt werden. Wer deswegen zu fliehen versuchte, sollte erschossen werden. Die Firmen, die gekommen waren, um im Grunde ebenfalls den Kautschuk auszubeuten, machten praktisch dasselbe.
Es gab dabei aber ein Problem: Munition ist teuer und viele der Soldaten jagten einfach so gerne irgendwelche Tiere. Um also sicherstellen zu können, dass mit seiner Munition auch tatsächlich Menschen getötet worden waren, mussten die Soldaten zum Beweis die Hände der erschossenen Menschen vorlegen. Und diese Hände gammelten schon mal, bis der zuständige Beamte mit dem Zählen hinterherkam. Also wurden sie geräuchert, um sie haltbar zu machen.

Einige der Soldaten wollten aber trotzdem jagen. Um zu beweisen, dass sie die Munition aber nicht bei einer Jagd verschwendet hatten, hackten sie eben lebenden Menschen die Hände ab. Und weil das so viel Spaß machte, hackten sie auch gleich noch Leuten die Hände ab, die ihrer Meinung nach nicht genug Kautschuk gesammelt hatten. Es gab also jede Menge Leute, deren Arbeitskraft irgendwie geringer ausfiel, weil sie plötzlich 50% weniger Arbeitsmittel hatten. So vielleicht die nüchterne Betrachtung eines der damaligen Leute. Einige verstanden, dass man die Sache mit dem Abhacken von Händen vielleicht etwas einschränken sollte. Die einigten sich dann darauf, dass es stattdessen auch Nasen tun würden, damit die Arbeiter weiter arbeiten konnten.
Natürlich waren damit die Ungeheuerlichkeiten nicht erschöpft. Manche Arbeiter wurden kopfüber von Bäumen gehängt und dem Tod überlassen. Anderen wurden die Beine durchbohrt oder bis zur Bewusstlosigkeit ausgepeitscht. Was man z.T. mit den Geschlechtsteilen machte, wird hier mal außen vor gelassen.

Warum ging gegen diese Greuel niemand vor? Nun … es gab praktisch keine rechtlichen Strukturen in diesem Land, welches ungefähr die Größe Westeuropas hatte. Irgendein Hanswurst aus Belgien wurde in den Kongo versetzt, hatte mit der Hitze, der Feuchtigkeit, allerlei Krankheiten wie Malaria und einer ziemlich angepissten Bevölkerung zu tun, was bei ihm Ängste auslöste … da fängt der ordentliche Kleinbürger schon mal an durchzudrehen und sich gewissen Allmachtsfantasien hinzugeben. Hilft natürlich auch, wenn man sich generell für etwas Besseres hält, nur weil man eine andere Hautfarbe hat.
Und all die anderen Länder? Nun, die bekamen schlichtweg gar nicht mit, was in dem Land vorging. In dieser Zeit vor Flugzeug, Fernschreiber und Internet waren Nachrichten aus dem Dschungel halt relativ selten. So konnte die Gewalt über Jahre im Kongo ausgeübt werden. Und abgesehen von den vielen abgehackten Händen sorgte der Drang, möglichst viel Kautschuk zu gewinnen, auch dafür, dass die Bevölkerung kaum noch Zeit hatte sich um die Felder zu kümmern. Anders ausgedrückt: Wer nicht ohnehin seine Hand verlor und nicht mehr ordentlich arbeiten konnte, bekam sowieso nichts mehr zu essen.

In den 1890er Jahren kam dann der englische Schriftsteller Joseph Conrad in den Kongo und schaute sich das Ganze an. Er schrieb daraufhin das Buch »Herz der Finsternis« (»Heart Of Darkness«), welches Jahre später übrigens als Vorlage für den Film »Apocalypse Now« von Francis Ford Coppola diente. Die in dem Buch beschriebenen Greueltaten sorgten dann europaweit für Entrüstung. Gleichzeitig kamen auch ein paar Leute auf die Idee, sich mal anzuschauen, was für Waren eigentlich aus und in den Kongo geliefert wurden. Aus dem Kongo kamen Elfenbein und Kautschuk, in den Kongo wurden nur Waffen, Ketten und Sprengmaterial verschifft. Es war also klar, dass da irgendwas nicht optimal lief. Missionare äußerten sich ebenfalls kritisch. Der Journalist und Autor Edmund Dene Morel, der in dem Zuge die erste große Menschenrechtsbewegung begründete, führte einen langen Kampf in den Medien gegen Leopold II.
1903 schickte Großbritannien dann mal jemanden in den Kongo, der schauen sollte, ob Morel Blödsinn redete oder ob das wirklich alles so stimmte. Und derjenige kam zurück und sagte: »Alter …«
1905 veröffentlichte Mark Twain, der Autor von u.a. »Tom Sawyer«, eine Streitschrift namens »König Leopolds Selbstgespräch«, in dem er die Öffentlichkeit quasi über die Greueltaten informierte. Er forderte darin sogar einen internationalen Gerichtshof, der König Leopold II. wegen seiner Verbrechen zum Tode verurteilen sollte.
Im Grunde sagte die ganze Welt zu Leopold »Du blödes Arschloch …«. Die belgische Regierung verabschiedete ein Gesetz, das vorsah, dass der Staat Belgien ihm den Kongo-Freistaat abkauft und es in eine Kolonie umwandelt.
Darauf sagte Leopold dann 1908 notgedrungen: »Okili dokili.«
Im Belgisch-Kongo wurde die Zwangsarbeit abgeschafft, ein Rechtssystem eingeführt, aber sagen wir mal so … wirklich toll wurde es deswegen dort trotzdem nicht und die Zwangsarbeit ging trotzdem noch eine Weile weiter.

Man geht davon aus, das zwischen 1885 und 1905 von ursprünglich etwa 25 Millionen Einwohnern nur etwa 15 Millionen übrig blieben. Durch Spätfolgen hatte der Kongo 1924 sogar nur noch 10 Millionen Einwohner. Zu seiner Zeit gaben ohnehin schon viele Leute ihm die Schuld für den Tod oder das Nicht-Vorhandensein von rund 15 Millionen Menschen, da die Bevölkerung des Kongos in der Zeit ja normalerweise gewachsen wäre.
Zum Vergleich: Im Ersten Weltkrieg starben rund 9,5 Millionen Soldaten. Die Opfer des Holocaust werden mit rund 6,3 Millionen Juden angegeben.

Wie wurde Leopold II. für seine Taten bestraft?
Er hat rechtzeitig Geld beiseitegeschafft, damit er nicht bankrott ging. Einen Prozess gegen ihn hat es nicht gegeben.
Er starb 1909 als längster amtierender König von Belgien, nach 44 Jahren Amtszeit. Kurz nach seinem Tod begann dann das große Vergessen. Wirklich auseinandergesetzt hat man sich mit seinen Taten danach nicht mehr. Stattdessen stehen noch heute etliche Statuen zu seinen Ehren in Belgien. Allerdings gibt es dagegen immer mehr Widerstand. Man stelle sich nur mal vor, dass in Deutschland noch immer Statuen von Adolf Hitler auf öffentlichen Plätzen ausgestellt wären. Undenkbar. In Belgien? An der Tagesordnung.

Einen kleinen Trost gibt es allerdings. Bei seinem Trauerzug wurden seine sterblichen Überreste von der belgischen Bevölkerung ausgebuht.

 

Bei diesem Text handelt es sich um ein Facebook-Posting aus dem Jahr 2020.

Jahresrückblick 2021

Nach 2020 dachte man »Kann ja eigentlich nur besser werden«, aber in gewissem Sinne haben sich 2020 und 2021 abgeklatscht und 2021 dabei gesagt »Ey, halt mal mein Bier«. Aber nicht alles war schlecht. Manches war auch einfach nur doof. Und manches amüsant.

01. Januar – Großbritannien tritt endgültig aus der EU aus. Ein halbes Jahr später errechnet man, dass der ganze Brexit die Briten ungefähr 47,5 Milliarden Euro gekostet hat. Außerdem stellt man fest, dass es an allen Ecken und Enden an Waren, Lastwagenfahrern usw. fehlt. Also alles total super gelaufen.

06. Januar – Anhänger des US-Präsidenten Donald Trump, der bei den Wahlen im November unterlag, stürmen das Kapitol in Washington D.C., weil viele danken »Waaat? Wie kann denn unser Präsident verlieren? Der steht doch für so fortschrittliche Dinge wie Frauenbelästigung, Rassismus und Dummheit!«
Am Ende sind zahlreiche Personen verletzt, fünf Menschen tot und weltweit ist man sich im Grunde sicher, dass das ein Putschversuch gewesen ist. Nur die Republikaner argumentieren im Nachgang, dass da vermutlich Leute der Antifa und verkleidete Demokraten sich genau so gegeben haben, wie man das von Republikanern erwartet, um die Republikaner schlecht dastehen zu lassen.

Außerdem an diesem Tag:
Chinesische Wissenschaftler geben bekannt, dass sie das weltweit größte Netzwerk aus Quantenkommunikationsnetzwerken aufgebaut haben. Sie überlegen noch, ob sie es Skynet nennen und damit Killerroboter in die Vergangenheit schicken sollen.

07. Januar – Elon Musk überholt den bisherigen Rekordhalter Jeff Bezos und wird zum reichsten Menschen der Welt. Sein Vermögen beträgt laut Forbes (Stand 15.01.21) 182,9 Milliarden Dollar. Da ist es nur folgerichtig, dass der Bau seiner Fabrik in Brandenburg vom Staat subventioniert werden muss.

10. Januar – In Kasachstan finden Parlamentswahlen statt. Die Regierungspartei erhält 71,09% der Stimmen. Schon faszinierend, wie sowas erreichen kann, wenn man einfach Gegner der eigenen Partei in psychiatrische Kliniken einweisen kann.

13. Januar – Gegen US-Präsident Donald Trump wird das zweite Amtsenthebungsverfahren eingeleitet, das erste Mal, dass dies einem Präsidenten der USA passiert. Man wirft ihm vor, er habe seine Anhänger am 06. Januar zum Angriff auf das Kapitol aufgefordert. Einen Monat später stimmen 57 von 100 Mitgliedern des Senats für »schuldig«. Weil das aber nicht einer Zweidrittelmehrheit entspricht, wird er freigesprochen. Im Anschluss bekräftigten einige Senatoren, die für »nicht schuldig« gestimmt haben, dass sie eigentlich schon der Meinung sind, dass er schuldig wäre, aber irgendwie ist man doch ein elitärer Club, da will man ja keinen seiner eigenen Leute verurteilen.

15. Januar – Die Anzahl an weltweiten Todesfällen durch COVID-19 steigt auf 2 Millionen. Schwurbler sagen »Wat denn? Sind doch nur 0,03% der Weltbevölkerung!«

25. Januar – Der globale Eisverlust beschleunigt mit einer Rate, die den Worst-Case-Szenarien des Weltklimarats entspricht. Oder wie man in Deutschland sagen würde: »Aber was ist mit den Arbeitsplätzen im Kohleabbau?«

02. Februar – Captain Tom Moore stirbt mit 100 Jahren. Der ehemalige Soldat wurde im Jahr 2020 berühmt, als er mit seinem Rollator im eigenen Garten Runde um Runde drehte, um für das staatliche Gesundheitssystem der Briten Spenden zu sammeln, welches zu der Zeit mit Covid-19 völlig überlastet war. (Hier einen eigenen Witz einfügen, dass es 100-jährige Spendensammler braucht, um ein Gesundheitssystem am Laufen zu halten.) Tom Moore hatte außerdem die Ehre eine Coverversion des Songs »You Never Walk Alone« einzusingen, die es bis auf Platz 1 der britischen Charts schaffte und ihn somit zur ältesten Person machte, die dort jemals einen Nummer-1-Hit hatte. Für sein Engagement wurde er zudem persönlich von der Queen geadelt. Letztendlich stirbt er an den Folgen einer Lungenentzündung und Covid-19.

09. Februar – Die Raumsonde »al-Amal« (Hoffnung) der Vereinigten Arabischen Emirate begibt sich in eine Marsumlaufbahn und beginnt das Marsklima zu untersuchen. Außerdem will man schauen, ob man da nicht auch irgendein hohes Gebäude errichten kann.

22. Februar – Die USA sind das erste Land der Welt, das offiziell 500.000 Tote durch Covid-19 zu beklagen hat. Eigentlich will man das mit einer ordentlichen Schießerei feiern, aber da man am Vortag erst zwei davon hatte, wartet man noch vier Tage, um gleich drei davon zu haben.

06. März – Papst Franziskus und Ayatollah Ali as-Sistani treffen im Haus des Letzteren im Irak aufeinander. Es ist das erste Mal, dass sich ein Papst und ein Ayatollah begegnen.
Franziskus: »Ali, wie isset?«
Ali: »Ja, muss, ne?«

19. März – Die Türkei tritt aus der sogenannten »Istanbul Konvention« aus, einem internationalen Abkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. In der Türkei ist man also der Meinung, dass es schon ganz okay sei, wenn es abends nicht nur was zu essen, sondern auch was auf die Fresse gibt.

23. März – Das Schiff »Ever Given«, eines der größten Containerschiffe der Welt, läuft im Suezkanal bei starkem Wind auf Grund. Sechs Tage lang sperrt es den Verkehr in beide Richtungen und bringt somit einen Großteil des Welthandels zum Erliegen. Der Kapitän daraufhin: »Huch! War ich das etwa?«

Auch an diesem Tag:
In Israel findet die Wahl zur 24. Knesset – also dem israelischen Parlament – statt. Es ist die vierte Wahl innerhalb von drei Jahren. Auch ein Hobby …

03. April – In einer großen Parade werden 18 Könige und vier Königinnen aus der Pharaonenzeit vom alten ägyptischen Museum in der Kairoer Innenstadt zum neuen ägyptischen Museum, welches näher an den Pyramiden liegt, transportiert. Die »The Pharaohs‘ Golden Parade« hat für jeden Pharao ein eigenes Auto mit speziellen Kisten drauf, die durch Stickstoffkühlung die Mumien erhalten. Um etwaige Erschütterungen zu vermeiden, wurden sogar die Straßen, auf denen der Transport stattfindet, z.T. neu asphaltiert. In Ägypten liegt zwar einiges im Argen, aber immerhin sind die Straßen jetzt schnittig.

13. April – US-Präsident Joe Biden gibt bekannt, dass alle US-Truppen in Afghanistan bis zum 11. September abgezogen werden. Alle Afghanen, die mit den US-Militärs zusammengearbeitet haben: »Ihr nehmt uns doch dann mit, oder? Oder?!«

14. April – Im polnischen Krakau kontaktiert eine Frau den Tierschutzverein, um sich über das unheimliche Tier, welches im Baum vor ihrem Haus sitzt, zu beschweren. Schon zwei Tage lang säße es dort und hätte sich nicht bewegt. Als der Tierschutzverein vorbeigeht und sich genauer umsieht, stellt man fest, dass das bedrohliche Tier nicht mal Tier ist, sondern ein Croissant.

18. April – Die Mülheimer Polizei erwischt einen T-Rex während der Ausgangssperre. Weil ich es nicht lustiger ausdrücken kann, als die Polizei in ihrer Stellungnahme: https://essen.polizei.nrw/presse/keine-ausnahme-fuer-t-rex-ausgangssperre-auch-fuer-dinosaurier

19. April – Erstmals in der Geschichte nominieren die Grünen eine Kanzlerkandidatin für die Bundestagswahl. Annalena Baerbock wird im Zuge der Kandidatur mehrmals kritisch hinterfragt, weil sie u.a. einen nicht ganz stimmigen Lebenslauf und in einem Buch nicht alle Quellen gekennzeichnet hat. Für viele ist das Grund genug, ihr zu unterstellen, dass sie für das Amt nicht geeignet ist. Ganz im Gegensatz zu den anderen Kandidaten, die entweder andauernd lügen, inkompetent oder gar in milliardenschwere Betrugsskandale involviert sind …

20. April – Rechtzeitig zu Hitlers Geburtstag stellt die CDU Armin Laschet als Kanzlerkandidaten vor.

24. April – Auf einem Feld in Lincoln, Nebraska, versammeln sich Hunderte Leute, die mit Vornamen Josh heißen. (Und vermutlich ein paar Zuschauer, die nicht so heißen.)
Begonnen hatte das Ganze als Witz ein Jahr zuvor, als Josh Swain aus Langeweile in der Covid-19-Pandemie mehrere Leute über Twitter anschrieb, die alle denselben Vor- und Nachnamen hatten. Er lud alle zu einem Kampf ein Jahr später ein, um durch den Kampf den Josh Swain herauszufinden, der dann den Namen behalten dürfe. Aber wie das mit dem Internet so ist: Blödsinn verbreitet sich rasend schnell und so wurde aus dem Witz ganz schnell ein echtes Event. Am Ende gewinnt der Organisator des Ganzen in einem Stein-Schere-Papier- bzw. »Schnick Schnack Schnuck«-Spiel den Namen Josh Swain. Allerdings gibt es auch den Kampf um den »Ultimate Josh«, an dem alle teilnehmen können, die Josh heißen. Die Kämpfe dazu werden mit Poolnudeln ausgetragen. Am Ende gewinnt der 4-jährige Josh Vinson, Jr. und ein Kinderkrankenhaus, an welches all die Spenden gehen, die während der Veranstaltung eingenommen wurden. Übrigens wird überlegt, ob die Veranstaltung jedes Jahr stattfinden soll, allerdings immer mit verschiedenen Namen.

28. April – Michael Collins stirbt. Collins war der »dritte Mann« während der ersten Mondlandung von Apollo 11. Während Neil Armstrong und Buzz Aldrin auf dem Mond ihr Unwesen trieben, flog er im Kommandomodul um den Mond, was ihn »zum einsamsten Menschen seit Adam« machte, wie manche Stimmen titelten. Collins sollte später eventuell noch einmal selbst den Mond betreten, aber als die NASA ihm das anbot, sagte er nur »Nee, lasst ma …«

22. Mai – Das Finale des Eurovision Song Contest 2021 wird in Rotterdam abgehalten. Wer gewonnen hat, ist eigentlich egal. Wichtig zu wissen ist nur, dass keiner »Jaja Ding Dong« gespielt hat, was im Grunde die ganze Veranstaltung überflüssig macht.

23. Mai – Der regimekritische weißrussische Journalist Raman Pratassewitsch fliegt von Athen nach Vilnius. Die Ryanair-Maschine muss dabei durch Weißrussland fliegen, wo der Präsident Aljaksandr Lukaschenka meint »Leute, da ist doch bestimmt eine Bombe an Bord der Maschine. Fangt die mal mit Kampfflugzeugen ab und schießt die gegebenfalls vom Himmel, falls die nicht landen wollen.«
Die Leute im Flugzeug so: »Wat?«
Lukaschenka: »Ja, echt jetzt.«
Die Piloten: »Äh, wir landen dann lieber mal.«
Pratassewitsch: »Die wollen mich einfach nur ins Gefängnis stecken.«
Die Piloten: »Ja, sollen wir uns abschießen lassen, oder wat?«
Die Maschine landet, Pratassewitsch wird festgenommen. Einen Tag später gibt er ein Interview im Fernsehen. »Allet tuffig und super!«, sagt er, dem man die überschminkten Foltermerkmale trotzdem ansieht.

06. Juni – Landtagswahl in Sachsen-Anhalt. Die Nazis werden zweitstärkste Kraft. Keine Pointe.

20. Juni – Brasilien wird das zweite Land der Welt, in dem mehr als 500.000 Personen an Covid-19 gestorben sind. Der brasilianische Präsident Bolsonaro: »Wurscht, Hauptsache der Wirtschaft geht’s gut! Geht es nicht? Ach? Äh.«

27. Juni – Polizisten in Maine nehmen einen Mann fest, der wegen eines Raubs gesucht wird. Er versucht daraufhin die 200 Dollar Kaution mit Falschgeld zu bezahlen und landet überraschenderweise wegen gleich zwei verschiedenen Delikten im Gefängnis.

03. Juli – Ab diesem Tag ist Einweg-Plastik in Deutschland nicht mehr erlaubt. Die Plastik-Trinkhalme, die man bei Fast-Food-Ketten bekommt, sind also ab jetzt mehrfach verwendbar.

07. Juli – Der Präsident von Haiti, Jovenel Moïse, wird in seinem Privathaus umgebracht. Vermutlich beteiligt am Mord: Mehrere Ex-Militärs aus Venezuela und eventuell Leute aus den eigenen Reihen. Stellt sich heraus, dass es vielleicht nicht gut ankommt, wenn man in seinem ohnehin armen Land Gelder veruntreut, korrupt ist und generell in die eigene Tasche wirtschaftet.

08. Juli – Die Anzahl an weltweiten Todesfällen durch COVID-19 steigt auf 4 Millionen, hat sich also innerhalb von sechs Monaten verdoppelt. Aber der Onkel von der Schwägerin der Tante des angeheirateten Ehemanns hat ja seine eigenen Recherchen bei Telegram angestellt und meint, dass das gar nicht sein kann.

12. Juli – Ab diesem Tag verursacht das Tief »Bernd« in Mitteleuropa schwere Regenfälle, vor allem in Deutschland. Der Deutsche Wetterdienst bezeichnet das als Ereignis, das nur einmal in mehr als 100 oder vielleicht 1000 Jahren auftritt. Tatsächlich wurde vorher eingehend gewarnt, aber weil man in Deutschland dachte »Warnsirenen? Brauchen wir die noch?« oder »Wat? Warum soll ich auf Wissenschaftler hören?«, kommt es zu 220 Todesfällen, davon allein 183 in Deutschland. Und weil die Not danach noch nicht groß genug ist, nutzen gleich noch ein paar »Querdenker« die Situation aus, um Leute zu verarschen und die Arbeit der Helfer zu behindern.

20. Juli – Die Firma Blue Origin, ein privates US-amerikanisches Raumfahrtunternehmen, startet ihren ersten bemannten Raumflug. Die Rakete sieht ein wenig aus wie ein Penis, was etliche Vergleiche zwischen dem Austin-Powers-Bösewicht Dr. Evil und dem Gründer der Firma und Teilnehmer des Raumflugs Jeff Bezos hervorbringt. Jeff Bezos bedankt sich im Anschluss herzlich bei den Mitarbeitern seiner Firma Amazon: »Wenn ich bei euch nicht am Gehalt gespart hätte, hätte ich mir das nie leisten können!«

23. Juli – Die Olympischen Sommerspiele 2020 werden mit einem Jahr Verspätung in Tokio eröffnet. Aufgrund der COVID-19-Pandemie finden die Wettkämpfe aber ohne Zuschauer statt. Die Geräuschkulisse läuft vom Band und stammt von früheren Olympischen Spielen. Außerdem versucht man – wegen COVID-19 – die Sportler und Sportlerinnen vom Sex abzuhalten, indem man sie auf Kartonbetten schlafen lässt, die schnell zusammenfallen sollen. Vermutlich weil Personen auf der Höhe ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit keine andere Möglichkeit finden, wie man Sex haben könnte.

25. Juli – Auf YouTube wird ein Video eines Hamsters hochgeladen, der – je nachdem welchen Klorollentunnel er in seinem Käfig benutzt – verschiedene Kryptowährungen kauft oder verkauft. Stellt sich heraus, dass er damit bessere Entscheidungen trifft als Warren Buffett, US-amerikanischer Großinvestor und viertreichster Mensch der Welt.

04. August – Forscher geben bekannt, dass sie das Rätsel einer portugiesischen Frau gelöst haben, die eine weiße Flüssigkeit aus ihrer Achselhöhle absonderte. Es offenbart sich, dass die Frau an Polymastie leidet und quasi eine weitere Brust unter der Achsel hat. Sie schwitzt buchstäblich Muttermilch aus.

05. August – Schweizer Wissenschaftler von der FH Graubünden verlautbaren, dass sie Pi bis auf 62.8 Billionen Nachkommastellen ausgerechnet haben. Damit stellen sie den bisherigen Rekord von 50 Billionen Nachkommastellen ein. Ob es daraufhin einen Pie zum Essen gibt, ist nicht bekannt.

11. August – Ein Stück des Hochzeitskuchens von Prinzessin Diana und Prinz Charles wird versteigert und erreicht dabei den Preis von 1.850 Pfund – über 40 Jahre nachdem die Hochzeit stattgefunden hat und 29 Jahre nachdem die Ehe bereits geschieden wurde. Wenn man schon ungenießbaren Kuchen kauft, dann muss er auch wenigstens teuer sein, nicht wahr?

15. August – Die Taliban nehmen Kabul ein und somit auch de facto die Herrschaft über Afghanistan. Im Grunde sagt der afghanische Präsident Aschraf Ghani »Äh, ich muss weg!«. So ziemlich alle Nicht-Afghanen und einige Afghanen selbst sagen kurz darauf genau dasselbe. Die Taliban hingegen meinen »Mensch, wir sind doch jetzt viel besser als früher und total lieb! Ihr müsst halt nur Muslime sein und möglichst keine Frau, dann ist im Grunde alles tuffig und super!«

02. September – Mikis Theodorakis stirbt 96-jährig in Athen. Zunächst Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus im Zweiten Weltkrieg, wurde er später selbst Mitglied im griechischen Parlament und sogar Staatsminister ohne Geschäftsbereich. Nebenbei komponierte er noch rund 1000 Musikstücke, darunter u.a. die Filmmusik zu »Alexis Sorbas«, die ihn weltbekannt machte, und schrieb Bücher. Sein jahrzehntelanges Engagement machte ihn zu einem griechischen Volkshelden.

07. September – El Salvador wird das erste Land, welches Bitcoin als Landeswährung akzeptiert. Da man ansonsten auch nichts mit den Finanzen anzufangen weiß, ist das also halb so wild.

09. September – Die jährliche Preisverleihung des Ig Nobelpreises, der dazu gedacht ist, wissenschaftliche Leistungen zu ehren, die »Menschen zuerst zum Lachen, dann zum Nachdenken bringen«, findet statt. In diesem Jahr werden unter anderem folgende Dinge ausgezeichnet:
– eine Studie, die herausgefunden hat, dass das Übergewicht der Politiker als Indikator für die Korruption im Land dienen kann
– der Nachweis, dass ein Orgasmus ebenso nasenabschwellend wirkt wie Nasenspray
– die experimentelle Bestimmung darüber, ob sich Nashörner sicherer über Kopf transportieren lassen

28. September – Am Morgen nach einem Trinkgelage mit Freunden wacht der Türke Bayhan Mutlu auf und geht aus dem Wäldchen, in dem er die Nacht verbracht hat. Auf dem Heimweg trifft er einen Suchtrupp, dem er sich spontan anschließt. Erst nach über einer halben Stunde fällt ihm auf, dass der Suchtrupp eigentlich nach ihm suchen soll. Vermutlich geht man darauf einen Trinken.

30. September – Am Flughafen München will ein 28-jähriger Fluggast seinen Flug in die Türkei kriegen, als er von der Security aufgehalten wird. In seinem Gepäck wird eine alte Mörsergranate gefunden, die jederzeit explodieren könnte. »Ach, die habe ich vor ein paar Wochen beim Wandern in der Schweiz gefunden.«
Der 28-Jährige darf hinterher die Kosten für die aus Sicherheitsgründen erfolgte Sperrung und die dreistündige Verzögerung von etlichen Airlines tragen.

02. Oktober – Nachdem der Fahrer Brandon Brown das Sparks 300 Rennen auf dem Talladega Superspeedway gewonnen hat, interviewt ihn die Reporterin Kelli Stavast. Während des Interviews stimmen etliche Zuschauer »Fuck Joe Biden«-Sprechchöre an. Die Reporterin, die vermutlich fürchtet, dass ihr Beitrag zensiert werden könnte, sagt zum Fahrer, dass die Leute »Let’s Go Brandon« rufen.
Im Nachgang geht »Let’s Go Brandon« als »Fuck Joe Biden«-Ersatz insbesondere bei politisch rechts verankerten Leuten geradezu viral. Rap-Songs werden geschrieben, elektronische Straßenschilder gehackt, um den Spruch zu zeigen, und selbst eine Kryptowährung unter dem Namen wird eingeführt. Auch Politiker nutzen die Phrase während öffentlicher Reden. Die politische Rechte, die sonst nicht viel mit cleveren Aussagen auftrumpfen kann, freut sich, auch mal was halbwegs Pfiffiges sagen zu können, auch wenn der wiederholte Gebrauch der Phrase, die eine Halbwertszeit von normalerweise einem Tag gehabt hätte, mehrere Wochen danach nur noch albern wirkt.
Mitte November fragt ein Reporter die Sprecherin des Weißen Hauses, was Joe Biden darüber denkt. Ihre Antwort: »Ich glaube nicht, dass er viel Zeit damit verbringt, darüber nachzudenken.«

03. Oktober – Mehr als 600 Journalisten aus 117 Ländern decken anhand von tausenden Dokumenten auf, dass die Reichen und Mächtigen in großem Stil Steuervermeidung und auch Geldwäsche betreiben. Und alle Leute auf der Welt so: »Ach?«
Was vermutlich dieselbe Reaktion ist, wenn es darum geht, daraus irgendwelche Konsequenzen zu ziehen.

09. Oktober – Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz tritt zurück. Ihm wird nicht nur vorgeworfen, in der Ibiza-Affäre falsche Aussagen gemacht zu haben, sondern auch Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit. Viele Politiker schauen sich danach einfach an und fragen: »Ja, aber darum wird man doch Politiker, oder nicht?«

13. Oktober – Schauspieler und manchmal »Sänger« William Shatner, größtenteils bekannt aus seiner Rolle als Captain James Tiberius Kirk in »Star Trek«, wird mit 90 Jahren, sechs Monaten und 22 Tagen zum ältesten Menschen, der bisher ins All geflogen ist. Amazon-Chef Jeff Bezos hatte ihn beim zweiten bemannten Raumflug seiner Blue Origin Firma mitgenommen. »Ist quasi als Dankeschön dafür, dass wir mit Neuauflagen von Star Trek den Fans so viel Geld aus der Tasche gezogen haben.«

15. Oktober – Alitalia, Italiens große Luftfahrtgesellschaft, stellt nach 75 Jahren den Betrieb ein. Der Firma ging es schon seit Jahren nicht gut, aber die COVID-19-Pandemie brach ihr nun endgültig das Genick. Aus ein paar Überresten von Alitalia macht die italienische Regierung nun die staatliche Gesellschaft Italia Trasporto Aereo (ITA). Dabei fällt mir ein alter Witz ein … Warum küsst der Papst immer den Boden, wenn er irgendwo mit dem Flugzeug angekommen ist? Weil er Alitalia geflogen ist …

25. Oktober – Unter Führung von Generalleutnant Abdel Fattah Abdelrahman Burhan putscht sich das Militär im Sudan an die Macht. Die Welt reagiert daraufhin überwiegend mit »Alter … pass mal auf …«, woraufhin er knapp einen Monat später den eigentlichen Premierminister wieder zurückkehren lässt.

01. November – Die Anzahl an weltweiten Todesfällen durch COVID-19 steigt auf 5 Millionen. Damit ist COVID-19 also ungefähr so tödlich wie die Napoleonischen Kriege. Da kann man gleich mal einen Champagner aufmachen.

04. November – Zeitungen weltweit berichten darüber, dass ein neuseeländisches Pärchen in ihrem Garten eine 7,9kg schwere Kartoffel ausgegraben hat. Die bisherige, kartoffelige Rekordhalterin im Guinnessbuch der Rekorde hatte ein Gewicht von knapp unter 5kg. Die Gartenbesitzer nennen ihre Kartoffel liebevoll »Doug« und hoffen, dass sie daraus am Ende Wodka machen können.

16. November – In Brasilien entkommt eine Kuh aus dem Schlachthaus, wandert ein wenig durch die Gegend und dringt schließlich in ein Schwimmbad ein, wo sie dann die Wasserrutsche benutzt. Später im TV-Interview sagt die Kuh: »Also ich wollte schon immer mal ins Spaßbad und dann dachte ich, wann wenn nicht jetzt?«
Die Story hat ein Happy End: Ein Rancher adoptierte die Kuh und hält sie jetzt als Haustier. In dem Zuge erhielt die Kuh auch den Namen »Tobogã«, der so viel wie »Riesenrutsche« bedeutet.

19. November – Während der Überführung von Geld auf einem Highway bei San Diego, USA, gehen die Türen eines Geldtransporters auf und Säcke mit Geld fallen auf die Straße. Kurz darauf kommt der gesamte Verkehr zum Erliegen, als Leute einfach auf der Autobahn anhalten, um das Geld aufzusammeln. Die Polizei muss die Leute später daran erinnern, dass sie das Geld nicht einfach mitnehmen können, denn »wenn ein Laster Fernseher verliert, kann man sich die ja nicht auch einfach greifen«.
Faszinierenderweise ist das nicht der erste Vorfall, bei dem herumfliegendes Geld in San Diego zur Sperrung eines Highways führte. Bereits 2009 hatten Drogenkriminelle während der Flucht 20- und 100-Dollar-Scheine aus ihrem Auto geworfen, um die Verfolgung durch die Polizei zu behindern.

24. November – Eine Bibliothek in Boise, Idaho, staunt nicht schlecht, als ein ausgeliehenes Buch zurückgegeben wird. Nach 110 Jahren. Das Buch selbst, der Roman »New Chronicles of Rebecca«, ist in gutem Zustand. Auf die Frage, warum das Buch erst jetzt wieder zurückgegeben wurde: »Ich lese halt einfach nicht so schnell.«

Ebenfalls an diesem Tag: Magdalena Andersson wird zum ersten weiblichen Premierminister von Schweden gewählt. Da ihr Budget vom schwedischen Reichstag aber abgelehnt wird, tritt sie nur Stunden nach der Wahl gleich wieder zurück. Am 29. November wird sie dann aber noch mal gewählt, weil es so schön war.

26. November – Die Weltgesundheitsorganisation WHO hält ein Notfall-Meeting ab, um über die neue COVID-19-Variante names Omikron zu sprechen, die offenbar noch ansteckender als die Delta-Variante ist. Langsam stehen den Leuten die Schweißperlen auf der Stirn, weil ihnen die griechischen Buchstaben ausgehen.

08. Dezember – In den Vereinigten Arabischen Emiraten (kurz: VAE) findet eine Razzia während eines Kamel-Schönheitswettbewerbs statt. Letztlich werden über 40 Kamele disqualifiziert, weil man sie mit Botox behandelt oder Schönheitsoperationen unterzogen hatte. Bei einem Preisgeld von 66 Millionen Dollar kann man vermutlich nachvollziehen, dass Leute da auf bekloppte Ideen kommen.

Außerdem an diesem Tag: Deutschland hat einen neuen Bundeskanzler. Olaf Scholz nimmt die Arbeit auf und Angela Merkel will, laut irgendwelchen Quellen, ab sofort Morde in der Uckermark aufklären.

10. Dezember – Zeitungen aus Damariscotta, Maine melden, dass die Eichhörnchenpopulation in diesem Jahr deutlich … an Gewicht zugenommen hat. Das feuchte Wetter dieses Jahres hatte in der Gegend für jede Menge Futter gesorgt, welches die Eichhörnchen entsprechend in sich hineinschaufelten. Insofern wird davon gesprochen, dass manche von ihnen nicht mehr laufen, sondern nur noch »wanken«. Natürlich gibt die Bevölkerung den Tieren entsprechende Namen, so z.B. »Squirrelzilla« oder »Fatty McFatterson«.

25. Dezember – Das James-Webb-Weltraumteleskop, kurz JWST, wird gestartet. Der wissenschaftliche Nachfolger des Hubble-Weltraumteleskops sollte eigentlich schon 2007 gestartet werden, aber wegen Finanzierungsproblemen wurde der Start dann auf 2014, dann auf 2019, dann auf 2020 und schließlich 2021 verschoben. Damit hat die Entwicklung fast so lange wie bei einem bestimmten Flughafen gebraucht.

26. Dezember – Deutschland überschreitet die 7-Millionen-Marke bei COVID-19-Fällen. Nordkorea hingegen hat offiziell noch keinen einzigen Fall gemeldet. Hat schon was für sich, wenn man seine Leute einsperrt.

31. Dezember – Trotz Böllerverbot wird in Deutschland trotzdem geknallt, als müsste man noch ein paar Schlachten aus dem Zweiten Weltkrieg nachholen. Weltweit gibt es seit Beginn der Pandemie fast 5,5 Millionen Covid-Tote zu beklagen. Russland scheint kurz davor in der Ukraine einzumarschieren. Die Lebensmittelpreise steigen. Aber am schlimmsten: In drei Tagen geht die Schule wieder los bzw. ist der Urlaub vorbei.

Frohes neues Jahr!

Jahresrückblick 2020

Frohes neues Jahr! Man soll es kaum glauben, aber tatsächlich hat 2020 doch noch ein Ende gefunden.
Ohne jetzt lange um den heißen Brei herumzureden: 2020 war irgendwie Mist. Das bestimmende Thema war natürlich das, von dem man eigentlich nichts mehr hören will, was uns aber weiterhin beschäftigt. Merkwürdigerweise kann man es durch mehrere Wörter beschreiben, die alle mit C anfangen. Nein, ich rede nicht von Currysoße.
Aber in diesem Jahr sind noch etliche andere Dinge passiert, die erwähnungswürdig waren. Und da man über 366 Tage so manches vergisst, dachte ich, dass ich eine kleine Zusammenfassung schreibe.

Also … was geschah an welchen Tag in 2020?

01. Januar – Das Jahr fängt schon bescheiden an, als im Krefelder Zoo eine chinesische Himmelslaterne – so ein Ding, bei dem viele sagen »Oh, wie schön, ich lass da ein brennendes Ding durch die Nacht fliegen und interessiere mich dann nicht dafür, was mit dem Dreck passiert!« und was eigentlich in Deutschland verboten ist – das Affenhaus in Brand setzt. Mehr als 50 Tiere sterben, darunter viele Menschenaffen. Zwei überlebende Schimpansen, Bally und Limbo, warten bisher auf den Umzug in einen neuen Zoo. Die Brandverursacher warten noch auf den Umzug ins Gefängnis.

02. Januar – Die Regierung von New South Wales, Australian, ruft den Notstand aus. »Äh, Leute, wir stehen buchstäblich in Flammen.«
»Was denn jetzt genau?«
»Also eigentlich alles.«

03. Januar – Der Exoplanet »TOI 700 d« wird entdeckt. Er hat in etwa die Größe der Erde und liegt in der »Lebenszone« des Roten Zwergs, den er umkreist. Für alle, die sich gleich auf den Weg machen wollen: Er ist etwa 101,4 Lichtjahre entfernt. Also eine Stulle sollte man sich schon einstecken.

08. Januar – Nachdem die USA am 03. Januar den iranischen General Qasem Soleimani durch einen Drohnenangriff und mit fadenscheinigen Gründen im Irak getötet haben, führt der Iran Vergeltungsschläge aus. Im Gegensatz zu den USA, warnt der Iran die entsprechenden Stellen, weswegen es nur zu Verletzungen und keinen Toten kommt, auch wenn das iranische Fernsehen etwas anderes behauptet. Außerdem schießen die Iraner noch ein ukrainisches Zivilflugzeug mit 176 Insassen ab, was sie zunächst bestreiten. Am Ende geben sie es aber zu und sagen: »Hüppserchen! Na ja, kann ja mal vorkommen.«

16. Januar – In den USA startet das Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Donald Trump. Da die Partei des Präsidenten allerdings die Mehrheit im Senat hat und so verhindern kann, dass gewisse Zeugen gehört werden, kann Trump am 05. Februar freigesprochen werden.
Vergleichen kann man das ganz grob, indem man sich vorstellt, dass nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Nazis bei den Kriegsverbrechensprozessen Vetorechte gehabt hätten.

21. Januar – Der britische Komödiant Terry Jones stirbt. Das Mitglied von »Monty Python« stirbt komischerweise nicht dadurch, dass er von einem großen Fisch im Gesicht getroffen wird.

22. Januar – Katerina Sakellaropoulou wird zur griechischen Staatspräsidentin gewählt. Sie ist damit die erste Frau, die dieses Amt bekleidet. Das erklärt ihr hinterher noch mal ein Mann genauer.

27. Januar – Der erste bestätigte Fall von Covid-19 in Deutschland, genauer gesagt Bayern, tritt auf. Das Risiko einer weiteren Kontamination wird vom bayerischen Gesundheitsministerium als »gering« eingestuft.

30. Januar – Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft Covid-19 als »Gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite« ein. Es ist erst das sechste Mal, dass so ein Ereignis seit dem Inkrafttreten der internationalen Gesundheitsvorschriften im Jahr 2005 auftritt. Und die meisten Länder reagieren darauf mit: »Na ja, der Rest war ja auch nicht so schlimm.«

31. Januar – Großbritannien sagt ganz offiziell »Tschüssikowski« zur EU. Und zu tausenden Jobs, die in Großbritannien wegfallen.

05. Februar – Bei der Wahl zum Thüringer Ministerpräsidenten lässt sich Thomas Kemmerich von der FDP mit den Stimmen der AfD wählen. So ziemlich allen demokratisch verankerten Politikern und Menschen in Deutschland fällt daraufhin die Stulle aus dem Gesicht. »Wie jetzt? Die FDP macht mit Nazis gemeinsame Sache?«

06. Februar – Thomas Kemmerich, kürzlich gewählter Thüringer Ministerpräsident, sagt »Ja, hm, war jetzt vielleicht nicht die beste Idee die Wahl anzunehmen« und kündigt seinen Rücktritt an. Zwei Tage später tritt er dann auch zurück, bleibt aber 27 Tage geschäftsführend im Amt bis Anfang März Bodo Ramelow, der vorherige Ministerpräsident, wiedergewählt wird. Das ihm zustehende Gehalt von 93.000€ verspricht Thomas Kemmerich übrigens zu spenden, u.a. der »Vereinigung der Opfer des Stalinismus«, einer Organisation, deren thüringischer Landesverband von einem ehemaligen AfD-Politiker geleitet wird.

07. Februar – In der Antarktis werden 18,3°C gemessen. Ein paar Pinguine ziehen ihre Fracks aus.

09. Februar – In Los Angeles werden die Oscars verliehen. Bester Film wird »Parasite« von Bong Joon-ho, der insgesamt vier Auszeichnungen erhält. Und, erinnert sich noch jemand an eines der für den »Besten Song« nominierten Lieder? Na? Genau.

11. Februar – Die Weltgesundheitsorganisation WHO benennt die neuartige Krankheit, die durch Coronaviren verursacht wird. Man einigt sich auf »Covid-19«. Auf Platz 2 folgt »Uschi-2« und auf Platz 3 »Diethard-98«. Abgeschlagen bleibt »Coughy McCoughface«.

19. Februar – Ein Trottel erschießt in Hanau zehn Personen, das Gros davon mit Migrationshintergrund. Und der deutsche Innenminister so: »Ja, da müsste man schon mal prüfen, ob das mit den Waffengesetzen so noch richtig ist, aber vielleicht nicht zu dolle.«

21. Februar – Parlamentswahlen im Iran. Merkwürdigerweise scheint es hier weniger Probleme zu geben, als bei gewissen anderen Wahlen, die später im Jahr stattfinden.

29. Februar – Alle so: »Wisst ihr was echt dufte wäre? Wenn der öffentliche Nahverkehr kein Geld kosten würde.«
Luxemburg: »Halte mal mein Bier …«

16. März – Der Gewinner für den schlechtesten Film 2019 wird bekanntgegeben. Völlig unüberraschend wird es das Musical »Cats«, in dem Menschen, die in von Computergrafik hinzugefügten Katzenkostümen herumspringen, Lieder singen und in einer Handlung spielen, die keinen Sinn ergibt. Wahrscheinlich lag es daran, dass man vorher die durch die Computergrafik generierten Löcher im Hintern der Schauspieler extra wieder herausretuschieren musste …

20. März – Das Spiel »Animal Crossing: New Horizons« erscheint für das Spielsystem Nintendo Switch und ist für viele der Lichtblick in einer Welt, in der das Leben immer mehr durch Covid-19 bestimmt wird. Weil Zusammenkünfte im echten Leben nicht mehr funktionieren, kommt man im Spiel zusammen und veranstaltet Hochzeiten, Begräbnisse, Abschlussfeiern und sogar Talkshows mit berühmten Gästen. Selbst das Kampagnenteam von US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden veröffentlich Banner, die man sich im Spiel in seinen Garten stellen kann. Sein Konkurrent Trump kann dem allerdings nichts abgewinnen, weil man darin nicht Golf spielen kann.
Ferner wird an diesem Tag die Dokumentarserie »Tiger King« auf Netflix veröffentlicht und kurz darauf zu einem weltweiten Phänomen. Wer hätte schon gedacht, das eine Dokumentation über homosexuelle Großkatzenhalter, die fragwürdige Musikvideos produzieren und Morde in Auftrag geben so einschlagen würde?

22. März – In Deutschland wird wegen der Covid-19-Krise ein bundesweites Kontaktverbot beschlossen. Bundeskanzlerin Merkel muss zudem in Quarantäne, wird aber später negativ getestet. Manch einer überlegt, ob er seine Aktien verkaufen soll und sein Geld stattdessen in Toilettenpapier anlegt.

24. März – Das Deutsche Patent- und Markenamt bestätigt, dass die Currywurst (ohne Darm) offiziell aus Berlin stammt und deswegen auch nur noch daher kommen darf. Thüringer Bratwursthersteller beißen traurig in ihre Tische.

27. März – Außerplanmäßig erteilt Papst Franziskus den »Urbi et orbi«-Segen anlässlich der weltweiten COVID-19-Pandemie. Er macht da auch irgendwas als erster Papst überhaupt – wedelt irgendwie mit einem Goldständer statt der Hand oder so – während auf dem Petersplatz in Rom aus Infektionsschutzgründen alles leer ist.

29. März – Nach 35 Jahren läuft die letzte Folge der »Lindenstraße« im deutschen Fernsehen. Jetzt weiß man gar nicht mehr, was man verpasst, wenn man was anderes schaut.

30. März – Soul-Sänger Bill Withers stirbt und man kriegt gefühlt alle fünf Sekunden eine Nachricht in den sozialen Medien darüber, sodass man am liebsten sagen möchte: »I know, I know, I know, I know, I know, I know, I know, I know, I know, I know…«

06. April – Nachdem er aus Coronaschutzgründen geschlossen wurde, beginnen die Pandas im Zoo von Hong Kong mal wieder zu schnackseln. Stellt sich doch glatt heraus, dass sich Pandas beim Geschlechtsverkehr auch nicht gern beobachten lassen.

12. April – Papst Franziskus erteilt innerhalb eines Monats zum zweiten Mal den »Urbi et orbi«-Segen, obwohl das normalerweise nur alle halbe Jahre vorkommt. Aber ist ja Ostern, da kann man das ja mal machen. Außerdem macht er das im Livestream. Das findet er dann so spannend, dass er seitdem auf Twitch streamt, wie er »Fortnite« spielt.

20. April – Zum ersten Mal in der Geschichte ist der Preis auf ein Fass amerikanisches Öl an den Börsen auf einem negativen Wert. Kurzgesagt: Wollen die Ölkonzerne ihr Öl verkaufen, müssten sie den Abnehmern noch 40 Dollar pro Fass zahlen.

24. April – Der Deutsche Filmpreis wird verliehen. Bester Film wird »Systemsprenger«, eine Geschichte über ein 9-jähriges Mädchen, deren Weg zwischen wechselnden Pflegefamilien, Aufenthalten in der Psychiatrie und Heimen und erfolglosen Teilnahmen an Anti-Aggressions-Trainings gezeigt wird. Also so ein richtiger Gute-Laune-Film, bei dem man sich nach einem harten Tag richtig entspannen kann.

26. April – König Salman ibn Abd al-Aziz Al Saud von Saudi-Arabien erklärt per königlichem Dekret, dass Minderjährige für Verbrechen nicht mehr hingerichtet werden sollen. Prima, dann werden jetzt nicht mehr rund 180 Leute im Jahr hingerichtet, sondern nur noch 175!

27. April – Das US-amerikanische Verteidigungsministerium gibt drei Videos frei, die »unidentifizierte Flugobjekte« zeigen. Und alle so: »Wat? UFOs? Wat soll denn dieses Jahr noch kommen?«

02. Mai – Die New York Times berichtet darüber, dass sich asiatische Riesenhornissen in den USA breitmachen und Bienenvölkern die Köpfe abreißen. In den Staaten schüttelt man nur den Kopf: »Soll das heißen, dass wir es jetzt nicht nur mit einer Pandemie, sondern auch noch mit Mörderhornissen zu tun haben?«
Ja, das heißt es.

03. Mai – Ein paar venezolanische Exilanten und einige angeheuerte Söldner versuchen von Kolumbien aus, mit Booten in Venezuela einzudringen, um dort das Regime von Nicolás Maduro zu stürzen. Die venezolanische Armee wartet aber bereits auf sie, tötet ein paar und nimmt den Rest gefangen. Hinter fragt Venezuela die USA: »Leute, wat soll der Scheiß?«
Die USA: »Wat? Wir? Wir haben damit doch gar nichts zu tun. Sowas käme uns doch nie in den Sinn. Ist es ja auch noch nie. Wir haben uns ja noch nie irgendwo in die Politik eingemischt oder mit Waffengewalt irgendwas angestellt …«

04. Mai – Milliardär und Unternehmer Elon Musk und Musikerin Grimes werden Eltern. Der Name ihres Sohnes sorgt für Aufregung: X Æ A-12.
Aber keine Bange! Später entschließen sich die beiden, ihn doch noch umzubenennen, sodass der Name leichter aussprechbar wird. Er heißt jetzt X Æ A-XII.

06. Mai – Astronomen geben die Entdeckung des bis dato erdnahesten, bekannten schwarzen Lochs in ca. 1.000 Lichtjahren Entfernung bekannt. Seine Begleitsterne kann man sogar mit bloßem Auge sehen. Und dazwischen … ja, da ist das schwarze Loch, das man nicht sehen kann.

09. Mai – Der Rock’n’Roll-Sänger Little Richard stirbt. Ihm haben wir so unsterblich-poetische Textzeilen wie »Wop bop a loo bop a lop bam boom« zu verdanken.

10. Mai – Die iranische Navy schießt auf ein eigenes Schiff. Neunzehn Seeleute sterben. Der Iran: »Hüppserchen!«

11. Mai – Das Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie gibt bekannt, dass man nach der Radiocarbondatierung und DNA-Analyse von ein paar in Bulgarien gefundenen Knochen belegen kann, dass der »Homo sapiens« tausende Jahre früher in Europa ankam, als man zunächst dachte. Ja, so ist das mit der dusseligen Verwandtschaft: Man zieht sich gerade noch an, da stehen sie schon vor der Tür.

12. Mai – In Afghanistan stürmen ein paar Taliban eine Entbindungsstation in Kabul und ein Begräbnis in Kuz Kunar. 56 Leute lassen ihr Leben, 148 weitere werden verletzt, darunter Neugeborene, Mütter, Krankenschwestern und Trauernde. Weil normal denkende Menschen es selbstverständlich für eine gute Idee halten, ausgerechnet eine Entbindungsstation anzugreifen.

15. Mai – An diesem Tag soll die neue Weltordnung (NWO) beginnen. Also Bill Gates chippt alle, um dann … Dinge zu tun. Satan macht wohl auch mit. Das Ganze kann durch das beherzte twittern, posten von YouTube-Videos und Nachrichten auf Telegram durch einen veganen Koch, einen Sänger, bei dem man nicht so recht weiß, ob er singt oder heult, und ein paar Leute, die während ihrer Schulbildung lediglich intensiv Raufasertapete angestarrt haben, verhindert werden.

18. Mai – Die Weltgesundheitsorganisation WHO hält seine Weltgesundheitsversammlung – quasi das Entscheidungsgremium der WHO – erstmals per Videokonferenz ab. Die ersten zwei Stunden ist man zunächst mal beschäftigt zu fragen: »Könnt ihr mich hören?«

24. Mai – Die Minengesellschaft Rio Tinto fragt: »Sagt mal, diese Höhlen mit den alten heiligen Gegenständen von den Aboriginies, die historisch total wertvoll waren und noch viel älter, als ursprünglich mal gedacht, die brauchtet ihr doch nicht mehr, oder? WIr haben die nämlich gerade gesprengt …«

25. Mai – In den USA wird der 46-jährige Afroamerikaner George Floyd gewaltsam festgenommen. Einer der Polizisten, die ihn bewegungsunfähig auf dem Boden halten, legt ihm dabei ein Knie auf den Hals: »Hab dich nicht so, andere Leute können auch fast neun Minuten lang die Luft anhalten.« Floyd überlebt es nicht und landesweit kommt es zu Protesten, während denen es zu weiteren Fällen von Polizeigewalt kommt. Die »Black Lives Matter«-Bewegung nimmt an Fahrt auf.

27. Mai – Der Nationale Volkskongress der Chinesen beschließt ein neues Gesetz in Bezug auf Hong Kong. »Also wenn die da irgendwie Demokratie und sowas fordern, dann sind das doch eigentlich Terroristen, oder?«

29. Mai – US-Präsident Donald Trump verkündet den Austritt der Vereinigten Staaten aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO), weil es glücklicherweise gerade keine weltweite Pandemie gibt, die gerade in den USA eine horrende Anzahl an Todesfällen verursacht, bei der die WHO helfen könnte.

30. Mai – Nach neun Jahren ohne bemannten Raketenstart in den USA, startet erstmals eine Rakete der Firma SpaceX mit zwei NASA-Astronauten an Bord. Als die Astronauten am folgenden Tag an der Internationalen Raumstation andocken, sagen sie: »Leute, wir haben euch was mitgebracht?«
»Was denn?«
»Covid-19!«
(Haben Sie nicht. Die NASA hatte entsprechende Schutzvorkehrungen getroffen.)

31. Mai – Der US-bulgarische Künstler Christo stirbt und man überlegt, ob man seinen Sarg nicht schön verpacken sollte.

01. Juni – Die Weltgesundheitsorganisation gibt bekannt, dass im Kongo mal wieder Ebola ausgebrochen ist. »Gibt ja nicht schon genug Probleme wegen Covid-19, wisst ihr?«

11. Juni − Forscher geben bekannt, dass sie ein Bose-Einstein-Kondensat auf der ISS produziert haben, es aber absolut scheußlich schmeckt.

30. Juni – Die Europäische Südsternwarte (ESO) gibt bekannt, dass ein Stern weg ist. Nein, kein Stern auf dem Mercedes-Benz des Direktors. Ein echter Stern am Himmel ist plötzlich weg. Die Forscher brechen aber nicht in Panik aus. »Vermutlich heißt das nur, dass das Ding ohne große Explosion zum schwarzen Loch geworden ist.« Beruhigend.

01. Juli – Wladimir Putin: »Sacht ma, Leute, was haltet ihr denn davon, wenn ich bis in alle Ewigkeit Chef vons Ganze bleibe?«
Die russischen Wähler: »Ach, ja, warum nicht? Mit Diktatoren haben wir doch so gute Erfahrung gemacht.«

03. Juli – Die Rolling Stones erreichen mit dem Lied »Living in a Ghost Town« den ersten Platz der deutschen Charts. Das geschieht 52 Jahre nach ihrem letzten deutschen Nummer-1-Hit »Jumpin’ Jack Flash« und stellt somit einen neuen Rekord auf.

06. Juli – Der italienische Komponist Ennio Morricone spielt zum letzten Mal das Lied vom Tod.

07. Juli – Wladimir Putin überlegt öffentlich, ob man nicht ein regenbogenfarbenes Eis verbieten sollte, weil das die LGBT+-Agenda verbreiten würde. Wie man generell Regenbögen verbietet, hat er noch nicht so richtig durchdacht.

10. Juli – Die Europäische Zentralbank nimmt Bulgarien und Kroatien in den Wechselkursmechanismus II auf. Im Grunde ist das die Phase, in der die EU sagt: »So, jetzt lass Papa mal schauen, ob du das auch auf die Reihe kriegst.«

15. Juli – Die Twitter-Accounts von berühmten Leuten werden gehackt, um irgendeinen Bitcoin-Betrug zu bewerben und nicht die Bücher eines gewissen Schriftstellers aus Potsdam. Frechheit.

25. Juli – Der nordkoreanische Führer Kim Jong-Number-Un erklärt einen Lockdown im Land, weil bei einer Person vermutlich Covid-19 festgestellt wird. Der Rest der Welt: »Wie? Seid ihr nicht die ganze Zeit im Lockdown?«

28. Juli – Der ehemalige Premierminister von Malaysia Najib Razak wird in allen Anklagepunkten in seinem Verfahren schuldig gesprochen. Grob gesagt, hatte er in seiner Zeit als Premierminister verfügt: »Ey, wie wäre es denn, wenn das Geld für die Unternehmensentwicklungen im Land nicht an die Firmen rausgeht, sondern an mich! Also ich kann 700 Millionen US-Dollar wirklich gebrauchen!«
Die nächsten zwölf Jahre kann er darüber nachdenken, warum der Plan vielleicht nicht der cleverste war.

04. August – Frei nach dem Motto »Lasst uns doch mit Flammen herumhantieren, wo durch Flammen entzündbares Zeug liegt, das hochexplosiv ist!«, beginnt man Schweißarbeiten in einem Haus im Hafen von Beirut, in dem Feuerwerkskörper lagern. Es kommt zum Feuer und letztlich zu einem großen Bumm, bei dem gefühlt die halbe Stadt in die Luft fliegt. Selbst in über 20 Kilometer Entfernung bersten noch Fenster durch die bei der Explosion entstandene Druckwelle.

07. August – Der Pilot von Air India Express Flug 1344 kann während des Landeanflugs auf den Calicut International Airport nicht richtig sehen und landet deswegen etwa 100m hinter der empfohlenen Landezone. Das Flugzeug kommt nicht rechtzeitig zum Stillstand, rollt über das Ende der Landebahn hinaus und rutscht einen Hang hinunter. 21 Personen sterben, 169 werden verletzt. Die Überlebenden wischen sich den Schweiß von der Stirn, bis zwei von ihnen positiv auf Covid-19 getestet werden. Weitere 24 Leute stecken sich daraufhin mit dem Virus an, die fragen: »Erst überlebe ich einen Flugzeugabsturz und dann dieser Mist?«
Eine malayische Firma hat übrigens schon angekündigt, das Ganze zu verfilmen.

09. August – Die Präsidentschaftswahlen in Weißrussland enden. Offizieller Wahlsieger wird Alexander Lukaschenko, der vorsorglich hinterher erstmal in die Demonstranten schießen lässt, die meinen, dass da mit der Wahl vielleicht irgendwas nicht ganz sauber war.

19. August – Die belgische Stadt Gent gibt zu, dass sie ein Problem hat, welches sich »wilde Kacke« nennt. Wegen des Corona-Lockdowns wurden nicht nur Geschäfte geschlossen, sondern auch die meisten öffentlichen Toiletten. Obdachlose und auch andere Leute, die hin und wieder aufs stille Örtchen müssen, weichen dafür auf öffentliche Plätze aus.

23. August – Bayern München gewinnt die UEFA Champions League gegen Paris Saint-Germain. Oder für normale Leute ausgedrückt: Irgendwelche Leute, die ein Stück Leder mit Füßen treten, haben besagtes Leder besser als andere Leute getreten, die dafür aber auch zuviel bezahlt bekommen. Und am Ende haben irgendwelche Leute gejubelt, die damit eigentlich gar nichts zu tun hatten.

25. August – Nachdem man vierzig Jahre zuvor schon die Pocken ausgemerzt hatte, erklärt man ganz Afrika jetzt auch frei von Polio. Schon faszinierend, wie viele Menschenleben man mit Impfstoffen retten kann.

26. August – Der CEO von Amazon, Jeff Bezos, wird die erste Person der Geschichte, die über 200 Milliarden US-Dollar auf dem Konto hat. Wobei das die Inflation völlig außer Acht lässt. So hätte Jakob Fugger wahrscheinlich um die 400 Milliarden gehabt. Und beide hatten wahrscheinlich ähnliche Vorstellungen davon, wie wenig man sich um die eigenen Mitarbeiter kümmern sollte …

27. August – Leute in Louisiana: »Eigentlich haben wir schon genug Sorgen wegen der Pandemie.«
Hurrikan Laura: »Kuckuck! Ich dachte mal, ich reiße euch die Masken vom Gesicht.«
Leute in Lousiana: »Seufz.«

28. August – Shinzō Abe, der am längsten amtierende Premierminister Japans, gibt bekannt, dass er von seinem Posten zurücktreten möchte. Gesundheitlich geht es ihm nicht so gut und außerdem kommt ja auch bald die Playstation 5 auf den Markt, da braucht er mehr Zeit. Am 16. September scheidet er aus dem Amt aus.

31. August – Laut des fünften Sachstandsberichts des zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) der Vereinten Nationen entsprechen die Eisverluste in Grönland und der Antarktis den Worst-Case-Szenarien der Projektionen zum Meerespiegelanstieg. Im Grunde sagt man: »Leute, wir kriegen bald nasse Füße.«
Die Regierungen der Welt antworten: »Na, dann legen wir halt die Füße hoch.«

02. September – Uganda verkündet, dass es bei den bedrohten Berggorillas zu einem Baby-Boom gekommen ist. Sieben Gorillababys gab es im Jahr, mehr als doppelt so viele als im Jahr zuvor. Ein paar Menschen sitzen allerdings daheim und schwitzen nervös: »Diese Filme vom Planeten der Affen fingen auch mit einer Pandemie an und plötzlich haben die Affen die Kontrolle übernommen!«

03. September – Während der Bauarbeiten am Flughafen Santa Lucía von Mexico City werden die Überreste von 200 Mammuts und 30 weiteren Tieren freigelegt.
Und alle Wissenschaftler: »YAY!«
Und alle anderen: »Tja, dann bauen wir mal weiter, wa?«

04. September – Papst Benedikt XVI. wird mit 93 Jahren, vier Monaten und sechzehn Tagen der am ältesten gewordene Papst. Zwar papstet er ja eigentlich gar nicht mehr, aber da kann man ja mal ein Auge mit einer Hostie zudrücken.
In Kolumbien wird außerdem der über acht Kilometer lange Tunnel »La Línea« eröffnet, der längste Tunnel in ganz Amerika. Kann man sich endlich mal die schöne Landschaft Kolumbiens von unten anschauen.

14. September – Im abtauenden Permafrost von Sibirien findet man einen fast perfekt erhaltenen Höhlenbären, so zwischen 22.000 und 35.000 Jahren alt. Und da soll man noch mal sagen, dass die Erderwärmung nichts Tolles hervorbringen kann!

16. September – Der UN-Menschenrechtsrat wirft der Regierung von Venezuela unter Nicolás Maduro Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor, u.a. systematisches Töten, Folter, sexuelle Gewalt und Teilen von Links auf das YouTube-Video von Rick Astleys Hit »Never Gonna Give You Up.«

18. September – Ruth Bader Ginsburg, US-amerikanische Juristin und Mitglied des US Supreme Courts, stirbt in Washington D.C. Als eine der wichtigsten Personen der US-Justiz in Hinblick auf die Gleichberechtigung von Frauen, Schwarzen und Homosexuellen, wird sie verständlicherweise durch eine Frau abgelöst, die von alledem nicht viel hält.

02. Oktober – US-Präsident Donald Trump gibt bekannt, dass er an Covid-19 erkrankt ist. Sehr zum Missfallen des Großteils der Weltbevölkerung übersteht er die Krankheit.

06. Oktober – Der legendäre Gitarrist Eddie Van Halen stellt zum letzten Mal seine Gitarre in die Ecke.

23. Oktober – Nach acht Jahren Pause bringt die Band »Die Ärzte« ein neues Album auf den Markt. Ja, wirklich alle Ärzte haben in diesem Jahr zu tun.

26. Oktober – Die NASA bestätigt, dass es selbst auf der Sonnenseite des Mondes Wasser gibt. Gut, in der Wüste gibt es verhältnismäßig Hundert Mal mehr Wasser, als auf dem Mond, aber man will ja nicht kleinlich sein.

31. Oktober – Der schottische Schauspieler Sean Connery tritt von der Bühne und hat keinen Martini mehr, weder schüttelt noch gerührt. Sehr wahrscheinlich ist er vor Schreck gestorben, denn völlig überraschend eröffnet der Flughafen Berlin-Brandenburg nach gefühlt 500 Jahren Bauzeit.

02. November – Ein Trottel der islamistischen Gruppe IS läuft in der Wiener Innenstadt Amok und bringt Leute um. Weil man hinterher den Namen des Trottels nicht bekannt machen will, beschließt die Öffentlichkeit kurzerhand, ihn nur »Oaschloch« zu nennen.
In Rotterdam hingegen, kann eine U-Bahn nicht mehr rechtzeitig halten und kracht durch das Ende des Bahnhofs, der in dem Fall überirdisch liegt. Glück im Unglück: Die Bahn kommt auf einer großen Skulptur eines Wals zum Stehen und fällt nicht zehn Meter in die Tiefe, was dem Fahrer das Leben rettet, aber vermutlich nicht den Job.

03. November – In Bath heiraten die beiden 20-jährigen Kindheitsfreunde Tilly und Kieran. Sie beschließen, ihre beiden Nachnamen zu einem Doppelnamen zu vereinen: Sie sind jetzt offiziell Mr. und Mrs. White-Christmas.

07. November – Vier Tage nach den US-Präsidentschaftswahlen rufen die meisten Medien Joe Biden als neuen Präsidenten aus. Das offizielle Wahlergebnis lässt noch bis zum 23. November auf sich warten, aber die meisten Republikaner, darunter Präsident Trump, versuchen im Nachgang, immer noch so zu tun, als könnte das Ergebnis gar nicht stimmen, denn wo käme man denn dahin, wenn man einen totalen Versager auf einmal abwählt …

09. November – Die Firmen Pfizer und BioNTech geben bekannt, dass sie einen Impfstoff gegen Covid-19 entwickelt haben, der 90% effektiv sein soll. Einen Tag später sagt Russland, dass ihr Sputnik-V-Impfstoff 92% effektiv sein soll. Neun Tage später sagen Pfizer und BioNTech, dass ihr Impfstoff 95% effektiv sein soll. Russland überlegt daraufhin, ob ihr Impfstoff nicht auch noch junges Gemüse ohne Vitaminverlust putzt.

17. November – Der US-amerikanische Regisseur Spike Lee gibt bekannt, dass er einen Film über Viagra drehen will. Nicht nur das: Es soll auch ein Musical werden. Wer also schon immer auf einen Song gewartet hat, in dem die Standhaftigkeit eines geriatrischen Penis besungen wird …

25. November – Diego Maradona stirbt mit 60 Jahren. Der ehemalige argentinische Fußballnationalspieler war einer der bekanntesten Fußballspieler der Welt und verstirbt komischerweise nicht daran, dass er eine Badewanne voll Kokain schnupft.

28. November – Schauspieler und Bodybuilder David Prowse stirbt. Seine bekannteste Rolle war sicherlich die des Darth Vader in den »Star Wars«-Filmen. Wegen seiner großartigen Schauspielkunst ersetzte man ihn allerdings in den Szenen, in denen Vader keine Maske trägt, lieber durch einen anderen Darsteller.

05. Dezember – Russland beginnt damit sein Sputnik-V-Vakzin, bei dem man ein paar Schritte zur Zulassung unterschlagen hat, unter die Leute zu bringen. Zuvor hatten 52 Prozent von 3040 befragten russischen Ärzten und im Gesundheitsbereich arbeitenden Personen gesagt, dass sie das lieber nicht nehmen würden. Beruhigend.

07. Dezember – Chuck Yeager, amerikanischer Testpilot und erster Mensch, der die Schallmauer durchbrach, stirbt mit 97 Jahren. Sagen wir mal so: Mit dem Sterben hat er sich mehr Zeit gelassen, als mit dem Fliegen.
Außerdem gibt IKEA bekannt, dass es nach 70 Jahren keinen gedruckten Katalog mehr geben wird. Den gibt es nur noch im Internet – zum herunterladen und selbst zusammenbauen.

08. Dezember – In Großbritannien beginnt man mit den Massenimpfungen gegen Covid-19. Im Gegensatz zu Russland arbeitet man hier mit einem Impfstoff, bei dem man nicht sagte »Eh, passt schon.«

14. Dezember – Der Vulkan Ätna bricht mal wieder aus, weil der sich dachte, dass die Katastrophenlage im Jahr 2020 noch nicht voll ausgeschöpft war.

20. Dezember – Nachdem man eine neue, deutlich ansteckendere Variante des Covid-19-Virus in Großbritannien ausgemacht hat, beschließen viele Länder Einreisestopps für Personen, die von dort kommen. »Könnt ihr euch schon mal dran gewöhnen, wie das nach dem Ablauf der Brexit-Frist ist«, sagen viele EU-Bürger zu den Briten.

21. Dezember – Eine große Konjunktion von Jupiter und Saturn findet statt, d.h. beide Planeten kommen sich so nahe wie seit rund 20 Jahren nicht mehr.
Jupiter: »Und? Wie isset?«
Saturn: »Ach, muss.«

22. Dezember – Covid-19 gibt es jetzt auch offiziell in der Antarktis. Damit hat der Virus es auf jeden Kontinent geschafft und kriegt einen Preis oder so.

24. Dezember – Die EU und die Briten einigen sich doch noch kurz vor Ablauf der Frist auf ein Handelsabkommen für die Nach-Brexit-Zeit. Ein kleines Weihnachtswunder. Um das Handelsabkommen in einfachen Worten zu beschreiben: Es ist in etwa so, als hätten die Briten beim Weihnachtsessen darauf bestanden, dass sie selber ihre eigene Mahlzeit kochen, während sie ihre Küche in Brand gesetzt haben, und die EU überlässt ihnen nachträglich zumindest noch etwas die Reste vom Nachtisch.

27. Dezember – In der EU beginnt die Impfung gegen Covid-19. Ein deutscher Pilot, Samy Kramer, möchte die Leute daran erinnern und fliegt mit seinem Flugzeug eine Route, die man später auf dem Flugradar als große Spritze erkennen kann.

31. Dezember – Tausende trauern, weil sie ihren Kindern nicht wie jedes Jahr zum Jahreswechsel, explosive Stoffe in die Hand drücken können, die das Potential haben, eben diese Hand in einen Haufen Kohle zu verwandeln.

Jahrestag der Gründung des Kongo-Freistaats am 01. Juli

Heute, in Zeiten von »Black Lives Matter« und dem neuen internationalen Sport »Schmeiß die Statue vom Sockel«, gibt es hin und wieder etwas Aufmerksamkeit für den ehemaligen König von Belgien, Leopold II. Der gründete nämlich heute vor 135 Jahren, am 01. Juli 1885, den Kongo-Freistaat. Und was da passierte ist etwas, was man im Gegensatz zu vielen anderen Dingen tatsächlich mit dem Holocaust im Zweiten Weltkrieg vergleichen kann.

Setzt euch hin, nehmt euch einen Keks, trinkt einen Kaffee oder Tee … das dauert jetzt einen Moment. Und ist nicht lustig. Eine kleine Geschichtsstunde …

Im 19. Jahrhundert waren viele europäischen Staaten der Meinung, dass sie irgendwo auf der Welt, wo Leute wohnten, die eine dunklere Hautfarbe als sie selbst hatten, den Menschen mal ordentlich Kultur und Christentum nahebringen mussten, egal ob vor Ort schon eine andere Kultur oder andere Religionen existierten. Großbritannien gelang es so, sich praktisch auf der ganzen Welt als Arsch aufzuführen, und manche anderen Staaten dachten: »Toll, das wollen wir auch!«

Leopold II. von Belgien kam 1865 auf den Thron. Als König hoffte er, dass er sein Land mal richtig voranbringen könnte, aber da es sich um eine konstitutionelle Monarchie handelte, sagte das Parlament ganz gerne: »Leo, jetzt chill doch mal. Wir machen das schon.« Seine Politik setzte sich also nicht so richtig durch. Und sein größter Wunsch war es, dass Belgien ebenfalls eine Kolonialmacht werden würde, weswegen das Parlament meinte: »Bursche, wer soll den Scheiß denn bezahlen?«
»Na, ich!«, sagte Leopold, der zu dem Zeitpunkt einer der reichsten Menschen der Erde war, weil er u.a. mit Anteilen des Suezkanals spekuliert hatte.
Das Parlament war trotzdem nicht beeindruckt. »Wenn du die Knete hast, dann kannst du ja dein Privatvermögen dafür einsetzen, aber lass uns als Staat da raus.«
Und Leopold grübelte kurz und sagte dann: »Okili dokili!«

1866 sagte er dem belgischen Botschafter in Madrid: »Ey, fragt mal die Königin von Spanien, ob die mir nicht die Philippinen verkaufen will«, woraufhin der Botschafter sagte … eigentlich sagte er nichts. Er fand die Idee bescheuert und hielt lieber die Klappe, weswegen die Sache mit den Philippinen irgendwie im Sande verlief.

1876 finanzierte Leopold eine internationale Konferenz, in der er mehr oder weniger sagte: »Leute, um Afrika sollte man sich mal kümmern und da den Fortschritt hinbringen. Und ganz viel Philanthropie.«
»Wat?«
»Menschenliebe.«
»Ach so. Ja, das klingt eigentlich ziemlich dufte. Vielleicht solltest du da mal Expeditionen und so weiter organisieren.«
Und Leopold grübelte kurz und sagte dann: »Okili dokili!«

1878 gründete Leopold das« Komitee zur Erforschung des oberen Kongo«, deren offizielle Mission wissenschaftlicher und philanthropischer Natur war. Dem Leiter der Expedition, Henry Morgan Stanley, gab er aber insgeheim zu verstehen, dass er Land erwerben und Elfenbein mitbringen sollte. »Der ganze Quatsch finanziert sich ja nicht von alleine, da will ich wenigstens einen Gegenwert haben.«
Stanley fuhr daraufhin in den Kongo, gründete einige Siedlungen, darunter die heutige Hauptstadt Kinshasa, die damals aber noch unter dem Namen Leopoldville lief, und verarschte einige Häuptlinge mit einem Brennglas-Trick, weswegen die dachten: »Der Typ beherrscht sogar die Sonne, da sollten wir ihm lieber unser Land überschreiben.«
Genau dafür gründete Leopold dann 1879 die »Internationale Kongo-Gesellschaft«, der alle diese Landstriche überschrieben wurden und deren alleiniger Anteilseigner er selbst war.

1884 und 1885 fand dann die Berliner Konferenz statt, die auch als »Kongokonferenz« bezeichnet wird. Im Grunde wollten da alle Staaten klären, wer auf was in Afrika Anspruch hatte. Das war zwar in weiten Teilen schon vorher klar, aber zumindest gab das dem Ganzen einen offiziellen Anstrich. Natürlich wurden die Afrikaner dabei nicht gefragt, denn … die konnten ja froh sein, dass sie zumindest nicht mehr als Sklaven verschifft wurden. So blieb eigentlich nur Äthiopien als einziges afrikanisches Land übrig, welches vollkommen selbstständig war. Und auch das nur für kurze Zeit. Aber viel wichtiger: Die »Internationalen Kongo-Gesellschaft« wurde als Besitzer des Kongo-Gebietes bestätigt. Genaugenommen hatte man Leopold II. den Privatbesitz eines Staates zugesprochen, der ungefähr siebzig Mal so groß war, wie das Land, von dem er König war.
Und Leopold grübelte gar nicht erst, sondern sagte gleich: »Okili dokili!«

Am 01. Juli 1885 gründete er den Kongo-Freistaat und begann damit, im Land Infrastrukturen aufzubauen. Das kostete natürlich alles ein Höllengeld, weswegen er von der belgischen Regierung einige Kredite bekam, weil die vermutlich dachten: »Mist, wir können ja wohl kaum unserem König einen Kredit verwehren, oder?«. Außerdem brachte das irgendwie die Unabhängigkeit des Kongo-Freistaats doch ein wenig ins Wanken, aber wollen wir mal nicht kleinlich sein.
Problematisch war auch, dass die Wirtschaft im Land eigentlich auf Tauschhandel basierte, was ihm bei der Steuererhebung aber irgendwie nicht half. Also sollten die Kongolesen ihre Steuern in Naturalien bezahlen, was größtenteils in Elfenbein erfolgte und so ziemlich alle Handelsnetze, die man im Kongo mal aufgebaut hatte, kaputtmachte. Leopold gab allen möglichen Firmen die Erlaubnis, im Kongo-Freistaat tätig zu werden, allerdings mussten sie hohe Steuern zahlen, denn … das Geld muss ja irgendwo herkommen.
Irgendwo an dieser Stelle, sollte man wohl mal ein »Yay, Kapitalismus!« fallen lassen.

Glücklicherweise für Leopold, unglücklicherweise für die Bevölkerung, hatte Jahre zuvor Charles Goodyear ein Patent für die Vulkanisierung von Gummi erhalten. Gummireifen waren sehr gefragt und deswegen auch der Rohstoff Kautschuk, den es im Kongo in Massen gab. 1888 erfand John Dunlop noch dazu den Luftreifen, der die Nachfrage nach Kautschuk noch einmal steigerte. Was machte also Leopold? Er schickte seine Truppen, also praktisch eine Privatarmee, in die Dörfer und ließ den Leuten befehlen, Kautschuk zu sammeln, sonst würden ihre Hütten abgebrannt werden. Wer deswegen zu fliehen versuchte, sollte erschossen werden. Die Firmen, die gekommen waren, um im Grunde ebenfalls den Kautschuk auszubeuten, machten praktisch dasselbe.
Es gab dabei aber ein Problem: Munition ist teuer und viele der Soldaten jagten einfach so gerne irgendwelche Tiere. Um also sicherstellen zu können, dass mit seiner Munition auch tatsächlich Menschen getötet worden waren, mussten die Soldaten zum Beweis die Hände der erschossenen Menschen vorlegen. Und diese Hände gammelten schon mal, bis der zuständige Beamte mit dem Zählen hinterherkam. Also wurden sie geräuchert, um sie haltbar zu machen.

Einige der Soldaten wollten aber trotzdem jagen. Um zu beweisen, dass sie die Munition aber nicht bei einer Jagd verschwendet hatten, hackten sie eben lebenden Menschen die Hände ab. Und weil das so viel Spaß machte, hackten sie auch gleich noch Leuten die Hände ab, die ihrer Meinung nach nicht genug Kautschuk gesammelt hatten. Es gab also jede Menge Leute, deren Arbeitskraft irgendwie geringer ausfiel, weil sie plötzlich 50% weniger Arbeitsmittel hatten. So vielleicht die nüchterne Betrachtung eines der damaligen Leute. Einige verstanden, dass man die Sache mit dem Abhacken von Händen vielleicht etwas einschränken sollte. Die einigten sich dann darauf, dass es stattdessen auch Nasen tun würden, damit die Arbeiter weiter arbeiten konnten.
Natürlich waren damit die Ungeheuerlichkeiten nicht erschöpft. Manche Arbeiter wurden kopfüber von Bäumen gehängt und dem Tod überlassen. Anderen wurden die Beine durchbohrt oder bis zur Bewusstlosigkeit ausgepeitscht. Was man z.T. mit den Geschlechtsteilen machte, wird hier mal außen vor gelassen.

Warum ging gegen diese Greuel niemand vor? Nun … es gab praktisch keine rechtlichen Strukturen in diesem Land, welches ungefähr die Größe Westeuropas hatte. Irgendein Hanswurst aus Belgien wurde in den Kongo versetzt, hatte mit der Hitze, der Feuchtigkeit, allerlei Krankheiten wie Malaria und einer ziemlich angepissten Bevölkerung zu tun, was bei ihm Ängste auslöste … da fängt der ordentliche Kleinbürger schon mal an durchzudrehen und sich gewissen Allmachtsfantasien hinzugeben. Hilft natürlich auch, wenn man sich generell für etwas Besseres hält, nur weil man eine andere Hautfarbe hat.
Und all die anderen Länder? Nun, die bekamen schlichtweg gar nicht mit, was in dem Land vorging. In dieser Zeit vor Flugzeug, Fernschreiber und Internet waren Nachrichten aus dem Dschungel halt relativ selten. So konnte die Gewalt über Jahre im Kongo ausgeübt werden. Und abgesehen von den vielen abgehackten Händen sorgte der Drang, möglichst viel Kautschuk zu gewinnen, auch dafür, dass die Bevölkerung kaum noch Zeit hatte sich um die Felder zu kümmern. Anders ausgedrückt: Wer nicht ohnehin seine Hand verlor und nicht mehr ordentlich arbeiten konnte, bekam sowieso nichts mehr zu essen.

In den 1890er Jahren kam dann der englische Schriftsteller Joseph Conrad in den Kongo und schaute sich das Ganze an. Er schrieb daraufhin das Buch »Herz der Finsternis« (»Heart Of Darkness«), welches Jahre später übrigens als Vorlage für den Film »Apocalypse Now« von Francis Ford Coppola diente. Die in dem Buch beschriebenen Greueltaten sorgten dann europaweit für Entrüstung. Gleichzeitig kamen auch ein paar Leute auf die Idee, sich mal anzuschauen, was für Waren eigentlich aus und in den Kongo geliefert wurden. Aus dem Kongo kamen Elfenbein und Kautschuk, in den Kongo wurden nur Waffen, Ketten und Sprengmaterial verschifft. Es war also klar, dass da irgendwas nicht optimal lief. Missionare äußerten sich ebenfalls kritisch. Der Journalist und Autor Edmund Dene Morel, der in dem Zuge die erste große Menschenrechtsbewegung begründete, führte einen langen Kampf in den Medien gegen Leopold II.
1903 schickte Großbritannien dann mal jemanden in den Kongo, der schauen sollte, ob Morel Blödsinn redete oder ob das wirklich alles so stimmte. Und derjenige kam zurück und sagte: »Alter …«
1905 veröffentlichte Mark Twain, der Autor von u.a. »Tom Sawyer«, eine Streitschrift namens »König Leopolds Selbstgespräch«, in dem er die Öffentlichkeit quasi über die Greueltaten informierte. Er forderte darin sogar einen internationalen Gerichtshof, der König Leopold II. wegen seiner Verbrechen zum Tode verurteilen sollte.
Im Grunde sagte die ganze Welt zu Leopold »Du blödes Arschloch …«. Die belgische Regierung verabschiedete ein Gesetz, das vorsah, dass der Staat Belgien ihm den Kongo-Freistaat abkauft und es in eine Kolonie umwandelt.
Darauf sagte Leopold dann 1908 notgedrungen: »Okili dokili.«
Im Belgisch-Kongo wurde die Zwangsarbeit abgeschafft, ein Rechtssystem eingeführt, aber sagen wir mal so … wirklich toll wurde es deswegen dort trotzdem nicht und die Zwangsarbeit ging trotzdem noch eine Weile weiter.

Man geht davon aus, das zwischen 1885 und 1905 von ursprünglich etwa 25 Millionen Einwohnern nur etwa 15 Millionen übrig blieben. Durch Spätfolgen hatte der Kongo 1924 sogar nur noch 10 Millionen Einwohner. Zu seiner Zeit gaben ohnehin schon viele Leute ihm die Schuld für den Tod oder das Nicht-Vorhandensein von rund 15 Millionen Menschen, da die Bevölkerung des Kongos in der Zeit ja normalerweise gewachsen wäre.
Zum Vergleich: Im Ersten Weltkrieg starben rund 9,5 Millionen Soldaten. Die Opfer des Holocaust werden mit rund 6,3 Millionen Juden angegeben.

Wie wurde Leopold II. für seine Taten bestraft?
Er hat rechtzeitig Geld beiseitegeschafft, damit er nicht bankrott ging. Einen Prozess gegen ihn hat es nicht gegeben.
Er starb 1909 als längster amtierender König von Belgien, nach 44 Jahren Amtszeit. Kurz nach seinem Tod begann dann das große Vergessen. Wirklich auseinandergesetzt hat man sich mit seinen Taten danach nicht mehr. Stattdessen stehen noch heute etliche Statuen zu seinen Ehren in Belgien. Allerdings gibt es dagegen immer mehr Widerstand. Man stelle sich nur mal vor, dass in Deutschland noch immer Statuen von Adolf Hitler auf öffentlichen Plätzen ausgestellt wären. Undenkbar. In Belgien? An der Tagesordnung.

Einen kleinen Trost gibt es allerdings. Bei seinem Trauerzug wurden seine sterblichen Überreste von der belgischen Bevölkerung ausgebuht.

Neues Video: „Rattengift und Brandy: Der Marathon bei den Olympischen Spielen 1904“

Und wieder eine neue Geschichte aus meinem bisher unveröffentlichten Buch über Kuriositäten in der Geschichte. Darin geht es um die merkwürdigen Geschehnisse bei den Olympischen Spielen 1904, vor allem den Marathonlauf. Ich wünsche viel Spaß!

Napoléons Körpergröße

Eines der gebräuchlichsten geschichtlichen Missverständnisse ist die Körpergröße von Napoléon Bonaparte.

Die Briten machten sich damals über ihn lustig, weil sie bei französischen Angaben seiner Höhe fälschlicherweise von ihren eigenen Längeneinheiten ausgingen, welche sich von denen der Franzosen deutlich unterschieden. So war Napoléon nicht nur etwas über 1,50m groß, wie die Briten damals glaubten, sondern maß knapp 30 Meter. Ohne Schuhe. Die wurden ihm ja auch explizit aus Elefantenleder hergestellt, weil sonst kein Tier so viel Material hergab.

Seine außergewöhnliche Körpergröße trug dazu bei, dass die französische Armee praktisch ganz Europa einnahm. Im Grunde lief er immer vorneweg und alle anderen Armeen flohen in panischer Angst, weil sie dachten: »Verdammt, das ist ja wie bei King Kong oder Godzilla!«
Wahrscheinlich spuckte Napoléon auch Feuer. Könnte sein.

Allein der Körpergröße wegen hatte auch nie jemand seinen Thronanspruch angefochten. Was hätten die auch sagen sollen? »Du, du, du!«, mitsamt erhobener Faust? Napoléon hätte seine Gegner einfach zertreten. Buchstäblich.

Eigentlich wollte Napoléon auch durch den Kanal waten und England einnehmen, aber das Wasser ging ihm bis zum Hals und weil er nicht schwimmen konnte, ließ er es dann sein.

Was? Warum Napoléon dann auf Bildern aussieht, als hätte er eine normale Körpergröße? Propaganda. Er wollte ja nicht, dass alle Angst vor ihm haben. Also daheim. In anderen Ländern natürlich schon. Aber darauf gehen die Geschichtslehrer nicht gern ein. »Schwachsinn!«, hat meiner damals gesagt und mir eine schlechte Note gegeben, dabei habe ich die Körpergröße selber ausgerechnet! Mein Mathelehrer hat damals auch gesagt: »So funktioniert das nicht. Hast du denn gar nichts gelernt?«, und mir ebenfalls eine schlechte Note gegeben. Die wollten einfach nur die Wahrheit verschleiern. Ganz bestimmt.

Das Märchen von der EU und dem Brexit

Es war einmal vor langer Zeit, da gab es in einem Haus mehrere Mietparteien. Hin und wieder stritten die sich etwas untereinander und dann sprachen sie eine ganze Weile nicht mehr, weil einer die Wohnung des anderen verwüstet hatte und umgekehrt. Gerade Familie Deutsch, die irgendwie in der Mitte all der Wohnungen lag, hatte da immer schlimm mitgemischt und die anderen fanden, dass die sich mal am Riemen reißen sollten. Aus diesem Grund hatte man auch die Wohnung der Familie Deutsch in zwei Wohnungen aufgeteilt, weil man dachte: »Also wenn die zusammen sind, dann haben die nur Flausen im Kopf.«
Familie Deutsch hatte das auch eingesehen und gelobte Besserung, weil sie beim letzten Mal echt deutlich über die Stränge geschlagen hatte.

Draußen, etwas abseits auf dem Hof, gab es noch zwei kleine Wohnungen. Die beiden Familien Irish und Brits hatten öfter Probleme, weil nicht ganz klar war, wem ein bestimmtes Zimmer gehörte. Die Familie Irish meinte, dass es bei ihnen in der Wohnung lag, die Brits sagten aber, dass es schon immer Teil ihrer Wohnung war. Aber dazu später mehr.

Der eine Teil der Familie Deutsch und die Familie France, die früher wirklich oft miteinander gestritten hatten, sagten irgendwann: »Mensch, eigentlich wollen wir uns ja nicht mehr streiten und sind irgendwie Besties. Lass uns doch alles zusammen machen und entscheiden, dann liegen wir uns auch nie wieder in den Haaren.«
Ein paar andere Familien aus dem Haus dachten: »Mensch, was für eine schöne Idee. Wenn wir alles zusammenmachen, gibt es weniger Streit. Außerdem können wir gegenüber den anderen Häusern in der Straße geschlossener auftreten und werden nicht mehr so hin und her geschubst, denn die Familien States und Sowjetskich versuchen uns ja andauernd in ihren Streit hineinzuziehen. Mit den riesigen Kanonen in ihren Vorgärten, passiert uns nämlich bestimmt auch was, wenn die sich mal richtig in die Wolle kriegen.«
Die Familie Sowjetskich hatte außerdem den östlichen Teil der Familie Deutsch unter Kontrolle, die über den Rest der Familie, der in der westlichen Hälfte der Wohnung lebte, dachte: »Mann, bei denen läuft es irgendwie besser.«
Egal.

Im Endeffekt trafen sich die Familien France, Deutsch, Belgie, Italia und Nederland in der Wohnung der Italias und unterschrieben einen Vertrag, in dem sie sagten, dass sie gemeinsam einkaufen gehen und sich einen gemeinsamen Stromanbieter suchen wollen. »Wir nennen uns jetzt EWG!«, sagten alle, hoben ihre Daumen und fanden es tuffig und super.
Die Familie Brits hätte eigentlich auch mitmachen können, aber die rümpften zunächst die Nase über die Pläne, immerhin hatte ihnen mal fast die ganze Straße gehört und jetzt wollte man sich nicht einfach irgendwie einordnen. Aber nachdem die Familie sah, wie gut es den anderen in der EWG ging, überlegten sie es sich noch einmal anders.
»Ey, wir wollen auch mitmachen!«, sagten die Brits, aber Familie France rümpfte die Nase: »Ick weiß nich, die machen vermutlich mehr Ärger, als dass sie helfen.« Familie France sollte irgendwie recht behalten, aber hinterher weiß man ja immer mehr.

Die Familien in der EWG unterstützen sich gegenseitig. Man schmiss Geld in einen Topf, ging ordentlich einkaufen und so hatte jeder immer was davon. Die Kühlschränke bei allen Mitgliedern waren voll und wenn es irgendwem mal an irgendwas mangelte, weil irgendwas kaputt ging oder er sich gerade kein Brot leisten konnte, dann teilte man miteinander. Strom gab es auch und alle waren nett zueinander. Einige Nachbarn wurden deswegen neidisch auf den Zusammenschluss.
»Ey, können wir vielleicht auch mitmachen?«, fragten die Familien Irish, Norge, Danmark und erneut die Familie Brits.
»Hm, na gut«, sagten die Familien in der EWG, aber das Familienoberhaupt der Norges fragte vorher noch mal in der eigenen Mischpoke, ob das so okay war. Überraschenderweise sagte die aber: »Nee. Wir haben doch viel mehr Wohlstand als die. Nachher kriegen wir nicht mehr unseren guten Lachs oder so oder zahlen mehr als die anderen. Doofe Idee.«
Auch der Familienvorstand der Brits fragte noch einmal nach. Dort sagte die Sippe ausdrücklich: »Au ja!«
Selbst Familie France hatte diesmal nichts dagegen einzuwenden, obwohl die Brits verlangten, dass sie nicht ganz so viel in den gemeinsamen Topf einzahlen, wie sie eigentlich hätten sollen. Man rollte kurz mit den Augen und sagte dann: »Ja, jut, wenn ihr meint.«
Die Familie Irish hatte nicht viel zu bieten, insofern waren alle etwas skeptisch, aber im Endeffekt sagten alle in der EWG: »Ach, komm, hier haste ne Kartoffel.«
Danmark war zwar eigentlich eine kleine Familie, hatte aber ein paar Straßen weiter noch ein paar angeheiratete Angehörige, die zwar nicht zahlreich waren, aber ein riesiges Haus hatten, welches sie nicht richtig heizen konnten. Die besagte Familie, die den Namen Nunaat hatte, hielt von der großen Gemeinschaft nicht viel. Sie kamen gut alleine klar und brauchten auch nicht viel, vor allem keine Leute, die sich noch an ihrem Fisch bedienen wollten. Also verabschiedeten sie sich bald wieder und machten ihr eigenes Ding. Danmark selbst hatte aber auch genug Geld, dass der Rest der EWG sagte: »Nee, du bist cool.«

Ein paar der Familien der Hausgemeinschaft, die noch nicht beigetreten waren und vor allem im unteren Teil des Hauses wohnten, fragten nach einer Weile: »Wat is denn mit uns? Können wir auch mitmachen?«
Familie Hellas, die irgendwie mehr damit beschäftigt war Metaxa zu saufen, als irgendwas mal anständig durchzuziehen, nahm man auf, auch wenn einige der bisherigen Mitglieder dachten: »Weiß nicht, ob dein Streit mit den Türkiyes aus dem Nachbarhaus da wirklich hilft.«
Familie Espana wollte auch gerne beitreten, aber da das Familienoberhaupt seine Familie andauernd schlug, sagten die anderen Mietparteien. »Nee, du, lass ma.«
Kurz darauf, nachdem der Vater bei den Espanas den Löffel abgegeben hatte, fing die Familie an, sich zusammenzureißen, und dann ließ man sie ebenfalls mitmachen.
Familie Portuguesa holte man ebenfalls ins Boot, denn warum auch nicht. Die waren ja nett und hatten zumindest ihre eigene Familie nicht gehauen.
Kurz darauf fragten auch die Sippe der Marokkos aus dem Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite an, ob sie nicht mitmachen könnte, aber alle in der EWG schauten sich an und sagten: »Wat? Wat willst du denn? Du wohnst ja nicht mal bei uns im Haus!«
Familie Türkiye, deren Keller irgendwie mit ins Haus reichte, wurde zwar auch abgewiesen, aber man sagte ihr, dass man ja später noch mal schauen konnte.

In dieser Zeit begann es bei der Familie Sowjetskich zu krieseln. Was vorher eine große Familie war, zerbrach nun in mehrere kleinere Familien. Die alle hatten unter sich so viel miteinander zu tun, dass der Einfluss, den sie auf einige der Familien im Haus, in dem die EWG war, hatten, zerfiel. Die Familie Deutsch riss endlich die Trennwand nieder, welche die Wohnung gespalten hatte, und war nun wieder eine große Familie. Und auch ein paar andere Familien, wie z.B. Familie Polska, Eesti und Latvija mussten nun nicht mehr darauf hören, was Familie Sowjetskich zu sagen hatte.
Sicher, die Sippen der Brits und Frances wussten nicht so recht, ob Familie Deutsch jetzt wieder anfangen würde, sich bescheuert aufzuführen, aber glücklichweise blieb das aus. Familie Deutsch wollte weiter mit der EWG machen. Und noch viel mehr.
Mittlerweile dachten auch Familie Austria, Sverige und Suomi: »Mensch, Leute, wir sind dabei.«
Der Familienvorstand der Norges meinte: »Ich glaube, wir machen jetzt auch mal mit«, aber seine Familie sagte: »Nee, immer noch nicht.«

Und dann hatte man in der EWG eine tolle Idee: »Sagt mal, wat is denn, wenn wir in Zukunft alle unter uns die Türen auflassen. Dann kann jeder jeden besuchen und wir müssen nicht erst klingeln oder zur Tür gehen, wenn da jemand steht. Also quasi nur wenn jemand an der Haustür steht, muss man mal schauen, wer dit is, aber ansonsten nich.«
Und alle so: »Mensch, die Idee ist echt dufte.«
Selbst Familie Helvetia, die ansonsten alles verschlafen hatte und an nichts teilnahm, sagte: »Yo, find ick jut.« Und auch die Norges sagten: »Ja, jut, wenn wir sonst nicht mitmachen müssen …«
Nur die Irishs und die Brits sagten: »Nee, also wissen wa nich so recht.«
Der Rest im Haus sagte: »Schade, aber streiten wir uns nicht drüber. Ihr seid ja eh da draußen irgendwo unter euch.«

Schließlich sagte man sich in der EWG auch: »Also diese ganze Umrechnerei zwischen unseren Wohnungen, wer was wie bezahlt, ist auch zu kompliziert. Vielleicht sollten wir alle zusammen in einer Währung rechnen, dann macht sich das alles einfacher. Außerdem fühlen wir uns dann alle noch mehr zusammengehörig, wenn wir alle die gleiche Währung haben.«
Und alle sagten energisch: »Yo!«
Außer Familie Danmark und die Brits. Die waren der Meinung, dass ihr Geld irgendwie besser als das andere Geld wäre.
»Unsere Familie ist schon so alt und das hat Tradition bei uns«, sagten die Brits. »Also machen wir da nicht mit.«
Alle im Haus rollten etwas mit den Augen, weil die Brits schon wieder eine Extrawurst haben wollten, aber dann dachten sie: »Ja, was soll’s, die sind ein wenig merkwürdig. Wahrscheinlich liegt das an dem komischen Essen.«
Das galt wohl für beide Familien, denn die Danmarks hatten auch immer diese komische rote Wurst. Aber egal.

Nach einiger Zeit kamen noch einmal etliche Familien aus dem Haus dazu und einige andere fragten, ob sie nicht auch mitmachen könnten.
Dummerweise hatte Familie Hellas aber ein Problem. Die hatten ordentlich Geld ausgegeben, obwohl nur ein Teil der Familie wirklich etwas verdiente.
»Aber wieso? Das geht doch alles auf Kreditkarte?«, sagte Familie Hellas und die anderen Familien patschten sich an den Kopf und sagten: »Leute, aber auch das müsst ihr irgendwann bezahlen?«
»Ach so?«
»Ja, schon.«
»Manno.«
Da haben sich dann alle Familien im Haus zusammengesetzt und gesagt: »Na jut, wir werden euch etwas mit Geld aushelfen, aber dafür müsst ihr natürlich auch etwas für uns tun und dafür sorgen, dass ihr alle wieder nen Job habt, ja?«
»Sicher«, sagte Familie Hellas und trank zunächst mal einen Metaxa.
»Ernsthaft«, sagte der Rest. »Wir geben euch nix, wenn ihr nur rumsitzt und sauft.«
»Ja, okay«, sagte Familie Hellas und hörte mit dem Saufen auf.

Aber nicht alle Personen in den jeweiligen Familien im Haus fanden es toll, dass man der Familie Hellas Geld geben wollte. Manche meinten: »Ey, das Geld könnten wir auch für uns selbst ausgeben!«
»Ja«, sagten die, denen etwas an der Gemeinschaft gelegen war, »aber wir haben ja damals gesagt, dass wir uns alle gegenseitig unterstützen. Wenn wir das gleich bei der ersten Krise über Bord werfen, dann hat das Ganze ja keinen Sinn, oder?«
»Na ja, vielleicht macht das Ganze ja keinen Sinn«, sagten ein paar Personen in den jeweiligen Familien. »Unsere eigenen Familien haben ja auch Sorgen.«
»Ja, aber schaut doch mal«, sagten die, die die Gemeinschaft nicht gleich aufgeben wollten, »wir machen alles gemeinsam, sparen total viel, weil wir gemeinsam einkaufen, wenn mal was ist, greifen wir uns gegenseitig unter die Arme und gestritten haben wir uns auch ganz lange nicht mehr. Jeder kann jeden besuchen und irgendwie ist es doch so, als wären wir alle eine große Familie. Außerdem, wenn wir es mit den anderen Familien aus der Straße zu tun haben, reden die gleich ganz anders mit uns, weil sie wissen, dass wir alle zusammenstehen.«

Eigentlich waren das Argumente, die alle überzeugten, aber gerade bei den Brits gab es ein paar, die dachten: »Weiß nich, früher war alles besser.«
»Wat meinst du?«, fragten andere. »Zu der Zeit, als uns noch die ganze Straße gehört hat und wir uns wie Arschlöcher aufgeführt haben?«
»Ja, genau.«
»Ach so. Ja, hm.«
»Ich glaube, wir sollten bei diesem ganzen Quatsch nicht mehr mitmachen.«
»Aber neulich hat uns die Gemeinschaft erst ne Mikrowelle bezahlt und ein paar von den Leuten helfen bei uns in der Wohnung aus. Also, ein paar von uns Brits wissen ja nicht mal, wie man ein Pflaster klebt.«
»Aber in letzter Zeit kommen so viele Leute von außerhalb des Hauses, weil sie hier unterkommen wollen. Ich meine, deren Haus auf der anderen Straßenseite brennt, es wohnen ein paar Mörder in dem Haus, ein paar der Familien können schon untereinander nicht miteinander und wir haben denen auch noch das Essen geklaut, aber eigentlich ist es doch total super da bei denen, oder? Hier haben die doch eigentlich nichts zu suchen, richtig?«
»Mensch, die würden sogar in der Badewanne wohnen. So schlimm ist das doch nicht. Außerdem helfen die anderen Familien ja auch. Familie Deutsch hat ja auch welche unterbringen können und es nicht mal gemerkt.«
»Und wenn ich nachts schlafen will, bringen die mich bestimmt um.«
»Wat?«
»Ja.«
»Nee.«
»Na, ich weiß nicht.«
»Warum sollten die das denn tun?«
»Na, da wohnen doch Mörder bei denen im Haus.«
»Vor denen rennen sie doch aber weg.«
»Dann sind die bestimmt auch Mörder.«
»Wat? Wo ist denn da die Logik?«
»Außerdem fressen die uns den ganzen Kühlschrank leer.«
»Hast du mal in den Kühlschrank geschaut? Der ist so voll, dass wir zum Teil Zeug wegschmeißen müssen, weil wir es nicht schnell genug weggegessen kriegen. Halb so wild.«
Ein paar Jungen aus der Familie Brits, Boris und Nigel, die schon in der Vergangenheit öfter mal Mist gebaut hatten, riefen nun andauernd dazwischen: »Wir wollen raus! Wir wollen raus!«
»Kämm dir erst mal die Haare«, sagten manche aus der Familie zu Boris, aber der wollte nicht hören.
Stattdessen erfanden er und Nigel lauter Lügen, die sie in der Familie herumerzählten: »Wir schicken wöchentlich 350 Pfund unseres Geldes an die anderen Familien, dabei könnten wir uns damit Pflaster kaufen.«
»Ist doch völliger Blödsinn«, argumentierten manche, aber etliche in der Verwandtschaft, die in der Schule nie so richtig aufgepasst hatten, sagten: »Ach?«
»Wir sollten darüber abstimmen, ob wir weiter in der Gemeinschaft sein wollen oder nicht.«
»Genau! Das ist nämlich doof!«, riefen viele und andere, also die, die mal kurz darüber nachdachten, was ihnen die Gemeinschaft eigentlich brachte, sagten: »Aber wir haben ja im Grunde mehr Vorteile als Nachteile dadurch.«
»Nee, stimmt ja gar nicht. Wir könnten wieder so ein Riesenarschloch wie früher sein!«, sagten Boris und Nigel und stolperten über ihre eigenen Schnürsenkel.

Also stimmte die Familie Brits ab und es stellte sich heraus, dass die meisten von ihnen raus wollten. Das Familienoberhaupt, Papa David, sagte daraufhin: »Äh, lasst mich damit in Ruhe. Ich bin weg. Mach du das mal, Mama Theresa.«
Und Theresa sagte: »Ey, ich wollte doch aber weitermachen!«
»Ja, das kannste ja jetzt der Gemeinschaft erklären.«
Also ging sie zur Gemeinschaft und sagte: »Leute, wir machen nicht mehr bei euch mit.«
Und die anderen Familien im Haus sagten: »Ja, schade. Doof für euch, aber wenn ihr meint …«
»Wir müssten dann noch verhandeln, wie das Ganze laufen soll«, sagte Theresa.
Und die Familien sagten: »Ja, mach doch einen Vorschlag.«
Und Theresa sagte: »Ja, also eigentlich soll alles so bleiben wie bisher, aber wir zahlen einfach nix mehr.«
Und alle anderen im Haus sagten: »Du hast sie ja wohl nicht alle.«
Da meinte Theresa: »Hm, das wird ja schwieriger als gedacht.«

So nach und nach stellten einige Brits fest, dass sie die Sache mit dem Austritt nicht so recht durchdacht hatten. Familie Irish beispielsweise fragte: »Ey, wat is denn eigentlich mit dem Zimmer, das wir uns teilen? Soll es da etwa wieder so einen Streit geben, wie wir ihn vor Jahren hatten?«
»Nee«, sagte Theresa. »Das, äh, regeln wir irgendwie.«
Onkel Scott, der im nördlichsten Teil der Wohnung wohnte, gerne mal einen über den Durst trank und immer so komisch sprach, sagte »Oi! Wat is dit für’n Quatsch? Ich glaube, ich lass mich scheiden!«
»Fängst du schon wieder davon an?«, sagte der Rest der Familie.
Allerdings nahm Scott dann noch einen Schluck und schlief wieder ein.

Theresa ging also wieder zu den anderen Familien und sagte: »Leute, wat is? Es bleibt alles beim Alten und wir zahlen einfach nicht mehr, okay?«
Und die Familien sagten wieder: »Keule, ham wa doch schon jesacht: Is nich. Wenn du nicht bald mit einer tollen Idee rüberkommst, dann kommt ein Zaun um eure Wohnung und dann müsst ihr halt sehen.«
»Aber wir würden halt auch gerne billig einkaufen.«
»Ja, aber ihr wolltet ja nicht mehr.«
»Und es können doch weiterhin Leute bei uns Pflaster kleben und sich um unsere Finanzen kümmern.«
»Na ja, da müssten wir aber klären, dass das relativ unkompliziert geregelt wird.«
»Das wollen meine Leute aber nicht.«
»Tja, dann … eben nicht.«
»Und was ist jetzt mit der Schokolade und den Keksen, die es immer für alle gab? Davon gebt ihr uns doch sicher noch ab, oder?«
»Noch einmal, ihr wollten das doch nicht mehr. Also könnt ihr auch keine Schokolade und Kekse haben.«
»Manno.«

Mittlerweile merkte die Familie Brits, dass Boris und Nigel gelogen hatten, aber die kicherten nur und erzählten sich weiter Witze in der Ecke auf dem Ledersofa. Manche aus der Familie wollten ihnen zwar eine Backpfeife geben, ließen es dann aber doch.
In einigen anderen Sippen des Hauses hatte auch so manches Familienmitglied geschrien, dass die Hausgemeinschaft blöd war, aber komischerweise sagte jetzt niemand mehr etwas dagegen. Stattdessen bemitleidete man die Familie Brits irgendwie.
»Also, ihr könntet vielleicht doch von unseren Einkäufen profitieren, aber dann müsst ihr euch weiter beteiligen. Ihr könnt dann aber nicht mehr sagen, was eingekauft werden soll.«
»Das ist ja dann noch viel blöder, als es vorher schon war, oder?«
»Ja, aber ihr wolltet ja nicht mehr, also …«
Also überbrachte Theresa diese Nachricht ihrer Familie, die das ebenfalls als bescheuerter empfand, als es vorher gewesen war.
»Ja, wat wollt ihr denn sonst?«, sagte Theresa. »Im schlimmsten Fall können wir zwar einkaufen gehen, müssen aber viel mehr zahlen. Dann haben wir kein Geld mehr für Schokolade und Kekse.«
»Die waren doch vorher immer umsonst!«
»Ja, jetzt aber nicht mehr!«
»Das ist doof!«
»Ach was?«, sagte Theresa und alle schauten sie verärgert an.
»Was ist denn mit uns?«, fragten ein paar Mitglieder der Familie, die sich vorher um die Finanzen der Hausgemeinschaft gekümmert hatten. »Wenn wir nicht mehr in der Hausgemeinschaft sind, haben wir ja gar keinen Job mehr.«
»Tja«, sagte Theresa.
»Das ist doof!«
»Ach was?«, sagte Theresa und alle schauten sie verärgert an.
Und das eine Familienmitgleid, das wusste, wie man Pflaster klebt, fragte: »Sagt mal, soll ich mich hier eigentlich alleine um die Gesundheit der Familie kümmern?«
»Zunächst. Vielleicht«, sagte Theresa. »Zumindest, bis wir mit dem Rest der Hausgemeinschaft etwas verabreden könnten.«
Familie Irish fragte mittlerweile auch noch mal nach: »Wat is denn jetzt mit dem Zimmer?«
»Also, wenn wir uns nicht einigen können, dann müssen wir da wieder richtige Wände einziehen.«
»Das ist aber eigentlich immer noch unser Zimmer!«, sagte Familie Irish und nannte die Brits bekloppt.

Theresa ging wieder zur Gemeinschaft und sagte: »Also, wenn ich mal einen ganz anderen Vorschlag machen dürfte.«
»Ja, wir sind ganz Ohr.«
»Wie wäre es, wenn wir alles so machen wie bisher, nur dass wir quasi einfach unseren Mund halten und die Füße still halten.«
»Damit könnten wir leben.«
Und die Familie Brits sagte: »Ey, nee! Wir sehen ja aus wie Trottel!«
Und der Rest der Straße sagte: »Ach was?«
Daraufhin erklärte die Hausgemeinschaft es noch einmal ganz genau: »Leute, erst wollt ihr nicht mitmachen. Dann doch. Dann wollt ihr nicht bei den offenen Türen mitmachen. Dann wollt ihr nicht bei der Währung mitmachen. Dann waren da noch ein paar andere Kleinigkeiten, bei denen ihr euch geweigert habt, dabeizusein. Ihr wollt nicht helfen, ein paar Leute aus dem brennenden Haus gegenüber aufzunehmen. Ihr seid die ganze Zeit nur am Rumnölen und wollt unter euch sein. Könnt ihr haben. Wir lassen euch in Ruhe, wenn ihr das wollt. Aber wenn ihr Kuchen, Kekse und billige Einkäufe haben wollt, dann müsst ihr dafür auch was tun.«

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann streitet Familie Brits sich bis heute darüber, was denn nun eigentlich gemacht werden soll …

Das Schiff der Verdammten – Gedanken zum Holocaust und der Flüchtlingskrise 2018

Achtung: Akute Tiraden-Gefahr!

Denen, die hier öfter mitlesen, dürfte wohl klar sein, wie ich in der Frage der Flüchtlingskrise stehe. Um es noch mal ganz deutlich zu sagen: Ich habe grundsätzlich ein Problem damit, Leute irgendwo verrecken zu lassen. Ganz besonders im Meer, immerhin war ich – ganz wie Martin in meinem Buch »Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens« – früher mal Rettungsschwimmer und -taucher. Meine Idee dahinter war ja auch nicht zu Ertrinkenden zu schwimmen und dann zu sagen: »Tja, hättest du mal Schwimmen gelernt, was?«
Mir stößt es auch sauer auf, wenn damit argumentiert wird, dass die ja in den Ländern bleiben könnten, von denen sie aus flüchten oder ins Meer starten. Das ist in etwa so, als würde ich jemanden in einem brennenden Haus sagen: »Ja, weißte, geh doch ins Erdgeschoß, da brennt es noch nicht.«
Noch mehr ärgern tut mich aber, dass man – mal wieder – nichts aus der Geschichte lernt. Denn – Überraschung! – wir hatten das alles schon mal!

Setzt euch hin, nehmt euch einen Keks und hört Onkel Sebastian mal zu, wie er euch von St. Louis erzählt. Nein, nicht der Stadt … dem Schiff!

Im Mai 1939 war es in Deutschland irgendwie nicht mehr wirklich gemütlich. Hitler war schon sechs Jahre an der Macht und hatte praktisch von Anfang an die Juden verfolgen lassen. Nun durften sie nicht mehr so leben wie zuvor, Konzentrationslager gab es auch schon eine Weile und alles war daraufhin ausgerichtet, es ihnen so schwer wie möglich zu machen. Trotzdem blieben viele, denn Deutschland war ihre Heimat. Selbst als sie 1935 ihrer Bürgerrechte beraubt wurden, blieben viele. Manche vielleicht auch, weil sie es sich schlichtweg nicht leisten konnten, auszuwandern. Aber nach der Reichskristallnacht 1938 dachten dann doch etliche: »Also wenn wir hier um unser Leben fürchten müssen, gehen wir doch lieber ins Ausland.«
1933 wanderten um die 38.000 Juden aus. 1934-1937 waren es jährlich so ca. 20.000-25.000. 1938 sprang die Zahl auf 40.000.
1938 hatten dann auch ein paar Länder eine Konferenz in Évian, wo sie lang und breit diskutierten, wie man denn mit den jüdischen Flüchtlingen umgehen sollte. Das war nämlich mittlerweile zum Problem geworden. Die bösen, bösen jüdischen Flüchtlinge wollten nämlich bestimmt nur den Leuten die Arbeitsplätze wegnehmen. Oder – was weiß ich – die westliche Welt verjüdisieren. Terroranschläge wollten sie bestimmt auch machen. Und die teilnehmenden Länder, darunter die USA, Kanada, Mexiko, Frankreich, Großbritannien und Australien, sagten alle: »Nee, die wollen wir nicht. Wir haben ja eigene Probleme und so. Und überhaupt: Iiiiih, Juden.«
Einige Länder, vor allem in Osteuropa, gingen sogar so weit zu sagen: »Wisst ihr was: Wir hätten da auch noch Juden, die wir gerne loswerden würden.«
Die meisten Länder reagierten nach der Art: »Na ja, aufnehmen können wir die nicht. Durchreise … ja, vielleicht … aber ansonsten …«. Ein paar Länder jedoch sagten tatsächlich: »Aber wir würden einen ganzen Haufen nehmen.« So z.B. die Dominikanische Republik, dessen »Präsident« – eigentlich Diktator – im vorherigen Jahr 27.000 schwarze Haitianer ermorden ließ, damit das Land etwas weißer werden würde. Da hätten die Juden bestimmt viel Spaß mit dem gehabt, aber die konnten sich ja nicht wirklich äußern, denn man hatte vorsorglich keine zur Konferenz eingeladen. Warum auch … hätte man ja hören müssen, was die zu sagen haben.
Im Endeffekt einigte man sich darauf, dass man ein Komitee gründen sollte, dass sich darüber dann mal Gedanken macht.

Soweit zum damaligen Stand der Dinge.

1939 lässt Deutschland noch Juden ausreisen. Ein paar Juden hatten sich Touristenvisa für Kuba und manche sogar Einwanderungspapiere für die USA beschaffen können. Am 13. Mai 1939 stiegen sie alle auf das Kreuzfahrtschiff »St. Louis« der Hapag. An den Hamburger Landungsbrücken verabschieden sich Familien, wohl wissend, dass sie sich wohl nicht mehr sehen werden. Eine Kapelle spielt »Muss I denn zum Städtele hinaus«, weil das überhaupt keinen höhnischen Eindruck macht.
Der Staat hatte vorher den Ausreisenden praktisch alles genommen. Jeder Passagier durfte nur 10 Reichsmark und Waren im Wert von 1000 Reichsmark mitnehmen. Im Grunde wollte der Staat sicherstellen, dass die Flüchtlinge dem Land, in das sie zu migrieren versuchten, auch wirklich zur Last fallen würden.
War die Stimmung anfangs auf dem Boot noch hoffnungsvoll, wurde den Leuten doch nach einer Weile klar, dass sie mit einem Touristenvisum unter Umständen nicht lange hinkommen. Außerdem gab es Gerüchte an Bord, dass es in Kuba einen Regierungswechsel gegeben und die neue Regierung die Einreisebedingungen verschärft hätte. Einer der Passagiere starb an einem Herzinfarkt und vorsorglich nahm man eine Seebestattung vor, um die Einreise nicht zu gefährden. Ein anderer Passagier, offenbar schon völlig runter mit den Nerven, sprang gleich hinterher und konnte nicht mehr gerettet werden.
Am 27. Mai konnte die St. Louis dann in Havanna anlegen. Alle freuten sich schon, aber dann kamen Soldaten und drängen sie wieder zurück aufs Schiff. Die Regierung behauptete, dass die Einreisebewilligungen illegal waren. Bis heute weiß man nicht so richtig, was los war. War vielleicht wie heute in Deutschland, wo man erst sagte: »Yay, toll, dass ihr überlebt hat, Flüchtlinge!« Und danach »Boah, geht doch wo ihr wohnt.«
Die Stimmung an Bord war danach nicht gerade bombig zu nennen. Der Kapitän, der sich um Lösungen bemühte, wurde nun angefeindet. Ein Passagier schnitt sich die Pulsadern auf und sprang über Bord, weil er dachte: »Doppelt hält besser.« Man konnte ihn jedoch retten. Daraufhin ordnete der Kapitän allerdings »Selbstmordverhütungsrundgänge« an. Der Typ, der sich die Pulsadern aufgeschnitten hatte, wurde dann aus Mitleid an Land gelassen. Da dachten sich die anderen Passagiere bestimmt auch:« Hmmm, Pulsadern!« Auf jeden Fall war der Typ, der an Land gelassen wurde, damit noch einer der Glücklichen.
Kuba verscheuchte das Schiff. »Husche, husche!«
Selbst der Kapitän wusste nicht wirklich, was er machen sollte. Also fuhr er erst mal Richtung Florida. Die USA sagten aber: »Leute, wir haben eine Quote, die haben wir erfüllt. Tschüssikowski.«
Das wollte der Kapitän aber nicht so auf sich sitzen lassen. Er versuchte, illegal zu landen, allerdings wurde das bemerkt. Danach wurden sie noch von Flugzeugen bedroht.
Dem US-Präsident Roosevelt kamen Zweifel: »Ach, lassen wir die doch rein«, aber sein Außenminister Cordell Hull entgegnete »Nee, nachher kommen noch mehr oder so. Dann wird hier alles verjüdischt.«
Daraufhin sagte Roosevelt: »Ey, steht nicht auf der Freiheitsstatue sowas wie ›Gebt mir eure Müden, eure Armen/Eure geknechteten Massen, die sich danach sehnen, frei zu atmen‹? Heißt das nicht, dass wir uns um die kümmern sollten?«
»Äh, ach was, sind doch nur Schmarotzer«, sagte Hull und freute sich schon mal auf den Friedensnobelpreis, den er später bekommen sollte.
Die St. Louis schipperte dann noch ein wenig hin und her, aber war kurz davor keinen Sprit mehr zu haben, bis dann Großbritannien, Belgien, die Niederlande und Frankreich sagten: »Ja, Mann, dann kommt halt her.«
Also kamen die Juden zurück nach Europa, weil da die Lage so absolut super war.

Kein halbes Jahr später überfiel Deutschland die anderen Länder. Die Juden wurden zusammengetrieben, in Konzentrationslager geschafft und dort umgebracht. Von den 937 Juden an Bord der St. Louis starben 254 während des Holocaust. Nur die in Großbritannien gebliebenen Flüchtlinge waren sicher. Ach ja, und dann waren da noch die sechs Millionen anderen Juden, die nicht flüchten konnten …

Es gab noch andere Schiffe, wie die St. Louis. Diese hatten ein ähnliches Schicksal. Und heute wird es wieder ganz genau so gemacht, wie damals schon. Nur das die heutigen Flüchtlinge noch nicht mal ein ordentliches Schiff haben, auf dem sie unterkommen können. Und wieder wird die Unmenschlichkeit und das Unvermögen der westlichen Länder auf Kosten der Migranten zur Schau gestellt. Diesmal wird nur von deutscher Seite vorgeschlagen, ob man nicht Konzentrationslager aufbauen könnte. In den einzelnen Ländern. Das Know-How könnten wir den Ländern ja vielleicht noch verkaufen. Muss sich doch auch lohnen …

Es streitet niemand ab, dass in den Ländern, aus denen die Flüchtlinge kommen, eine Lösung erfolgen muss. Um noch einmal die Analogie des brennenden Hauses zu benutzen: Natürlich muss die Feuerwehr das brennende Haus löschen. Solange muss ich mich aber um die flüchtenden Einwohner kümmern, die ganz offensichtlich nicht zurück in ihre Wohnungen können. Sie einzusperren, nicht heraus zu lassen und ihnen jede Hilfe zu verweigern ist schlichtweg Mord.

Christopher Street Day

Am 28.06.1969 kam es zu einem gewaltsamen Konflikt zwischen Homosexuellen, Transsexuellen und Polizisten in New York. Es war eines der wichtigsten Ereignisse in der Lesben- und Schwulenbewegung und wird in der Regel jedes Jahr an einem Wochenende um dieses Datum herum gefeiert. Je nachdem wo man auf der Welt wohnt, wird an dieses Ereignis mit dem Namen der Straße, in welcher der Aufstand stattfand, gedacht, oder mit dem Namen der Kneipe, wo der Konflikt begann: Im englischsprachigen Raum ist es Stonewall oder Stonewall Day, im deutschen Sprachraum der Christopher Street Day.

Um zu erklären, was da eigentlich los war, hole ich mal ein wenig aus:
Während man in der Antike – keine Bange: Ich fasse mich kurz – der Sache mit der Homosexualität recht aufgeschlossen gegenüberstand, kam irgendwann die Kirche und sagte: »Iiiiiih, könnt ihr doch nicht machen.«
»Warum nicht?«, fragten die Homosexuellen. »Jesus hat dazu nie was gesagt und das, was im alten Testament steht, gilt ja eigentlich nicht mehr, insofern …«
»Könnt ihr nicht machen, basta!«
»Manno.«
Solange der christliche Glaube stark war, hielt man sich mit der ganzen Homosexualität also eher bedeckt. Aber wie das nun mal so ist: Man sucht sich das ja nicht aus. Schwule und Lesben gab und gibt es immer wieder. Und wie es so schön heißt: »Gleich und gleich gesellt sich gern«, insofern gab es natürlich auch immer Treffpunkte, an denen Homosexuelle zusammentrafen.

1969 war ein Jahr, welches das Ende eines Jahrzehnts markierte, in dem einschneidende Dinge in Amerika passierten. Kalter Krieg; Kubakrise; ein erschossener Präsident; Musik, die von etwas mehr handelte als »Schubidubidu«, was sicher auch an der besseren Verbreitung von Drogen lag … aber eben auch die Bürgerrechtsbewegung der Schwarzen und der Vietnamkrieg und die damit verbundenen Demonstrationen im Land. Die beide letzten Punkte hatten letztendlich zu einer starken Protestkultur in den USA geführt. Man stand der Polizei und ihren teilweise fragwürdigen Methoden nicht mehr hilflos gegenüber. Alle waren sich viel mehr ihrer Rechte bewusst. Und das ging auch an der Homosexuellenszene nicht vorbei. Es gab einige Politiker, die sich öffentlich dazu bekannten schwul zu sein und die ersten Bewegungen für Homosexuellenrechte waren entstanden. Aber noch gärte es unter der Oberfläche.

In den USA war es gang und gäbe, Razzien in Kneipen oder Etablissements durchzuführen, die als Schwulentreffs bekannt waren. Die Polizei nahm die Personalien der angetroffenen Personen auf, um sie dann zu veröffentlichen. Das war für die Homosexuellen wenig prickelnd, denn auch Chefs oder Mitarbeiter waren durchaus Kleingeister, die dachten, dass die sexuellen Vorlieben ihrer Kollegen sie irgendwas angingen. Man rennt ja ansonsten auch nicht herum, und erzählt seinen Kollegen: »Rat mal, was ich am Wochenende mit meiner Frau, drei Bananen, zwölf Kondomen und acht Liter Pflaumenmus gemacht habe?« Wissen will man es auch nicht. Na ja, vielleicht ein wenig, aber es geht einen halt nichts an. Als Homosexueller, der oder die sich das nicht aussuchen konnte, wurde man so schnell mal schief angesehen, geschnitten oder gar arbeitslos.
Irgendwann ging man in Amerika sogar so weit, dass man »Lockvögel« benutzte, um anderen Leuten Anstößigkeit oder unsittliches Benehmen anhängen zu können. Irgendwann schien man aber darauf zu kommen, dass das, was zwischen zwei den Dingen zustimmenden Erwachsenen zugeht, eigentlich nicht beachtenswert ist. Dann wollte man offenbar einfach den Leuten nur noch die Abende versauen: »Wat is’n, wenn wir den Ausschank von Alkohol an Homosexuelle verbieten?«
Wie oben bereits erwähnt: In den 60er Jahren gab es die ersten Schwulenrechtsbewegungen, und die brachten die Menschenrechtskommission dazu einzugreifen und zu sagen: »Dat lasst mal schön bleiben.«
In der Folge schossen Bars für Homosexuelle aus dem Boden. So auch das Stonewall Inn.

Das Stonewall Inn war eine Bar nicht nur für Schwule und Lesben. Auch Individuen, die sonst nicht gerne gesehen wurden, waren dort zu Gast. Mit anderen Worten: Schwarze und Latinos.
Dummerweise war die Kneipe in der Hand von Mafiosi, eine Schankerlaubnis hatte sie auch nicht und die Polizei fand, dass man da mal was machen müsste. Außerdem gab es in der Zeit Diebstähle bei Börsenhändlern der Wall Street, die man mit Homosexuellenkreisen in Verbindung brachte oder zumindest mit den Mafiosi, die den Laden betrieben. Und schwarze Schwule oder Lesben gingen in den Augen der Polizei schon gar nicht.

Am Tag vor der Razzia im Stonewall Inn fand die Beerdigung der Schwulenikone Judy Garland statt. Die Schauspielerin, welche die meisten wohl aus dem Film »Der Zauberer von Oz« kennen, hatte mal gesagt, dass ihr egal war, dass sie für viele Schwule eine Ikone war, weil sie einfach für alle Menschen singen wollte. Mit anderen Worten: Bei Schwulen und Lesben hatte die echt ein Stein im Brett und alle liebten sie. Insofern war man in diesen Kreisen schon etwas aufgewühlt, bevor es überhaupt zu Handgreiflichkeiten kam.
Nachts um halb Zwei kam die Polizei in die Kneipe und begann Leute festzunehmen. Dabei ging sie wenig zimperlich vor, denn – klar – man hatte bei den Protesten der Schwarzen und Vietnamgegner gelernt, wie man mit seinem Schlagstock umzugehen hatte. »Erst kloppen, dann fragen. Am besten kloppen, bis man nicht mehr fragen kann.« So oder ähnlich war das. Die Polizei war auch nicht gerade für ihre Subtilität bekannt. Oder für den Mangel an Leuten, die Freude dabei empfanden, wenn man Leute belästigen konnte. Insofern war es für die Homosexuellen wohl durchaus erniedrigend, als bei etlichen zunächst mal festgestellt werden musste, ob sie Männlein oder Weiblein waren. Männer in Frauenkleidern, die auf der Toilette als solche identifiziert wurden, führte man ab. Ein paar Lesben wurden von der Polizei besonders eingehend untersucht. Das war dann diese »Du brauchst nur mal einen richtigen Mann«-Nummer.
Die Leute, die man gehen ließ, sammelten sich entgegen der sonstigen Vorgehensweise, welche man am besten mit: »Ich mach mal, dass ich weg komme« umschreiben konnte, draußen vor der Tür und beobachteten das Geschehen. Die Menge wurde immer größer, da auch aus umliegenden Kneipen weitere Zuschauer kamen.

Und so langsam wurde der Polizei mulmig.

Als einer der Polizisten einen Transvestiten schubste, der ihm daraufhin seine Handtasche über den Kopf zog, begann die Menge unruhig zu werden. Gerüchte darüber, dass im Inneren der Kneipe Leute verdroschen wurden, machten in der Menge draußen die Runde. Kleingeld und Bierflaschen wurden gegen die Autos der Polizei geworfen. Die Menge begann zu buhen.
Dann wurde eine Lesbe herausgeführt, die sich beschwerte, dass ihre Handschellen zu eng waren. Sie wehrte sich gegen die Grobheit der Polizisten und wurde von einem Schlagstock am Kopf getroffen. Und das war dann praktisch das I-Tüpfelchen bzw. die Beule am Kopf, die den Mob zum Ausrasten brachte.
Während einige Polizisten den Herannahenden ordentlich eins auf die Rübe gaben, was die Zuschauer noch ärgerlicher machte, reagierten andere Polizisten mit »Ohshitohshitohshit«. Sie setzten sich ins Auto und hauten ab. Andere verschanzten sich in der Kneipe.
Irgendwann erschien dann eine Sondereinheit der Polizei, um die Beamten in der Kneipe zu befreien, und formierte eine Phalanx, um den Mob zurückzutreiben. Der reagierte darauf, in dem er eine Kick Line à là »A Chorus Line« formierte und dabei zotige Lieder sang. Aber vermutlich hatten die Polizisten irgendwann genug von der Demonstration solcher Schwulheit und schlugen drauflos – weil sie von ein paar Drag Queens verarscht wurden.
Ein paar Stunden später war im Stonewall Inn praktisch alles kaputt, dreizehn Leute waren verhaftet, einige im Krankenhaus und die Gemeinde der Schwulen und Lesben vereint wie noch nie. Am nächsten Abend machte das Stonewall Inn wieder auf und über 1000 Leute versammelten sich auf der Straße, laut »Gay Power!« rufend. Wieder erschien die Polizei und wieder passierte das, was am Tag zuvor passierte: Kick Lines wurden aufgestellt und die Polizei schlug sie nieder.
Aber der nun öffentlich zur Schau gestellte Stolz der Schwulen und Lesben griff auf immer mehr Leute über. Landesweit. Gruppen für Homosexuelle wurden gegründet, die sich nicht mehr hinter obskuren Namen verbargen, um den eigentlichen Zweck zu verschleiern. Erstmals benutzten Gruppen öffentlich das Wort »gay« in ihren Namen. Einige der Organisationen übernahmen die Taktiken der Schwarzenbewegung oder der Anti-Kriegsdemonstraten. Schwul oder lesbisch zu sein, wurde nicht mehr versteckt.

Sicher, die Razzien auf Schwulenbars hörten deswegen nicht auf. Zumindest zunächst nicht, aber das Zeichen war gesetzt. Und es ist kaum abzustreiten, dass sich seitdem eine Menge getan hat, auch wenn es immer noch Idioten gibt, die meinen sich in die Belange von Anderen einmischen und darüber urteilen zu müssen, was wer in seinem privaten Umfeld macht.

Ein Jahr nach dem Vorfall in der Christopher Street gab es die ersten »Gay Pride«- Märsche in mehreren Städten der USA. Zwei Jahre darauf fanden diese auch in mehreren internationalen Städten statt, darunter West-Berlin. Mittlerweile sind die Märsche für viele nicht mehr aus den Städten wegzudenken. Dieses Jahr finden in 241 Städten weltweit »Gay Pride«-Märsche statt.

In vielen deutschen Städten wird der Christopher Street Day dieses Jahr übrigens am 28.07. gefeiert, also genau einen Monat nach dem eigentlichen Tag. Geht da ruhig mal hin. Wenn man etwas über die CSD-Demonstrationen behaupten kann, dann ist es, dass sie wesentlich spaßiger, als alle anderen Demonstrationen sind.

 

Der Text stammt ursprünglich aus dem Jahr 2018, deswegen können manche Daten nicht mehr stimmen.